Erwartungshaltung:
Durch all die Vorab-Informationen, ging ich mit der Erwartung ins Kino, hier kein Alien 0.5 zu sehen, sondern etwas komplett anderes. Zugegebenermaßen hoffte ein Teil von mir, dass ich mich irrte und ich all die Dinge, die ich in Alien liebte, hier wieder serviert bekommen würde: düstere Stimmung mit Schattenspielen, klaustrophobische Raumschiffgänge und eine brutale Alien-Rasse. Ich habe mich nicht geirrt und dennoch jede Sekunde des Kinobesuchs genossen.
Entstehungsgeschichte:
Scott sagte, er wollte es eher Blade Runner-lastig anlegen, bei dem die menschliche Existenz ebenso thematisiert wird, wie jetzt in Prometheus. Das ursprüngliche Skript war noch viel stärker an die originalen Alien-Teile angelegt und sollte ein echtes Prequel sein. Dies wurde von Scott und einem später hinzugekommenen Drehbuchautor über Bord geworfen, zugunsten eines eigenständigen Filmes. Ein guter Regisseur wiederholt eben nicht seine Werke.
Visueller Stil:
Optisch gesehen, kann man über die beeindruckenden Bilder, die Kameramann Dariusz Wolski (Pirates of the Caribbean) auf die Leinwand zaubert, nur staunen. Die grauen, unwirtlichen Landschaften auf der Planetenoberfläche kontrastieren harmonisch mit den satten, warmen Farben innerhalb des Raumschiffs, die es zum einzigen angenehmen Ort des Filmes machen, sowie den ungemütlich düsternen, finsternen Höhlen innerhalb des Planeten. Das Szenenbild zählt zu den Highlights des Filmes. Jeden Fan wird es freuen, dass man sich hier besonders viel Mühe gemacht hat, nicht nur an den Look des Originals heranzureichen, sondern dem Ganzen eine persönliche Note aufzudrücken und es auf das technische Niveau von 2012 zu bringen. So fügt sich alles nahtlos mit den Umgebungen aus den alten Filmen zusammen.
Auch fällt positiv auf, dass viele visuelle Effekte In-Camera - also Oldschool, live beim Dreh - entstanden, was in Zeiten von CGI-überladenen Blockbustern eine willkommene Abwechslung ist.
3D:
Prometheus wurde original in 3D gedreht und steht damit weit über den heutzutage weit verbreiteten nachträglichen 3D-Konvertierungen. Ridley Scott setzte die zusätzliche Dimension bei seinem ersten 3D-Film glücklicherweise gezielt ein, damit wird der Film tatsächlich mit Tiefe bereichert. Eindeutig ein gutes Beispiel für einen gelungenen Einsatz und der Kinobesuch einer 3D-Vorstellung kann jedem nur empfohlen werden.
Musik & Sound:
Der Soundtrack fügt sich gut in den Film ein und ordnet sich den Bildern unter. Er ist zu keiner Zeit aufdringlich, wie es Hans Zimmer in seinen Filmen bevorzugt, kann dafür aber nicht mit Ohrwurm-Qualität punkten. Die Soundeffekte sind angenehm hochwertig, wirken weder aufgesetzt, noch werden sie für billige Schockmomente missbraucht. Laute Actionsequenzen wechseln sich mit beklemmender Stille ab und schaffen ein abgerundetes Klangerlebnis.
Charaktere:
Die Charaktere reichen von "erfrischend eigenständig" bis hin zu "kompletter Fehlgriff". Klar kann man argumentieren, dass auch die Charaktere in den früheren Alien-Filmen von Klischees nur so strotzten, trotzdem ist das Kinopublikum reifer und anspruchsvoller geworden. Quotenschwarze mit billigen Sprüchen und einem Hang zu selbstloser Aufopferung, ein Redneck, bei dem man sich fragt, wie er es im Jahr 2093 in die 17-köpfige Elite an Bord eines 1-Billionen Dollar Projektes geschafft hat, haben 2012 nichts mehr in einem anspruchsvollen Sci-Fi Film zu suchen.
Positiv hervor sticht Noomi Rapace als Elizabeth Shaw. Sie braucht keinen Vergleich mit Sigourney Weavers Ellen Ripley zu scheuen. Außerdem überzeugt einmal mehr Michael Fassbender als vielschichtiger Androide David und Charlize Theron als kühle Weyland Corp. Repräsentantin.
Bei Guy Pearce als steinalter Peter Weylan kann man leider nicht an der unpassenden Altersmaske vorbeisehen. Wie viel besser hätte hier zum Beispiel ein Ian McKellen gepasst?
Story:
Prometheus ist wahrlich Welten entfernt vom Horrorgenre des ersten Teils. Hier werden gruselige Katz-und-Maus Spiele zwischen Mensch und Alien ersetzt von philosophischen Gesprächen, Erkundungstouren in Höhlen und rasanten Verfolgungsjagden. Die Suche nach dem Ursprung ist hier das klare Leitmotiv und zieht sich vom Beginn bis zum Ende. Doch trotz seines interessanten, anregenden Starts, bei dem viele Fragen aufgeworfen werden, flacht die Tiefschichtigkeit mit Fortdauer des Filmes ab. Hier wurde das Skript wohl Opfer des Kürzens, da man viele Fragen erst mit dem, inzwischen bereits angekündigten, Sequel zu Prometheus beantworten wird.
Fazit:
Aller Kritik zum Trotz beweist der bereits 74(!)-jährige Ridley Scott, dass er immer noch Meister des Geschichtenerzählens ist. Man fiebert von Anfang bis Ende mit, kann alle Motive der Charaktere nachvollziehen und wird am Ende mit einem Zuckerl belohnt, das jedem Alien-Fan ein begeistertes "NICE!" entlocken wird.