„Dallas Buyers Club“ ist das auf Tatsachen beruhende, 5,5 Mio. Dollar günstige Werk des kanadischen Regisseurs Jean-Marc Vallée, der auch als Cutter für den Film agiert hat.
Ron Woodroof (Matthew McConaughey) ist ein homophober, egoistischer Rodeo-Mann aus Texas, der mit frechem Mundwerk auftritt und Mitte der 1980er Jahre als Elektriker auf einem Ölfeld arbeitet. Er erfährt nach einem Arbeitsunfall, dass er positiv auf HIV getestet wurde. Der Arzt schätzt seine Restlebenszeit auf 30 Tage ein, die Forschung zur Bekämpfung der Krankheit steht noch am Anfang. Woodroof bekommt einen Tipp, besorgt sich in Mexiko gegen die AIDS-Symptome wirksame Medikamente, die in den USA nicht zugelassen sind und möchte diese auch anderen Erkrankten über eine Club-Mitgliedschaft zugänglich machen. Dabei hilft ihm der Transsexuelle Rayon (Jared Leto), den Ron im Krankenhaus kennenlernt. Mehrere US-amerikanischen Behörden versuchen, das Vorhaben zu unterbinden.
Der vielseitige Jean-Marc Vallée hat als Regisseur einige seiner Filme selbst produziert und geschnitten, dafür die Drehbücher geschrieben und auch schon manche der Rollen gespielt. Das Drehbuch für „Dallas Buyers Club“ schrieb Craig Borten, der die Geschichte des Ron Woodroof von diesem selbst kurz vor dessen Tod erfuhr. Wann war das? 1992. Seitdem hat Borten das Drehbuch immer wieder umgeschrieben, nachgebessert, bis es ca. im Jahr 2000 fertiggestellt war und mangels interessierten Produzenten erst 12 Jahre später verfilmt wurde. Leider konnte trotzdem nicht verhindert werden, dass dem Plot nach ca. 30 Minuten, die durchaus mit Begeisterung anzuschauen sind, allmählich die Luft ausgeht. Denn die Story ist dann entwickelt und es passiert nicht viel mehr als das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Woodroof und den Behörden. Die Bilder der meist gut aufgestellten Kamera sind von Vallée stellenweise grundlos mit wechselndem Rhythmus geschnitten und mit überflüssigen Montagebildern (Flugzeugstarts und dergleichen) verunreinigt. Auch wenn der Zeitfortschritt oft eingeblendet wird, meist als vergangene Tage nach der HIV-Diagnose, aber auch mal als Datum (Denksportaufgabe?), bekommt der Zuschauer kein Gefühl für die vergehende Zeit vermittelt. Im Gegenteil: Die Leere wird mit Zwischeninformationen wie z.B. „sechs Monate später“ bestätigt, und dies auch mal dann, wenn die gezeigte Situation eine augenblickliche Fortsetzung vermuten lässt. Ab und zu taucht Frau Dr. med. Eve Saks auf (Jennifer Garner) und bildet die Verbindung zwischen Woodroofs Handeln und der US-amerikanischen Schulmedizin oder steht dazwischen. Das weiß weder sie noch der Drehbuchautor; Eve bleibt eine Figur, die für das Publikum nur schwer, ja erst gegen Ende des Films zu greifen ist. Und Woodroof wird vom Schwulenhasser zum Transenfreund, der als edler Ritter gegenüber seinen früheren Freunden und nun bösen Gestalten handgreiflich wird, wenn sie sich im Supermarkt gegen Rayon richten. Die vorgenannten Storyteile und weitere stehen furchtbar unnatürlich im hinteren Teil der Geschichte, die irgendwie gefüllt werden musste. Vielleicht wollte keiner der Verantwortlichen die wahre Story unnötig aufpimpen, denn das Wenige ist schon verfälscht genug, weil diversen Quellen zufolge Ron Woodroof eben bisexuell war und unter Homosexuellen verkehrte. Jetzt muss wieder Dieter Wedel herhalten: „Aus einem schlechten Drehbuch kann man keinen guten Film machen.“ Aber man kann es für den Oscar nominieren.
Die güldene Statue verdient haben sicherlich Matthew McConaughey und Jared Leto, die sich nicht nur auf erhebliches Untergewicht runterhungern mussten, sondern meisterlich ihre Figuren verkörpern. Der Texas-Slang von McConaughey könnte nicht passender zum abschätzigen Gehabe sein („Redewendungen“ wie „Fuck you Tinker Bell“ gehen in der Synchro selbstverständlich unter) und Leto übertreibt keineswegs die Tunte, die zwar vereinzelt zum Schmunzeln Anlass gibt, aber nicht dafür installiert wirkt. Jennifer Garner bekam keine Gelegenheit, ihr Können zu zeigen.
Der wandelnde Tod, der in diversen Szenen zum Wegschauen auffordert, geht nahe und lässt den aussichtslosen Kampf der Clubgründer schrecklich echt aussehen. Die beiden hatten offensichtlich mancherlei an Vorbereitung für lediglich 25 Drehtage. Das Niveau des stark begonnenen Films konnten jedoch auch sie nicht über die Spielzeit retten.
Ron Woodroof hat sich während seiner siebenjährigen Agonie gegen AIDS einigen Respekt verdient, der Woodroof von Vallée eher weniger.