Es ist etwas schwer den Film „Cloud Atlas“ richtig zu beschreiben. Sicherlich ist es ein Episodenfilm. Wobei die einzelnen Episoden, ineinander verschachtelt und parallel erzählt werden (d.h. die Handlung springt alle paar Minuten von einer Episode zur anderen) statt chronologisch hintereinander.
Grob gesagt geht es um verschiedene Charaktere aus verschiedenen Zeitaltern und ihren lebensverändernden (wenn nicht gar gesellschaftsverändernden) Erfahrungen.
Ein weißer Anwalt nach Abschluss eines Sklaven-Handelsvertrages auf ’nem Schiff Mitte des 19.Jahrhunderts. Ein vielversprechender, junger und schwuler Komponist bei einem ausgebrannten alten Meister kurz vor dem 2.Weltkrieg. Eine afro-amerikanische Klatschreporterin beim Aufdecken von verbrecherischen Plänen eines Energiekonzerns in den 70-ern. Ein alternder Buchverleger in einem missständigen Pflegeheim der Gegenwart. Eine asiatische, geklonte Kellnerin in einem futuristischen Fastfood-Restaurant des 22.Jahrhunderts. Ein einfacher Ziegenhirte im postapokalyptischen, verwilderten Land hunderte Jahre in der Zukunft.
Dies klingt zwar danach, als hätten diese Personen rein gar nichts miteinander zu tun, doch das täuscht. Mal abgesehen davon, dass die Charaktere und Nebencharaktere immer wieder von den gleichen Schauspielern (in verschiedenen Kostümen und Masken) dargestellt werden, so gibt es auch Bindeglieder zwischen den einzelnen Episoden, die zwar klein sind, doch große Folgen nach sich ziehen (das kann ich jetzt nicht genauer beschreiben ohne zu spoilern).
Die Handlung ist – v.a. dank der Sprünge in der Erzählung – ziemlich komplex und etwas kompliziert. Wenn der Zuschauer den Film jedoch aufmerksam anguckt (d.h. nicht zwischendurch quatscht, aufs Klo geht oder was zu Futtern holt) und sich die Namen der Personen, Orte oder Dinge – welche mehrmals erwähnt werden – so gut wie möglich einprägt, dann dürfte es nicht allzu schwer fallen, der Handlung bzw. den Handlungsabschnitten zu folgen. Notfalls kann man sich den Film nochmal anschauen. Oder die jeweiligen Kapitel anwählen, welcher zu einer bestimmten Episode gehören und sie nacheinander angucken (wenn die DVD draußen ist). Zusätzlich kann man sich auch noch die Romanvorlage besorgen.
Anspruchsvolle Filme versuchen eine Botschaft zu vermitteln. Um welche handelt es sich hierbei? Eigentlich recht simpel. Der Kampf gegen Unterdrückung und um die (persönliche) Freiheit und das Recht auf eine Zukunft. In verschiedener Art und Weise.
Natürlich schimmert da auch ein wenig Esoterik durch, wenn von Reinkarnation und Seelenwanderung die Rede ist (auch wunderbar dargestellt durch die Mehrfachrollen der Darsteller), prophetische Träume über ferne Zukunft bzw. Vergangenheit vorkommen oder die schicksalhafte Verbundenheit der Charaktere miteinander an sich. Doch dies fügt sich letzten Endes sehr dezent in die Story ein.
Außerdem wird der jeweiligen Gesellschaft gnadenlos der Spiegel vorgehalten (z.B. in der Gegenwarts-Episode tötet ein erfolgloser Autor brutal seinen größten Kritiker in der Öffentlichkeit und plötzlich verkauft sich dessen Werk wie verrückt, was zuvor kein Schwein kaufen wollte ><).
Interessant (aber auch etwas schwer verständlich) finde ich auch die Art zu sprechen in der postapokalyptischen Zukunft. Diese besteht aus einfachen abgehackten Sätzen mit vielen umgangssprachlichen Worten (passt sehr gut, denn wenn die Zivilisation zugrunde geht, tut es auch die vielfältige Sprache und wird genauso karg wie die neue Lebensweise der, zurück in die Steinzeit beförderten, Menschen).
Ach und ganz besonders interessant (und entlarvend) finde ich auch, wenn hier dargestellt wird, wie eine Gottheit (mitsamt Verehrung und Anrufung) zustande kommt. Wer will kann da eine Allegorie zur Gegenwart ziehen.
Durch das Aufsplittern in Episoden vereint der Film mehrere Genren miteinander. Drama, Comedy, Romance, Action, Thriller, Dystopie, Science-Fiction. Der Film hat also nicht nur „langweilige“ ruhige Szenen zu bieten, sondern auch rasante und abwechslungsreiche.
Visuell ist „Cloud Atlas“ bombastisch. V.a. in den Zukunfts-Episoden. Die Special Effects, Kulissen, Requisiten, Masken, Kostüme … alles großartig anzuschauen ( obwohl die bekannten Schauspieler ein wenig befremdlich ausschauen, wenn ihre Augen auf „asiatisch“ getrimmt sind und die restlichen Gesichtszüge europäisch bleiben! ^^)
Die Leistungen der namhaften Schauspieler lassen sich sehen. Wie schon erwähnt spielt jeder Darsteller mehrere Rollen und das mit Bravour.
Ich muss zudem sagen, dass die Filmschnitte zwischen den zersplitterten, verschachtelten Episoden sehr gelungen sind. Trotz der Aufspaltung wirkt kein Schnitt willkürlich gesetzt und fügt sich gut in die Gesamthandlung ein.
Zur musikalischen Untermalung kann ich leider nichts sagen, da ich selber total unmusikalisch bin und mir der Soundtrack nur selten irgendwie auffällt. Ich achte da zu wenig drauf.
„Cloud Atlas“ ist sehr originell und lässt sich mit solchen Filmen wie „The Fountain“ oder „2001-Odyssee im Weltraum“ vergleichen. Manchmal hatte ich allerdings auch einige Déja-vu’s z.B. an „Roots“ oder „Blade Runner“.
Das Einzige was ich wirklich zu bemängeln hätte, hat eigentlich nichts mit dem Film selber zu tun. Es ist die seltsame Altersfreigabe der FSK. Ich weiß wirklich nicht, was sich diese Leute dabei gedacht haben, aber der Film ist definitiv KEINE (!) FSK 12, sondern eine FSK 16. Und nicht nur wegen der paar Gewaltszenen (welche allerdings recht deutlich und blutig sind), sondern allgemein wegen der Thematik, die kein Zwölfjähriger richtig begreifen kann. Die paar Sexszenen zähle ich mal nicht dazu (sind jetzt nicht SO drastisch).
FAZIT:
Ganz klar. Der anspruchsvolle Film ist absolut schwere Kost. Aber definitiv sehenswert für Diejenigen, die nicht bloß mit Mainstream-Movies abschalten wollen, sondern ein Filmkunstwerk erleben möchten. ^^