Vorweg: Die Wünsche und Erwartungen waren hoch, die Toleranzbereitschaft ebenfalls. Nebst eigenem Bau eines A.R.K.-Reaktors, Heimkino der ersten beiden Teile etc. war der Kinoabend der Vorpremiere auch gut vorbereitet.
Ich habe lange nicht mehr einen Film gesehen, der so ambivalente Reaktionen bei mir hervorgerufen hat.
Kurzum: Es ist per se kein schlechter Film, dennoch war er sehr enttäuschend.
Pro:
-Die Grundidee des Drehbuches ist gut, wenngleich man hier etwas viel Stoff reingepackt hat und nicht alle Ideen zünden.
-Die schauspielerische Leistung aller Beteiligten war sehr gut, allen voran erwartungsgemäß Robert und Ben.
-Die Effekte sind durchweg hervorragend. Leider vermisst man ein wenig die metallische Physis (Klonk) der Vorgänger und weiten Teilen sieht man das digitale doch sehr an.
-Kampfszenen, oder besser die Choreographie derselben, muss ich hier in aller Deutlichkeit loben! Sowohl die von von Sherlock Holmes an Ironman vererbten subtilen Wing Chun- Einflüsse, als auch die Kämpfe im (und mit und aus dem) Anzug sind sehr kreativ, glaubwürdig und gelungen.
-Die langen Phasen ohne Anzug haben mir persönlich sogar sehr gut gefallen... ja, da waren 1-2 Slapstickeinlagen (die mehr an die Nackte Kanone, als an Lethal Weapon erinnert haben) dabei, die fast zuviel gewesen wären, aber eben nur fast. Sagen wir es so: Wenn die Dinge, die ich gleich unter "Kontra" beschreiben werde, anders/besser gelaufen wären, dann hätten vermutlich 90% der Kritiker den Actiontony ohne Anzug so wohlwollend hingenommen, wie eine wechselnde Location von Film zu Film.
-Der Soundtrack... hier geht es los. Zwar stören die "neuen" Stücke, vornehmlich entweder Pophits kurz vor der Jahrtausendwende oder das instrumentale Theme des ersten Teils, nicht wirklich, aber wennschon nicht zu Marvel, so doch zu den Neuverfilmungen gehören ACDC als Soundtrack ebenso wie Downey jr. als Protagonist. Ihr Fehlen schlägt dann doch etwas bitter auf, wäre allerdings zu verkraften, wenn nicht...
Kontra:
-Terrorismus, Finanzkrise, mehr Anspruch, Nolan... we get it: Helden müssen düster und zerrissen sein. Das ganze beim Lebemann Stark mit den Ereignissen aus den Avengers zu begründen ist eine Gute Idee, die Umsetzung scheitert allerdings kläglich... wer ist Schuld? Disney! Die wahlweise aus dramaturgischen Gründen oder durch das Angstwort "New York" getriggerten Panikattacken Tonys, die nie wirklich erklärt werden und auch abgesehen von angeblichen Schlafstörungen und einem Alptraum niemals Auswirkungen haben, bleiben trotz der vorbildlichen Versuche Downey Jr. substanzlos und unglaubwürdig. (drohender) Alkoholismus, mit den ihm eigenen Folgen, wäre zwar brisanter, doch wesentlich glaubhafter und dramatischer gewesen. Leider hat sich Disney hier eingemischt.
-Der Mandarin... Achtung, großer Spoiler!
Dass man den Mandarin als HAUPTGEGNER Tony Starks, superb gespielt von Kingsley, einfach in der Mitte des Films absägt...scheinbar für immer... ist UNTRAGBAR. Ja, die Idee mit dem Schauspieler ist cool, war sie doch schon in der Holmes-Serie gut. Ja, das Erschaffen der eigenen Dämonen im Kampf gegen Terror passt gut, ja Gesellschaftskritik, jajaja, ABER: Er? So? Ich habe gezuckt,wohlwollend genickt und den gesamten Film darauf gewartet, dass zum Schluss enthüllt wird, wie der WAHRE Mandarin diese ganze Geschichte, Killians Plan, den Faketerroristen und alles andere eingefädelt hat... oder wie "Trevor" schließlich mit den Worten "Haben Sie gedacht,es wäre so einfach?" *puff* aus seiner Zelle verschwindet (Teleportertechnologie)... Dadurch wäre der FilmUNGLAUBLICH aufgewertet worden - bzw. ein ganzes Stück weniger abgestürzt.
Beten wir alle, dass Whedon das in Avengers 2 rettet und nachholt! Denn der einzige Hoffnungsschimmer ist, dass es - mit etwas Phantasie und gutem Willen - noch offen ist...
-Dieser ist kurz: Die Anzüge sind zum reinen High-Tech-Spielzeug verkommen. Ja, das ist auch super umgesetzt und Drama, Figurenentwicklung des Helden und so weiter...ist ja alles richtig, aber statt die Effekthaschende Bedeutungslosigkeit der Anzüge im Showdown auch noch sehr unwürdig zu zelebrieren, hätte man zum Schluss den Twist hin zu "Spielereien hören auf. Ein Anzug für den neu erwachten Tony, statt Bastellei an 42 verschiedenen" nehmen können.
-Für das, was dann zum Schluss auf dem OP-Tisch passiert, gibt es kaum Worte. Für den Wandel des Helden war das nicht nötig und es stellt sich wirklich die Frage, wie man später daran noch anknüpfen soll. Zum Glück beendet es nicht den Helden, sondern verändert ihn nur sehr stark...
Quintessenz: Als Action-Kino mehr als solide und durchaus zu empfehlen. Als Iron Man-Verfilmung, anknüpfend an die letzten Jahre eine mittlere Katastrophe, wobei da ganz spezifische Leute den Filmruiniert haben, während andere ihn trotz hervorragender Arbeit nicht retten konnten.
-> Josh Whedon hat plötzlich eine wesentlich schwerere Bürde mit Avengers 2 erhalten.
-> Disney sucks. Dann werden wir wohl in Star Wars 7 erfahren, dass Darth Vader garnicht Lukes Vater war...