Die Coens verstehen es zweifelsohne hervorragend, trockenen Humor, facettenreiche Figuren und packende Spannungsmomente zu vereinigen, was sie nicht zuletzt mit ihren beiden Meisterwerken ''Fargo'' und ''No Country For Old Men'' untermauerten. Angesichts dieser hohen Messlatte, die sie schließlich in dem selbst wiederbelebten Genre des Western gelegt haben, ist es klar, dass ihr neuer Film ''True Grit'' da nicht ganz mithalten kann. Nach diesen perfekten Dialogen und der hochspannenden Handlung konnte einfach kein noch besserer Western folgen. Dennoch, ungeachtet der Tatsache, dass ''True Grit'' nicht an die Klasse der beiden Oscargewinner aus dem Jahre 1996 und 2008 heranreicht, ist der neueste coensche Streifen ein unterhaltsamer Western. Dazu tragen insbesondere die hervorragenden Darstellungen seitens Hailee Steinfeld und Jeff Bridges bei. Die junge 14-jährige spielt ihren mutigen, tapferen und durchsetzungsfähigen Charakter mit großem Einsatz und der Dude übernimmt eindrucksvoll den väterlich anmutenden Part, wobei Bridges perfekt den ausgewaschenen, dreckig slanghaften Ton des halten Haudegens Rooster Cogburn mimt. Er brilliert nach seiner oscargekrönten Rolle erneut und stellt sein enorme Wandlungsfähigkeit unter Beweis.
Allerdings steht Matt Damon hinter den Leistungen seine beiden Kollegen zurück. Er spiel zwar nicht unbedingt schlecht, doch so richtig glaubwürdig finde ich ihn einfach nicht. Ich weiß zwar nicht, woran es liegt, aber – obwohl ich ihn als Psychopathen Tom Ripley, als orientierungslosen Genie und als cleverem Auftragskiller überzeugend fand – hier passt er einfach nicht in die Rolle. Genauso wenig wie im Übrigen Josh Brolin, der nur eine Randpunktion als holzschnittartige Figur einnimmt. Ganz ohne Mängel hingegen ist die Inszenierung, die mit einem sitmmungsvollen Soundtrack sowie einer grandiosen Kameraarbeit von Roger Deakings gefällt. Der Bildregisseur, der inzwischen neun Mal für den Oscar nominiert wurde, ohne ihn zu erhalten, dürfte mit dieser Meisterleistung, bei der er jede Einstellung in ein Gemälde verwandelt, entgültig seine Goldstatue bekommen. Seine grandiosen Bilder tauchen jede Szene in ein besondere Stimmungen. Mir im Gedächtnis haften geblieben war zum Beispiel die elegant mit Überblenden geschnittene, von ruhiger Musik untermalte Sequenz, in der LaBeouf, Cogburn und Mattie durch die Steppe reiten.
Doch ''True Grit'' hat neben einer nur teilweise passenden Darstellerriege auch das Problem, die Grenzen zwischen Humor und Spannung zu sehr zu verwischen, sodass sie ihre Späße und Albernheiten manchmal überziehen, wodurch der Film unpassenderweise ins Komödiantische gezogen wird. Darüberhinaus hätten die Coens die Bindung zum Hauptcharakter intensiver machen sollen, indem sie zum Beispiel Matties Beziehung zu ihrem Vater beschrieben hätten. Ich jedenfalls habe ich zeitweise gefragt, warum sie diesen Chaney überhaupt jagen. Klar, Rache ist das Motiv, aber der Zuschauer kann nicht das innere Gefühl der Tochter nach Vergeltung spüren. Dazu hätte ihr Charakter stärker erläutert werden müssen. Und schließlich stellt sich die Rahmenhandlung als vollkommen sinnlos und unglücklich für den Geschichtsverlauf heraus, weil sie einen gewissen Abstand zum Geschehen schafft und damit die emotionale Bindung zu den Figuren verringert. Und das nur, um einen abschließenden Moment des Nachdenkens zu erzeugen. Eine Szene, die mich ein Wenig an ''Road To Perdition'' erinnerte, wo Mike Sullivans Sohn über das Gute und das Böse in seinem Vater nachdenkt. Nur, dass den Coens kein solch intensiver Moment glücken will.
FAZIT: ''True Grit'' ist ein oft amüsanter, aber auch stellenweise spannender Thriller, der zwar einige Holprigkeiten in der Story offenbart, jedoch allein wegen seiner stilistischen Perfektion unbedingt sehenswert ist.