Zwischen all den Sommerblockbustern kommt mit „Der große Gatsby“ ein Liebesdrama, der im Kino sogar extra als Frauenfilm ausgeschrieben wurde, in die deutschen Kinos. Ich muss gestehen, dass ich weder die Buchvorlage aus dem Jahr 1925 gelesen habe, noch die erste Verfilmung des Romans von Jack Clayton, 1974, gesehen habe. Im Grunde genommen bin ich auf die Geschichte des großen Gatsby erst mit in Erscheinung treten dieser Neuverfilmung von Baz Luhrmann gestoßen. Doch warum war mir dieser Film den Kauf einer Eintrittskarte trotzdem wert? Das lag zum einen am grandiosen Schauspieler Ensemble, an der grandiosen Optik, am grandiosen Soundtrack und nicht zuletzt an den grandiosen Trailern. Leider hält der Film nicht ganz was er zuvor versprochen hat, denn aus diesen Elementen ist keineswegs auch ein grandioser Film geworden. Davon ist der Film doch ein ganzes Stück weit entfernt. Wirkliche Enttäuschung macht sich bei mir dennoch nicht breit.
Der australische Regisseur Baz Luhrmann ist seit dem Beginn seiner Karriere für Bild- und Musikgewaltige Filme bekannt. Und auch „Der große Gatsby“ ist an Opulenz kaum zu übertreffen. Luhrmann zaubert in seiner 144-minütigen Literaturverfilmung, ein visuell atemberaubendes Spektakel auf die Leinwand. Dies beginnt beim 3D-Einsatz. Anders als viele der Sommerblockbuster, bei denen die dritte Dimension durch den Aufpreis meist zur Gewinnmaximierung genutzt wird, kommt der Film nicht als konvertierter 3D-Film, sondern als in 3D gedrehter Film in die Kinos. Und das sieht man von Anfang an. Luhrmann entschied sich dabei bewusst auf Pop-Outs zu verzichten, wie auch schon Peter Jackson beim Hobbit. So wirkt das 3D im großen Gatsby wie ein Fenster, durch das man mitten in den Film eintaucht. Der 3D-Effekt wirkt dabei nie störend und stellt tatsächlich auch mal wieder einen, wenn auch kleinen, Mehrwert da. Mit Sicherheit das beste 3D-Bild seit „Life of Pi“, das den Aufpreis auch endlich mal wieder gerechtfertigt. Dieser tolle 3D-Einsatz sorgt auch dafür dass das Geschehen noch pompöser wirkt. Ein visueller Overkill, der gerade in den Party-Szenen einfach nur Spaß macht und für einige Gänsehaut-Momente sorgt. Leider übertreibt es Luhrmann auch ab und an ein wenig und der Film wird stellenweise etwas zu kitschig und zu übertrieben. Gelungen sind hingegen die teils ungewöhnlichen Kamera Fahrten von Kamera Mann Simon Duggan sowie die Ausstattung und Kostüme.
Mindestens genauso überzeugend wie die Optik des Films, ist auch der Soundtrack. Die Liste bestehend aus namhaften Künstlern wie Lana Del Rey oder Jay-Z, liest sich schon mal richtig gut. Trotzdem hatte ich vor dem Film einige Zweifel, ob der aktuelle, moderne Soundtrack auch wirklich zum Geschehen der Zwanziger-Jahre passt. Doch Luhrmann verbindet beide Elemente meisterhaft und lässt sämtliche Zweifel schon früh verschwinden. Denn er setzt keineswegs nur auf den modernen Soundtrack, sondern verbindet diesen mit den klassischen Jazz-Tönen. So hört man beispielsweise Lana del Reys „Young and Beautiful“ gleich in mehreren Versionen.
Mit dieser Verbindung gelingt es Luhrmann aber auch inhaltlich, die zeitlose Geschichte ohne weitere Erklärung auf unsere heutige Zeit zu projizieren. Denn genau wie damals regiert auch heute noch die Gier nach Geld, Macht und Vergnügung. Luhrmann stellt allerdings nicht das Gesellschaftsporträt in das Zentrum seiner Handlung, sondern das menschliche Drama. Dazu braucht es vor allem ein tolles Schauspieler Ensemble und bei diesem hat Luhrmann alles richtig gemacht. Im Mittelpunkt steht vor allem „Ex-Spiderman“ Tobey Maguire als Schriftsteller und Börsenmakler Nick Carraway. Ein Part der nicht allzu leicht zu spielen ist, gerade durch seine Funktion als Erzähler und trotzdem weiß Maguire doch sehr zu überzeugen. Daneben stehen Carey Mulligan als zerbrechliche Daisy Buchanan und Joel Edgerton als ihr Ehemann Tom Buchanan, Maguire in nichts nach. Der große Star taucht aber erst nach 30 Minuten auf: Leonardo DiCaprio in der Rolle der Hauptfigur Jay Gatsby. Und was DiCaprio hier abliefert, ist erneut Oscar-würdig. Wenn einer das Facettenreiche Spiel beherrscht, dann er. Sein Gatsby ist zum einen unnahbar und überlebensgroß, vertrauenserweckend und charismatisch, aber auch schüchtern und zerbrechlich in der Gegenwart von Daisy. Ab seinem Erscheinen, reißt DiCaprio das Geschehen mühelos an sich. Großartig!
Gerade durch den Fokus auf das menschliche Drama und die überragenden Darsteller, ist „Der große Gatsby“, die Party-Szenen einmal ausgeschlossen, ein eher ruhiger Film, der recht langsam dahinfließt aber dennoch stets spannend bleibt. Gerade die Finale Auseinandersetzung um Daisy zwischen Tom und Gatsby ist als Kammerspiel inszeniert und dennoch das Highlight des Films, bei dem man sowohl Spannung als auch Atmosphäre förmlich ergreifen kann. Nur nach diesem Finale fehlt der große Moment, der den Film zu etwas besonderem macht. Klar gab da die Buchvorlage womöglich nicht mehr her, aber als nicht Buchkenner hätte ich mir einen besseren Twist und eine vollständigere Beantwortung der offenen Fragen erwünscht. Leider nimmt der Film dadurch in der zweiten Hälfte immer mehr ab. Mit dem starken Beginn kann das Ende leider nicht mehr mithalten.
Fazit: Baz Luhrmanns 3D-Spektakel hat zwar seine Momente, aber es lässt einen nicht überwältigt im Kino Sessel zurück. Dazu fehlt ihm einfach noch der letzte Tick am Ende. Ein ohne Frage guter bis sehr guter Film, der die Erwartungen aber dennoch nicht ganz erfüllen kann. In jedem Fall ein würdiger Startfilm für die Filmfestspiele in Cannes und ein Kandidat der sich Hoffnungen auf die ein oder andere Oscar Auszeichnung machen darf. Allen voran natürlich Leonardo DiCaprio.