Wäre gern mehr, als es ist...
Optisch ist Cloud Atlas definitiv ein opulentes Mahl aus beeindruckenden Kostümen, einem reichhaltigen und überaus originellen Maskenbild, einem durchweg aufwändigen Szenenbild und wachowskigen sprich: spektakulären Special Effects. Insofern hat sich der Kinoeintritt allein durch das Bilder-Feuerwerk schon gelohnt.
Doch die Story? Ja die Story ist leider der große Schwachpunkt an Cloud Atlas. Als Zuschauer bekommt man ein Sextett aus scheinbar völlig unzusammenhängenden Einzelerzählungen serviert. Allerdings dreht sich diese Formel nach der ersten Viertelstunde radikal um und behält ihre Gültigkeit bis zum Filmende bei: Denn auf verschiedenen Ebenen wird mit mannshohen Zaunpfählen angedeutet, dass die zunächst unzusammenhängenden Einzelerzählungen eben doch zusammenhängen, was sich jedoch bis zum Abspann leider nur nicht bestätigen lässt - es sei denn, man begibt sich auf ebenso abenteuerliche wie abwegige Interpretationspfade. Im Ergebnis wartet, wer sich mit Bildspektakel allein nicht begnügt, vergeblich auf den klärenden Aha-Moment. Dieser wird umso sehnlicher erwartet, als sich das verworrene Story-Knäuel immer dicker zusammenspinnt.
Es bleibt das Geheimnis von Tom Tykwer und seinen Wachowski-Partnern, was eine komödiantische Episode um skurrile alte Menschen, die aus einer geschlossenen Anstalt fliehen, mit düsteren Endzeitvisionen samt geklonten Menschen und brutalen totalitären Gesellschaftsformen zu tun hat. Ganz nebenbei geht es da auch noch um die homosexuelle Liebschaft eines begnadeten Underdog-Musikers in den 30ern, um eine Investigativjournalistin, die die Ölmafia der 70er enttarnt und dabei fast ermordet wird, um einen Rechtsgelehrten auf einem Schiff mitten im Nirgendwo im 19. Jahrhundert, der eine Freundschaft mit einem Sklaven schließt und noch um die eine oder andere Geschichte, die hier nicht so recht reinpassen will.
Es gibt Menschen, die behaupten, man müsse das zu Grunde gelegte Romanwerk des Briten David Mitchell gelesen haben, um den Film verstehen zu können. An dieser Stelle sollte jedoch klar gestellt werden: Wer eine Romanvorlage als Interpretationshilfe verpflichtend voraussetzt, damit sein Film entschlüsselt werden kann, der sollte das Metier wechseln!
Unabhängig davon überzeugt der Streifen trotz der frappierenden inhaltlichen Schwäche durch ein rundum gelungenes Artwork und überzeugende Darsteller. Vor diesem Hintergrund wäre es vielleicht ehrlicher gewesen, wenn man dem erwartungsfrohen Kinogänger schon zu Beginn signalisierte, dass der optische Reiz die Hauptrolle besetzt. Damit würde sich Cloud Atlas in eine lange Reihe aufwändiger und dennoch beeindruckender Kinoproduktionen einreihen und wäre damit nicht in schlechtester Gesellschaft. Denn durch den nur angetäuschten Tiefgang laufen Freunde der auch inhaltlich anspruchsvollen Unterhaltung Gefahr, sich beim Verlassen des Kinosaals irgendwie verarscht vorzukommen. So hinterlässt der wirre Drei-Stunden-Schinken einen faden filmischen Nachgeschmack, den er nicht unbedingt hätte haben müssen. Schade.