Es gibt Filme, die einen zwittrigen Eindruck hinterlassen. Die Deutsche Co-Produktion "Cloud Atlas" zählt zweifelsohne dazu. Mit 100 Mio Dollar ungewöhnlich teuer, mit 2 internationalen Superstars behaftet und zeitweise spektakulären Bildern, fahren die beiden Brüder Andy und Lana Wachowski, ihres Zeichens Schöpfer der legendären Matrix Trilogie, zusammen mit dem renommierten deutschem Regisseur Tom Tykwer ordentlich auf. Doch schmierte der Film dann beim Publikum total ab, und spielte gerade mal so seine Kosten wieder ein. Gerade in den USA wollte dieses schwierige Werk keiner sehen, und auch bei der Oscarverleihung ging der Film nicht mal in den technischen Kategorien an den Start. Und warum? Nun, zumindest kann es nachvollzogen werden, weshalb Menschen den Film nach 20 Minuten nicht mehr anschauen möchten. Für alle, die es länger aushalten ergibt sich ein sehr eigenartiger, aber dennoch phasenweise brillanter Film.
Der Wolkenatlas ist ein sehr vielschichtiger Roman. Er erzählt in 6 verschiedenen Zeitebenen, von 6 unterschiedlichen Geschichten und Schicksalen, die jedoch alle durch bestimmte Ereignisse miteinander verwoben sind. Es geht um den Gedanken, das wir alle schon mal gelebt haben, und das sich jedes unserer Entscheidungen auf spätere Generationen auswirkt. Harter Stoff also für einen Mainstream Film. Nachdem sämtliche deutschen Studios und zahlreiche Investoren und Förderer abgegrast wurden, kam eine erstaunliche Summe von 100 Mio Euro zusammen, um den Film in Deutschland zu drehen. Die beiden Wachowski Brothers (wobei einer der beiden sich jetzt Lana nennt und als Frau auftritt), seit Matrix im Film Nirvana verschwunden, und Tom Tykwer, der mit "Das Parfüm" und "The International" auch schon für das internationale Publikum gedreht hat, haben sich zusammengerauft und sowohl das Drehbuch geschrieben als auch Regie geführt .Eine ganz neue, eigene Idee. Als Zugpferde wurden die beiden Hollywood Stars Tom Hanks und Halle Berry ,die (6!) Rollen spielen, verpflichtet und die Nebenrollen mit zahlreichen international bekannten Stars wie Hugh Grant, Susan Surandon oder Hugo Weaving besetzt. Herausgekommen ist eine ganz seltsame Mischung. Die 6 Geschichten werden nicht chronologisch hintereinander erzählt, sondern wechseln fast minutiös hin und her. Das ist vor allem in den ersten gut 30 Minuten sehr schwer und verwirrend, den einzelnen Figuren und Geschichten zu folgen, wird im Verlauf jedoch einfacher. Ein Clou ist auch, das die Regisseure sich quasi aufgeteilt haben, So hat jeder 3 Geschichten gedreht, was man dem Film auch deutlich anmerkt und woran er am meisten krankt. Der qualitative Unterschied ist einfach zu groß! Denn für sich genommen, ist bei den Einzelbewertungen für mich alles mit dabei. Die beiden Episoden, die im Jahre 1936 und 2012 spielen sind für mich Totalausfälle und einfach nur langweilig und krude. Die Geschichte des schwulen Pianisten, und des alten Verlegers sind zu sehr ins ironische und lächerliche gezogen, und sollten eindeutig mehr Komödie mit in den Film bringen, was allerdings eindeutig nach hinten los ging. Die Episode im Jahr 1976, um eine neugierige Reporterin hat zumindest etwas von einem Thriller, und ist deutlich gelungener. Hier für war Tykwer verantwortlich. Jetzt die drei Episoden der Wachowski Brothers, die das Glanzstück des Films sind und immer stärker werden. Das Jahr 1849 das von einem Anwalt handelt, der gegen die Sklaverei und seinen eigenen Schwiegervater kämpft ist eine spannende Abenteuergeschichte, doch die beiden Folgenden Episoden sind schlicht weg genial. Im Jahr 2144 kämpft ein Klon in einem zukünftigen und sehr düsteren Seoul um Anerkennung und ums überleben. Dieser Science Fiktion -Thriller Ansatz ist spektakulär und beeindruckend inszeniert und erinnert an beste Matrix Tage. Auch die letzte Geschichte, die im Jahr 101 nach dem Untergang spielt, ist eine geniale Mischung aus Mystery, Abenteuer und Endzeit Epos, in dem ein Ziegen-Hirte Besuch von einer Zeit Reisenden bekommt, und sich dadurch sein Leben für immer verändert.
Puh, ganz schön komplex das ganze. Zu komplex vielleicht. Denn die Episoden werden wie schon gesagt, nicht chronologisch, sondern durcheinander erzählt, und so wechselt das Bild von Komödie zu Abenteuer, von Thriller zu Science Fiction, vom epischem Meisterwerk, zu kruder Schwulen Ballade. Das ist Anstrengend, und gerade wenn man die gelungenen Episoden sieht, würde man eigentlich doch viel lieber nur noch bei diesen Geschichten bleiben. Die Wachowski Brothers leben noch und empfehlen sich eindeutig dafür, endlich mal wieder einen großen Hollywood Film zu drehen. Das sie das können, haben sie mit Matrix ja schon bewiesen. Und Tykwer? Ok, ich habe da immer ein wenig die deutsche Brille auf, doch seine schmalzig, langweiligen Episoden passen so gar nicht in den Film, und so empfiehlt er sich leider nicht für höheres. Die Schauspielleistungen der beiden Hauptdarsteller Hanks und Berry sind solide bis brillant, es ist erstaunlich zu sehen, wie tonnenweise Maske sie in jede noch so undenkliche Rolle schlüpfen lässt. Das lässt sich auch beim Rest vom Cast sagen, "Mister Smith" himself, Hugo Weaving, ist genial als Klon oder Teufel.. Hugh Grant schießt für mich über das Ziel hinaus. Der Rest ist gut, aber austauschbar. Und wie soll der Film jetzt bewertet werden? Die Kamera und die Kulissen sind sehr gut inszeniert, die Masken brillant. Hier wäre ein Oscar Pflicht gewesen. Doch der Film krankt am Roman und an der Teilung der Regisseure. Die Wachowski Episoden hätten beinahe für sich alleine ein Meisterwerk aus dem Film machen können, doch Tykwer reist das Ruder dann leider in eine falsche Richtung. Die Musik ist sehr schön und die Bilder bleiben einem noch lange im Kopf. Aber es gilt ja einen gesamten Film zu bewerten, und da zählen einfach immer alle Eindrücke. Und was kommt bei 3 mal schlecht und 3 mal gut heraus? Richtig, leider nur Mittelmaß. Was mir jedoch aufgrund der wirklich starken Episoden einfach zu wenig ist. Die Thriller Elemente sind genial, und die Bilder der Wachowski Brother versetzen einen gerade in Seoul ins Staunen.
Fazit: Mega Projekt gescheitert. Es hätte ein Meisterwerk werden können, doch die Unterschiede zwischen den Geschichten sind einfach zu groß. So ist "Cloud Atlas" auf der einen Seite mehr als Sehenswert, opulent und zeitweise genial, auf der anderen Seite aber auch ein ziemlicher Mist. Und das muss dem Film erst einmal jemand nachmachen!!!!