Also ehrlich, ich verstehe den Hype um diesen Film nicht. Für 6 Academy Awards nominiert (u.a. Regie, Bester Film des Jahres, Bester Hauptdarsteller [Clooney], Screenplay).
Ich gestehe ein, die erste Hälfte des Film hat meine Aufmerksamkeit gehabt. Der Einzelgänger, dessen Beruf es ist, fremde Arbeitnehmer ...zu feuern, ist interessant anzuschauen. Dann bekommt er einen Sidekick, der das Business lernen soll. Soweit so gut. Clooney - wie immer der anzugtragende kühle Medium-Sonderling (vgl. Cary Grant) - schafft es sogar, bei allen Witzen und trotz seiner Distanziertheit, ein wenig Menschlichkeit durchblicken zu lassen.
Doch das war es dann. Ab der zweiten Hälfte lässt Regisseur Reitman die Katze aus dem Sack. Hier geht es nicht um Arbeitslosigkeit, das System oder ähnliches. Hier geht es darum, das Normbild der modernen Menschen zu festigen. Schließlich streben wir alle danach, glücklich mit einem Partner zu werden, zu heiraten und Kinder zu kriegen (Es werden 8 Milliarden Menschen im Jahr 2025 prognostiziert). Es ist wie Groundhog Day (Und täglich grüßt das Murmeltier) - man möchte nicht, dass der Protagonist seine Zukunft in einem Provinznest verbringt und mit Andie MacDowell einen Schneemann baut. Dann gibt er keine cleveren Antworten mehr und hat keinen Weg mehr zu gehen.
Das glückliche Ende erspart uns der Regisseur in "Up in the Air" Buddha sei Dank. Nach all dem Schema-F-Geblubber endet er indie-mäßig mit der Hauptfigur voller unerfüllter Wünsche.
Hier denke ich, dass der Film seine Nominierung zum Film des Jahres nicht verdient hat. Unter dem Deckmantel eines skurril-komischen Sozialdramas wird hier einfach die alte Bekehrungsnummer gezogen. Der Clooney-Charakter wird mit zwischenmenschlichen Emotionen bombardiert und merkt, dass er das eingentlich auch gern haben würde.
Ab und zu gibt es ein paar dramatische Momente zwischen Ryan Bingham (Clooney) und seinem Shooting-Star-Sidekick - aber man merkt nach einer Weile, wo die Reise hingeht und der Charme verfliegt schnell.
Ich habe noch ein Problem mit dem Skript (hey, surprise). In einer Szene feuert Bingham einen Arbeitnehmer und nachdem dieser ihn mit seinen Kindern, seiner Hypothek und dem Asthma seiner Tochter konfrontiert hat, gibt Bingham ihm den Rat, er solle doch seine frühere Leidenschaft, ein Koch in einem französischen Restaurant zu sein, wieder verfolgen. Und nach dem Gespräch stimmt der gerade gefeuerte zu. Na, Klischee-Falten im Gesicht? (Dem Bräutigam mit kalten Füßen wird übrigens aufgetischt, dass die Ehe an sich natürlich ein Schwindel wäre, aber man will ja nicht alleine sein - das ist nämlich noch blöder. An diesem Punkt hat der Clooney-Charakter die Schwelle zum "neuen Leben" schon überschritten und ist mit seiner Flamme in seine alte Penne eingebrochen, um mit ihr auf der Treppe rum zu knutschen.)
Es wäre gut gewesen, das Thema Jobverlust zu vertiefen, aber ab der Hälfte wird der Film auf die Frage reduziert, ob Bingham es schaffen wird, Wurzeln zu schlagen.
Wäre es nicht viel interessanter gewesen, den Charakter konkret vor die Situation zu stellen selbst arbeitslos zu werden oder selbst zu kündigen? Wenigstens hätte man den sozial-isolierten Typen noch besser herausarbeiten können. Dann hätten sich die letzten 25 Minuten nicht wie Kaugummi angefühlt.
Aber dieser Film ist ein netter Erwachsenenfilm. Und ein Pärchenfilm. Am Anfang lacht man, dass das Popcorn aus dem Mund an den Hinterkopf des Vordermannes fliegt und später wird gekuschelt. Am Ende darf man dann noch "Oooh!" sagen, wenn der Protagonist doch wieder ins Flugzeug steigt, begleitet von weichgespülter Akustik-Gitarren-Musik. Und im Nach-Hause-Gehen kann man dann sagen: "Der Film hatte echt Tiefgang."
Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden verleiht dem Film "Prädikat besonders wertvoll". Es gäbe schillernde Charaktere und der Regisseur würde es dem Zuschauer nicht leicht machen, da es kein Happy-End gebe. Der Film hätte Nachklang und Tiefgang. Aber was kann man von einem Gremium erwarten, dass der zweiten Narnia-Verfilmung das gleiche Prädikat ausgestellt hat (welcher ein Totalausfall war, schauspielerisch, drehbuchtechnisch und sogar bei den Effekten unter Nennwert).
Naja, vielleicht erzählt die Filmbeswertungsstelle Wiesbaden dem nächsten zu entlassenden Mitarbeiter auch, dass er oder sie doch wieder im Einzelhandel arbeiten soll. An der Kasse macht es doch viel mehr Spaß.
Ich wünschte, ich hätte mir die Trailer angeschaut. Oder wenigstens den Untertitel gelesen.