Ein Fahrer fährt durchs dunkle Los Angeles. Minuten vergehen ohne das auch nur ein Wort gesprochen wird. Dazu werden immer wieder die Lichter der Stadt im Auto reflektiert, seien es von Straßen Laternen oder Scheinwerfern. Ein cooler Elektro Song läuft und peitscht nicht nur das Auge, sondern auch die Ohren immer mehr in das Auto hinein. Dann fängt die eigentliche Handlung an, und die ist zweitrangig. "Drive" entpuppt sich als wortkarger, ultra langsam gefilmte nächtliche Odyssee durch Los Angeles, als brutaler Film der eine seltsame Sog Wirkung entfaltet....
Der Driver, der hier nie beim Namen genannt wird, liebt das Fahren und dementsprechend hat er auch verschiedenen Jobs die allesamt nur PS benötigen. KFZ Mechaniker, Stuntman und auch noch Fluchtwagenfahrer, nicht gerade unspektakulär, aber er liebt es eben die Schweißtropfen und das Adrenalin zu fühlen. Der Zuschauer fragt sich gerade in der ersten Hälfte, in der es sehr lange dauert bis so etwas wie eine Story ensteht, was das eigentlich alles soll. Es gibt kaum Dialoge, die Kamera Einstellungen sind manchmal extrem lange auf die Protagonisten gerichtet und doch geschieht im eigentlichen Sinne nichts. Trotzdem schafft es der dänische Regisseur Nicolas Winding-Refn alleine durch Gesten und Gesichter Spannung aufkommen zu lassen. Darauf sollte man sich allerdings einlassen, wer hier einen schnell geschnittenen Action bzw Gangsterfilm sehen will sollte bereits an der ersten Ampel kehrt machen. Für die mutigen die dran bleiben ergibt sich eine einzigartige Mischung aus langen superb gefilmten Bildern, manchmal schon unerträglich überzeichnetet Gewalt und einem Film, der besonders von der Atmosphäre lebt. Dazu gibt es immer wieder ungewöhnliche aber immer passende Elektro Musik, die einen noch mehr hinein ziehen in die Welt des "Drivers".
Die Schauspieler fügen sich allesamt sehr passend in diese Struktur ein. Sie wissen, das sie mehr mit ihrem Gesicht als mit Dialog arbeiten müssen. Carey Mulligan als unerreichbare Love Interrest spielt so etwas wie eine geerdete Ausgabe ihrer Daisy aus "The great Gatsby". Sie will ein anderes Leben, und genau das könnte der Driver ihr bieten, wenngleich es dadurch auch noch mehr aus Fugen gerät. Diese Ambivalenz spiegelt sie permanent in ihren Augen und bringt das sehr gut zur Geltung. Oscar Issac hat eine kleine Rolle aber beweist das er auch abseits von Blockbuster Pfaden und Good Guys wie in "Star Wars überzeugen kann. Er beweist mit rasiertem Kopf und Vollbart das ein wahrer brutaler Drecksack in ihm stecken kann. Bryan Cranston ist wie immer stark und zeigt auch hier als Besitzer der Werkstatt das er auch ohne großes Tamtam in so gut wie jede Rolle passt.Ron Perlman darf mit sichtlich Spielfreude ins Gangster Milieu eintauchen, und Alt Star Albert Brooks hat schon ohne etwas zu tun, eine erdrückende Präsenz. Das Prunkstück ist aber Ryan Gosling als namenloser Driver, der ohne viel Worte einen Adrenalin Junkie spielt, er liebt dieses gefährliche leben, hätte aber auch gerne einfach nur seine Ruhe und eine Familie. Eine seiner besten Rollen.
"Drive" hat eine heftige Sog Wirkung. Winding-Refn gelingt es viel Atmosphäre nur durch Bildgestaltung zu erzeugen und nutzt dabei die Möglichkeiten von Farbfiltern und einfallsreichen Kamera Perspektiven. Er schert sich nicht um Hollywood Konventionen, hat seinen eigenen Rhythmus und nimmt manchmal komplett das Tempo heraus, fast als wollte er den Moment auf einem Gemälde festhalten. Hier übertreibt er es allerdings manchmal, und nimmt dann unerwartet den Flow aus der ohnehin recht dünnen Story. In Sachen Gewalt scheut er ebenso wenig lange drauf zu halten, für zartbesaitete ist der Film wohl eher nichts.Ich finde diese Odyssee erfrischen anders, ein herausragend gutes Action Drama, dem jedoch etwas mehr Tempo gut getan hätte.
Fazit: Drive ist ein brutales, hypnotisches Gemälde eines Einzelgängers, mal hart mal weich, mit einer einzigartigen Bildgestaltung und cooler Musik.