"The Magnificent Seven on Crack." Was haben sie nicht alle vorgeschwärmt, die Mitglieder dieser unkoventionellen Antiheldentruppe, so wie hier Harley Quinn - Darstellerin Margot Robbie. Alles so wunderbar durchgeknallt bunt im Trailer, alle so wunderbar durchgedreht bei der Arbeit wie Jared Leto, der für seinen Paar-Minuten-Joker durch umfassendes Method-Acting unbedingt beweisen wollte, dass nicht nur seine Figur einen Riss im Plätzchen hat. Regisseur Ayer jedoch brachte derweil Bedenken zum Ausdruck, als der von ihm bereits als "großer, cooler Bruder" titulierte "Batman vs. Superman" hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Warum eigentlich, wo der "Suicide Squad" – Film doch angeblich so erfrischend anders sein sollte? Tatsächlich scheitert "Suicide Squad" an den beiden Punkten, die DC auch sonst schonmal das Genick brachen. Koheränz und Effektlastigkeit.
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Superman ist von den Himmeln dieser Welt verschwunden und es geht nun an, superheldenhaften Ersatz zu finden. Die frühen Szenen und Vorstellungen der Mitglieder des späteren Squad geben bereits Einblick, dass DC auch hier auf den von Marvel favoriserten Multiversums- Zug aufspringt. Ein Scheitern des Gesamtpakets wird nicht akzeptiert, die Kontinuität wird notfalls auch mit Reibung durchgerungen. Ben Affleck schaut kurz rein, ebenso wie ein brandneuer Flash und eine anschließend hineingeschusterte After – Credit Scene untermauern das Einmischen in Ayers eigentlich doch persönliches und neuausgerichtetes Projekt, dass als Enfant terrible endlich mal Pfeffer in den Laden bringen soll.
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Und was soll man sich zunächst beschweren, das Unternehmen beginnt frech und flott. Launig serviert Ayer die ersten Auftritte des Squad in unterhaltsamen Kurzauftritten und Classic Rocksongs von "Black Sabbath" bis "Queen". Das ist beliebig und für die Zuträglichkeit von Coolness fast schon ein Klischee, trotzdem funktioniert die Collage gerade deswegen. Die Scheißegalhaltung und Rotzigkeit, die man erwartet hat, passt in den Anfangsminuten, und es ist das, was den Film neben Kalkül und Effektgewitter in Teilszenen immer wieder am Leben hält.
Letztlich wäre aber auch hier ein Funken mehr herauszuholen gewesen. Klar ist der von Jai Courtney gespielte Boomerang mit seinen skurrilen Einlagen und dem deftigen Akzent ein interessanter Charakter, aber er trägt nicht viel zum Geschehen bei. Das Krokodil "Killer Croc" läuft Figuren wie Hulk und Groot mit ein paar Wortfetzen und schuppiger Haut auch ganz sicher nicht den Rang ab und Will Smith steht wieder einmal sein Will Smith-Sein (Familienvater, korrekter Typ, Gagen – Ego) im Weg.
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Gerade dessen Wirken beschreibt die Abfolgen von Ungenauigkeiten und Ungereimtheiten, die "Suicide Squad" letztlich zum Verhängnis werden, recht gut. Während bei Letzterem wieder die Familie überpräsent scheint, obwohl keiner seiner Sippe physisch anwesend ist, mischen auch weitere Parteien mit, die "Suicide Squad" zum Musterexemplar in Sachen "viele Köche verderben den Brei" verkommen lassen.
Als da Ayer selbst wäre, der nicht aus seiner Haut als ehemaliger Soldat kann, was ihm in "Sabotage" und "Fury" noch sehr entgegenkam. Das verrückte Team wird hier von einer ausgebildeten Spezialtruppe begleitet, deren Funktion zu Beginn noch immens wichtig wirkte. Dass diese logischerweise Futter für den Gegner sind, spricht für sich selbst, umso unverständlicher dann noch das ein sonnengebräunter und auf ja-sagen reduzierter Scott Eastwood die Truppe anführen muss, um noch ein bekanntes Gesicht aus dem Köcher zu ziehen. Weniger wäre auch hier mehr gewesen. Die Plotlinie, sich Judge Dredd-mäßig durch eine Kleinstadt zu schießen, lässt nicht den Eindruck erkennen, dass sich jemand tatsächlich mit einem überordentlichen Gelingen des Films beschäftigt hat. Shootout at its... most uninspired. In den Kampfeinlagen vertraut man hier weniger den charmanten Eigenarten als den überpropotionalisierten Kugelhageln.
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Alles eine Nummer zu groß, alles eine Nummer zu monumental als man erahnen konnte und es erscheint, dass die Strategen von DC ob kurz oder lang nicht aus ihrer Haut können. Nicht zuletzt deswegen scheitern Motivation, Potential und sogar Präsenz des Bösewichts, eine in magische Seide (???? oder so ähnlich) gehüllte Enchantress, hier mehr durch die äußerst mittelmäßigen CGI – Effekte repräsentiert als durch schauspielerische Regungen von Cara Delevigne. Nicht ganz von der Hand zu weisen, dass ein Model in den Mittzwanzigern bei der Darstellung einer Wissenschaftlerin mit Glaubwürdigkeitsproblemen zu kämpfen hat, Dialog und Können geben allerdings weniger her, als anzunehmen gewesen wäre. Zusammenhalt, Opferbereitschaft und tiefergehende emotionale Regungen können auch bei sympathischen Antihelden einfach nicht rübergebracht werden, wenn das Böse so überaus gleichgültig und austauschbar rüberkommt. Selbst wenn es mal wieder die Welt vernichten will. Wobei das wahrscheinlich auch wieder so ein Faktor ist, denn unter Weltvernichtung geht im Blockbuster/Comicbereich des 21. Jahrhunderts eher wenig, Querverweis hier auf den ebenso wunderbar egalen "X-Men: Apocalypse" aus diesem Jahr.
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Wenn was geht, dann bei den Routiniers. Will Smith kann mit seinen Onelinern punkten, als hätte er das Talent dafür nie verloren. Es ist hier vielmehr der Will Smith, der sich von seinem Charakter Deadshot und dessen bescheuertem Sideplot freispielt, der hier liefert.
Erstaunlich ist auch Margot Robbie, die ja irgendwie immer noch als Newcomerin gilt und ihren Charakter Harley Quinn als so ziemlich einzige sowohl comicgetreu als auch leinwandüberzeugend rüberbringt. Sie spielt die durchgeknallte Ex-Psychologin spielerisch zwischen nervenaufreibendem Irrsinn (auch wenn der ein oder andere Oneliner mal nicht sitzt, es unterstreicht lediglich die Unberechenbarkeit des Charakters) und subtiler Verletztlichkeit. Das ist wohl auch dem Autorenteam nicht entgangen, ihrem Charakter wird ein Hauch Tiefe zugestanden und sogar einem von DCs beliebtesten Figuren, dem Joker (Jared Leto), als Nebenfigur gereicht. Leto's Performance ist weit weniger ausschlaggebend als zuvor erhofft/befürchtet, spielt dieser hier jedoch lediglich die zugegeben sehr interessante Projektionsfläche von Robbie's Harley Quinn. Charakterlich lässt sich Leto's Darstellung des Jokers (noch) nicht viel abgewinnen und auf ihn als Einzelperson beschränkt, ist seine Rolle im Film schleierhaft. Aber umso mehr Spielzeit "Suicide Squad" bekommt, desto mehr hätte man sich einen Quinn/Joker – Film gewünscht, der das überdreht-absurd-romantische Gebilde komplett und fokussiert nutzt.
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Der Rest der Figuren ist die meiste Zeit über einfach nur da. Sicherlich hat jeder seine eigene, kleine Geschichte zu erzählen, aber es sind zumeist die unausgesprochenen Dialoge der Figuren, die das Interesse daran behalten, etwas bei der Schwertkämpferin Katana. Der Feuerteufel El Diablo hat eine zigmal gehörte Verlustgeschichte zu beklagen, die trotz der theoretischen Dramtik des Ganzen nicht greifbar erscheint. Boomerang hat ein Einhorn und Killer Croc redet, wie gesagt, wenig. Ich kann diese Kritik auch nicht eloquenter gestalten, wenn's über nicht mehr zu berichten gibt. Ach und da wäre dann noch Rick Flag, ein cooler, alter Haudegen von Mann, dessen Hauptintention erscheint, sich überaus häufig den Arsch retten zu lassen, um wenigstens ein bisschen wie Chemie beim Team aufkommen zu lassen. Damit man dann im hanebüchenden Finale auch solche völlig rätselhaften Attribute wie "Familie" und "Freunde" zu hören bekommt. Sehr seltsam, auch wenn Schauspieler Joel Kinnaman sich bemüht und den ein oder anderen Mitleidspunkt für sich verbuchen kann.
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Fazit: Dem fast schon paranoiden Zwang unterworfen, jetzt endlich mal zu liefern und dabei möglichst viele Punkte auf der Figuren und Motivationsebene in einen Film zu verwursten, wird nach mehreren DC-Filmen als Hauptproblemfeld für das Studio jetzt überdeutlich. Noch scheint das Problem führbar, denn noch finden sich für die Filme Befürworter sowie akzeptable finanzielle Vergütung, aber drastisch reagiert werden, muss auch nach "Suicide Squad".
Der in Einzelszenen funktioniert und mit Will Smith, Margot Robbie und einem Jared Leto in Klammern, überzeugende Leute an der Hand hat. Aber jetzt wird einfach mal einer mit "Arsch in der Hose" benötigt, der sein Ding durchzieht, durchziehen darf und dem mit "künstlerischen Differenzen" bitte nicht auf den Sack gegangen werden soll. Denn einen Filmemacher mit der dafür nötigen Courage hat man nach Snyder auch mit Ayer nicht gefunden. Und der war immerhin Soldat.
Wertung 4,5/10