Der Film hat schon eine sehr lange Geschichte zu verzeichnen und dessen Anfänge sind uns wohl kaum bekannt, lassen sich diese Erinnerungen dieses Jahr aber wohl bestens auffrischen, denn mit "The Artist" kommt schon ein Film daher, der die Anfänge des Stummfilms repräsentiert. Ein weiteres Projekt ist Martin Scorseses' "Hugo Cabret", der uns die Anfänge des Films im Gegensatz zum schwarz- weißen Stummfilm in einem auf Hochglanz polierten 3D - Märchen präsentiert, das von einem Waisenkind, das in den Katakomben des Pariser Bahnhofs die Uhrwerke repariert, handelt.
Meine Intention war zudem nicht die Anzahl der Oscarnominierungen, sondern die Ansicht des schön ausstaffierten Trailers (ich guck mir Filme eigentlich auch nicht wegen der Oscars an, sollte man meiner Meinung nach auch nicht tun). Dennoch lässt sich aufgrund dieser Tatsache ein Blick meinerseits auf die Auszeichnungen nicht vermeiden, Vergleiche werden unbewusst gezogen.
Zu allererst muss ich sagen, Scorsese weiß in seinem Film, den Sog des 3D richtig zu benutzen, das unterstreicht natürlich wieder einmal seine Klasse und obwohl sie bei einigen Szenen schnell in Vergessenheit gerät, womit sich aber alle Realfilme auseinandersetzen müssen, wirkt sie zu keiner Zeit als Hindernis. Tatsächlich weiß er mit 3D auch schon zu anfangs die Magie des Filmes zu entfesseln,
bespielsweise die treibenden Schneeflocken oder der schöne Vergleich Paris' mit einem Uhrwerk. Am herausragendsten gestaltet sich diese Technik im übrigen vor allem bei den alten Filmrückblenden oder dem meiner Meinung nach magischsten Moment, wenn die aufgewirbelten Filmbilder in ihrem Herumtreiben zu kleinen Kurzfilmen werden.
Schauspielerisch gibts bei Scorseses Cast natürlich wenig bis gar nichts zu mäkeln, da er vor allem wieder namenhafte Akteure verpflichtet hat: Die beiden Jungschauspieler machen ihre Sache sehr gut, wobei Moretz ja schon zu viel Anerkennung gekommen ist. Butterfield bleibt als Hugo Cabret bei weitem nicht hinter seinen Erwartungen zurück, er spielt den schüchternen, naiven und gedankenverlorenen Waisenjungen mit starker Präsenz, aber es haut einen nicht total aus den Schuhen, dieser "Nein, das hätt ich wirklich nicht gedacht" - Effekt, den schon einige Kinderschauspieler, siehe eben diese Moretz in "Kickass", erwirkt haben, bleibt aus. Unter den älteren Schauspielern kriegt vor allem Ben Kingsley noch den größten Part, der unter dieser Rolle doch sehr viel herausholt und dem die Rolle viel Spass gemacht zu haben erscheint. Cohen als Stationsvorsteher spielt dann doch eher den kindgerechteren Part, des vertrottelnden "Halbbösen".
Der Film beginnt als zauberhaftes Märchen, der die Uhrentechnik der 1931er zunächst sehr in den Vordergrund stellt und damit auch prächtig unterhält, bevor er sich in der zweiten Hälfte mit den Anfängen der Filmgeschichte auseinandersetzt, ohne dabei viel von seinem Unterhaltungswert eingebüßt zu haben, dennoch ergibt sich, den Film als Gesamtkunstwerk betrachtet, ein nicht unwirkliches Problem. Er ist ab 6 freigegeben und die Kinder werden unter dem Film und dessen Unterthemen zu Leiden haben. Der Film geht insgesamt sicherlich auch als Kinderfilm durch, einige Figuren sind extra deswegen so eingebaut, aber genau das spaltet den Film für beide Parteien: sowohl Kinder als auch Erwachsene. Während die Kinder die meisten Filmerläuterungen, Zitate und technischen Uhrwerke in ihrer Komplexität überhaupt nicht erfassen können, leiden die erwachsenen Zuschauer unter einigen Slapstick - Einlagen und auch die gute Welt - Ansichten werden bei vielen Zuschauern vielleicht doch etwas kritischer beäugelt. Die tiefe(!) Tragik, die in der Rolle Kingsleys liegt, ohne diese hier zu nennen, kommt dann in der Auflösung auch etwas fad und kindgerecht daher, trotz der natürlich klaren Absicht, die ganz dem Interesse des Kinos der damaligen, schon vergessenen Zeit des Kinos gewidmet ist. Das der Film in erster Linie ein Film für ältere Menschen ist, steht aber außer Frage, außerdem ließe sich die Geschichte eines Märchens so oder so nicht anders derart herausragend inszenieren. Somit bleibt dieser in weiten Teilen doch magische und berührende Film einzigartig und auf jeden Fall oscarwürdig. In Hinblick auf meinen diesjährigen Lieblingsfilm "Drive" ( gehen wir mal vom deutschen Kinostart aus) muss ich mich aber dennoch fragen, wie derart gigantisch man an einer Jury "vorbeifahren" kann, oder was zum Henker die bei der Auswahl geraucht haben. Sei's drum, "Hugo Cabret" ist ein bilderberauschendes, magisches und wohl auch einzigartiges Märchen mit einer wundervollen Hommage an das Kino der Vergangenheit und längst vergessenen Träume und Sehnsüchte, die das Kino der damaligen Zeit noch zu tilgen versuchte und auch bewerkstelligte.