Es ist ein komplexes Unterfangen, sich dem Thema Zeit in Filmen zu widmen, vor allem wenn es sich dabei um Zeitreisen und deren Paradoxen handelt. Rian Johnson wirft sich rein, in dieses schwierige Genre und macht mit seinem Film "Looper" auf sich aufmerksam. Eingebettet unter diesen Vorraussetzung und der gewitzten Ausgangsposition der "Looper", wird dieses Werk dank brutalen, düsteren Zügen, enorm starkem Darstellercast und gleichzeitig ironischer Auflockerung zu einem, vor allem gegen Ende hin, der emotionalsten und lehrreichsten Stücke des Jahres.
"12 Monkeys", "Zurück in die Zukunft" etc. Was bei diesen Werken blieb, ist neben dem teils zeitlosen Wert des Films, vor allem die Ansichten der Zeitreise. Mithilfe komplexer Logikvorgänge und aberwitziger Theorien, ist man schlussendlich immer zum gleichen Schluss gekommen: Nett, aber Schwachsinn. Das wird sich durch noch einen Film auch kaum ändern. Aufgrund dieser Tatsache sollte man Johnson's Ideenkonstrukt bewerten. Leichtgläubige Menschen als Killer auf die Opfer der Mafia – Dynastien der Zukunft anzusetzen, die ihr zukünftiges Ich gegen eine solide Rente selbst richten, ist eine interessante Ausgangsidee. Was Johnson im Laufe seiner Geschichte entwickelt, ist das Grundkunstrukt der Zeitreisenlogik, die in sich, soweit es die Idee zulässt, zwar nicht völlig neu, aber ziemlich schlüssig ist. Währendessen weiß Johnson den Verlauf mit guter Situationskomik aufzulockern und bevor sich Zuschauer und Regisseur in Konstrukten verheddern, wird mit Bruce Willis der Trumpf gezogen. Das liegt nicht zwingend an Willis' unverwechselbar, eigenem Charme (aber auch!), sondern vielmehr an der neuen Ausgangslage. Ich und Zukunfts – Ich als Jäger und Gejagte in einer Geschichte, die jetzt immer mehr das Persönliche in den Vordergrund stellt. Was in der vorherigen Kälte des Films und Abgeklärheit der Figuren nicht vorherzusehen war, ist die emotionale Tiefe, die den Protagonisten nun zusteht, denn die Geschichte kippt mit dem Auftreten von Sara und deren Sohn Cid, auf deren Farm sich der junge Joe versteckt.
Sara kämpft um ihren Sohn, der alte Joe um den tragischen Tod seiner Frau und auch der junge Joe versteht zunehmend sein zuerst egoistisches Handeln und das der anderen. Faszinierend ist zudem, dass man für jeden der Personen Verständnis zeigt und erkennt, dass sich alle ihrem Schicksal in einer sehr realistischen Betrachtungsweise wohl oder übel ergeben müssen, der Zuschauer wird somit hin- und hergerissen und ahnt bereits, dass das Finale, im Sinne der Charaktere, nicht unbedingt zufriedenstellend enden wird. Somit ist es folglich auch nur konsequent, dass Johnson dort einen sowohl spannend als auch anrührend, emotionalen Schlusspunkt setzt, der in seinem raschen, kongenialen Ende Maßstäbe setzt.
Wahre Freude bereiten auch die Darsteller, besser gesagt, vor allem die Darsteller: Joseph Gordon-Lewitt ist nun schon lange kein Independent – Hit mehr und auch hier zeigt er sein, wenn auch deutlich cooleres, Charisma. Sein Schauspiel ist sowohl subtil und ironisch, wie auch im zweiten Akt aufgeschlossen gegenüber seinen Kollegen. Er wird vom Protagonisten immer weiter zurückgestuft, bis man ihn eigentlich nur noch als Beobachter sieht, ehe er im intensiven Finale alle Aufmerksamkeit zurückholt. Unter anderem zeigen diesmal seine Mimik und Gestik die Richtung an, in die es geht – direkt zu Bruce Willis. Dieser hält sich zu Beginn mit seinem typischen Charme auch nicht zurück, doch für die Erfüllung seiner Ziele und Ideale geht er auch locker über Leichen. Spätestens bei seinem ersten Kindermord erweitert sich seine emotionale Tiefe und gibt einen Bruce Willis frei, den man so nur selten gesehen hat. Bruce Willis Joe ist zugleich aber auch ein Symbol für unzerstörbare Ideale und Gefühle, die uns nicht mal die Zeit nehmen kann und das wird von ihm auch bis in den Wahnsinn hervorragend gespielt. Abgerundet werden die beiden durch die couragierte Darstellung Emily Blunt's als Sara und Pierce Gagnon's Cid, der nicht umsonst schon einige Vorschusslorbeeren für seine Darstellung geerntet hatte. Es ist zum Teil nicht vorstellbar, wie ein kleiner Junge ein solches Repertoire an Mimiken und Ausdrucksweisen beherrschen kann. Leider aber ist "Looper" auch nicht ohne Fehl und Tadel. Die Telekinse wird zwar mit einem von Joseph Gordon-Lewitt's Joe zynischem Spruch ansprechend dargelegt, wirkt aber auch ein wenig kurzfristig und erzwungen und einige Personen hätten vielleicht doch lieber tot seien dürfen, ehe sie einer etwas unglaubwürdigen Handlungsüberbrückung zum Trotz geopfert werden.
Fazit: "Wenn wir erst anfangen darüber (Zeitreisen) zu reden, dann hören wir nicht auf und legen Diagramme mit Streichhölzern. Das ist alles unwichtig." Rian Johnson's "Looper" wagt und gewinnt. Indem er die wackeligen und unsteten Theorien der Zeitreisen gekonnt umschifft, ebnet er ein emotionales und spannendes Meisterwerk mit kleinen Abzügen in der B – Note.