"Cloud Atlas" ist der Name der Verfilmung zu David Mitchells meisterhaften Roman "Der Wolkenatlas". Entstanden ist der gut 100 Millionen teure deutsche Film durch die Hände von Tom Tykwer und Lana und Andy Wachoski. Völlig losgelöst von der festen, sextettartigen Struktur des Romans haben die 3 Regisseure die Kerngedanken und Hauptthemen vom Roman in einen knapp 3-stündigen Epos gepackt.
Vorweg sei gesagt, dass ich den Roman gelesen habe und somit in etwa wusste, was mich erwartet. Den Roman als Vorwissen gelesen zu haben schadet zumindest nicht, umbedingt notwendig ist es jedoch nicht da die Verfilmung gekonnt die Hauptgedanken und -aussagen am Schluss komprimiert zusammenfassend darstellt.
6 Geschichten, welche auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben, werden sich im Laufe der Zeit als eine große Geschichte über mehrere Jahrhunderte entpuppen. Die Charaktere und Schauplätze sind dabei sehr unterschiedlich, auch die Machart und die Genres sind differierend. Dadurch entsteht ein unglaublich bildgewaltiges und vor allem abwechslungsreiches Kinoerlebnis, welches sich am Anfang erst einmal wie 6 verschiedene Teile anfühlen dürfte. Zunehmend lassen sich jedoch Parallelen, Zusammenhänge und Verbindungen feststellen, welche final ein großes Ganzes ergeben. Manches wird dabei von den Regisseuren auf dem Silbertablett serviert, anderes benötigt die Aufmerksamkeit (und vielleicht auch Intelligenz?) des Zuschauers, um begriffen zu werden.
Im Folgenden liste ich einige Kerngedanken vom Film auf, welche nur bei Wunsch gelesen werden sollten, wenn man sich beim 1. schauen überraschen lassen will.
- Eines der Hauptthemen ist, dass es immer eine Gruppe von Menschen oder Einzelpersonen gibt, die von anderen unterdrückt oder ausgenutzt wird / werden
- Der Wille zur Macht bzw. zum Ruhm
- Alle Grenzen sind Konventionen, die gebrochen werden können, wenn man denn will
- Unser Handeln kann sich auf andere langfristig und auch nach unserem Tod auswirken
- Gewisse Schemen und Rhythmen in unserer Gesellschaft wiederholen sich in unterschiedlichsten Ausprägungen immer und immer wieder
- Der Tod ist nur eine Tür, wenn wir sterben öffnet sich eine andere
- Dinge wie Liebe, Mut und Furcht überdauern uns
- Unsere Welt folgt einer naturgegeben Ordnung und denjenigen, die versuchen diese natürliche Ordnung zu ändern (egal ob im guten oder schlechten Sinne), wird es nicht gut ergehen
- etc.
Optisch, musikalisch und schauspielerisch ist der Film dabei steht's hervorragend. Sehr gut und oscarverdächtig sind Maske und Soundtrack. Besonders ist hierbei, dass die Maske es gekonnt schafft, Schauspieler wie Tom Hanks, Halle Berry oder den großartigen Hugo Weaving in jeweils allen Geschichten in völlig anderen Gestalten glaubhaft erscheinen zu lassen. Beim Soundtrack sei hervorgehoben, dass das Hauptthema vom Charakter "Robert Frobisher" im Film selber komponiert wird und wir somit mit zunehmender Filmlänge immer neue Sätze und Abschnitte im Hauptthema zu hören bekommen. Hervorzuheben sei, dass der Soundtrack teilweise in geschichtenübergreifenden Szenen eingesetzt wird und ganz zum Schluss gezeigt wird, wie Robert Frobisher dieses Stück gerade am Piano gespielt hat. Das ist sehr gut umgesetzt und macht Spaß beim zugucken.
Der Film benötigt auf jeden Fall gute Aufmerksamkeit vom Zuschauer und auch sollte man sich auf einiges an Gewalt- und Mordeinstellungen gefasst machen. Ob dieses Werk wirklich für 12jährige geeignet ist, sei dahingestellt. Fesseln dürfte der Film bei Szenen, welche in schneller Abfolge über alle Geschichten hinweggleiten, jeden und wer etwas mit gut gemachtem und vor allem einzigartigem Kino anfangen kann, sollte sich dieses Werk ansehen.
Nicht jeder wird am Schluss ganz verstanden haben, was das alles jetzt sein sollte und was man uns sagen wollte - doch nachhaltig im Gedächtnis bleiben sollte dieser Film jedem und zum Nachdenken über das, was gezeigt wird, sollte er auch bei den meisten anregen.
Cloud Atlas ist ein hervorragender Film, welcher fast ein Meisterwerk geworden wird. Man wird von der Maske, den Bildern, den Schauspielern und der Filmmusik begeistert sein und was will man letztlich mehr von einem Film? Leser vom Roman sollten selbstverständlich nicht erwarten, dass jedes Detail und jeder Handlungsstrang verarbeitet ist - vielmehr bekommt man eine hervorragend umgesetzte Zusammenfassung von einem sehr bedeutendem Roman unserer Zeit geliefert.