Als Urmel aus dem Eis 2006 in die Kinos kam, spaltete der Animationsfilm die Generationen. Während die Kleinen auf den modernen, temporeichen Urmel ansprangen, erinnerten sich Eltern und Großeltern wehmütig an den charmanten, supersüßen Urmel, der Ende der 1960er Jahre an den Fäden der „Augsburger Puppenkiste“ über die deutschen Fernsehschirme flimmerte. Der Knackpunkt war, dass der Film die altbekannte, klassische Story in einem frischen, der Playstation-Generation huldigenden Gewandt erzählte, er also als eine Art cineastischer Zwitter daher kam. Im Fall des Sequels „Urmel voll in Fahrt“, für das wieder das Regie-Duo Reinhard Klooss und Holger Tappe verantwortlich zeichnet, tritt dieses Problem nun in den Hintergrund. Denn diesmal erinnert mit Ausnahme der Figuren rein gar nichts mehr an die „good old times“. Story, Animationen, Actionszenen und Wortwitz – alles ist vollkommen „up to date“. Nun hat die heutige Kindergeneration endgültig ihren eigenen Urmel, der sich in der Fortsetzung vollends von dem früherer Zeiten losgelöst hat. Manch einer wird wohl auch so weiterhin melancholisch an Wolken aus weißer Watte und Meere aus blauem, knisternden Zellophan zurückdenken, doch sollte man dieses Kapitel besser einfach abhaken und mit dem flippigen Urmel des neuen Millenniums ganz einfach seinen Spaß haben.
Es ist genau ein Jahr her, seitdem das Urmel aus seinem Ei geschlüpft ist. Der erste Geburtstag steht vor der Tür. Haushälterin Wutz hat extra eine leckere Torte gemacht. Aber die ist plötzlich verschwunden, nur ein paar Krümel sind übrig geblieben. Der Tortendieb ist schnell gefunden. Es war das Pandamädchen Babu. Professor Habakuk und die anderen Bewohner der kleinen Vulkaninsel Titiwu wollten Babu Urmel zum Geburtstag schenken, damit der kleine Dino, der letzte seiner Art, sich nicht immer so alleine fühlt. Doch Urmel ist mit seiner neuen kleinen Schwester gar nicht einverstanden. Zum einen geht sie ihm mit ihrer tapsigen Art auf die Nerven. Zum anderen befürchtet er, dass die anderen, nun wo die süße Babu im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, ihn weniger lieb haben würden. Und so nutzt Urmel die Chance, die ihm der zwielichtige Geschäftsmann Barnaby eröffnet. Weil ihm seine geldgebenden Scheichs im Nacken sitzen, braucht Barnaby für seinen riesigen Freizeitpark unbedingt noch einen Dinosaurier als Mega-Attraktion. Als Star des Parks hätte das Urmel die Möglichkeit, konkurrenzlos im Mittelpunkt zu stehen. Doch Barnaby erweist sich als finsterer Schurke. Ein Glück, dass Schuhschnabel Schusch, Pinguin Ping und Waran Wawa sich bereits auf den Weg gemacht haben, um ihren Freund zurückzuholen…
„Urmel voll in Fahrt“ hat drei Standbeine – Actionszenen, Slapstick und Wortwitz. Eine durchgehende Dramaturgie gehört ganz sicher nicht dazu. Dies ist aber verzeihlich, weil es trotzdem immer etwas zu sehen oder zum Lachen gibt. Die mollige Schweinedame Wutz rast nicht einfach nur auf einem Skateboard im Tony-Hawk-Style halsbrecherisch die Abhänge runter, drohend dicht hinter ihr rollt auch noch ein schweres Fass, während sie ganz nebenbei der einen oder anderen fleischfressenden Riesenpflanze ausweicht. Das Konzept ist offensichtlich: Einfach immer Vollgas zu geben, wenn die Handlung droht, sich ein wenig hinzuziehen. Neben der Skateeinlage gibt es so auch noch ein Volleyball-Match mit Zeitlupeneinschüben, in denen sich die Figuren unglaublich oft auf lustige Weise die Köpfe anstoßen, und eine rasante Fahrt in einer gigantischen, allerdings noch nicht ganz fertig gestellten Mega-Achterbahn. Und wenn die Rettungskräfte Schusch, Ping und Wawa mal zu bedächtig über das Meer tuckern, werden sie einfach kurzerhand in Pinocchio-Manier von einem Wal verschluckt. Ob es nun großartig Sinn macht oder nicht – irgendwas passiert immer!
Zu diesem Konzept der „Unterhaltung mit allen Mitteln“ passt auch, dass zumindest die bekannten Namen unter den Sprechern durchweg aus dem Comedy-Metier stammen. Als einzige Ausnahme könnte man TV-Urgestein und „Käpt´n Blaubär“-Stimme Wolfgang Völz (kongenial als mauliger, Arien-schmetternder Seeelefant) nennen, doch auch dieser bewegte sich in den vergangenen Jahren mit Auftritten in Der Wixxer, Hui Buh – Das Schlossgespenst und Rennschwein Rudi Rüssel 2 eher im komischen Fach. Daneben haben auch Anke Engelke (Germanikus) als Wutz, Wigald Boning als Professor Habakuk Tibatong und Oliver Pocher (Vollidiot) als Schusch ihre Rollen aus dem ersten Teil nochmals übernommen. Neu hinzugekommen sind Comedy-Tausendsassa Christoph Maria Herbst (Die Aufschneider, „Stromberg“), der als blasses Schlossgespenst, der schwächsten Figur des Films, jedoch kaum einen Lacher auf seiner Seite hat, und Medienschelter Oliver Kalkofe (Neues vom Wixxer), der mit dem egozentrischen Barnaby einen herrlichen Loser-Bösewicht gibt.
Fazit: „Urmel voll in Fahrt“ – dieser Titel ist Programm! Auch wenn das große Ganze der Handlung arg in den Hintergrund tritt und stattdessen einzelne Sequenzen das Geschehen bestimmen, bietet das Animationssequel doch kurzweilige Highspeed-Unterhaltung.