Trotz unnötiger Startschwierigkeiten eine imposante Verfilmung der ersten Buchhälfte von Frank Herberts Buch!
Endlich ist er da: „Dune“ von Denis Villeneuve. Nach „Blade Runner 2049“, kann der kanadische Regisseur nun auch endlich dieses Franchise mit neuem Glanz erstrahlen lassen. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich Villeneuve in den letzten Jahren gemacht hat. Seit 2013 („Prisoners“ und „Enemy“) ist ihm der internationale Durchbruch gelungen und er liefert immer wieder großartige Werke ab. Er ist einer der wenigen Regisseure mit einer eigenen Stimme, die ihr Ding durchziehen können, ohne großen Einfluss der Studios. Mit „Dune“ wird für viele sicherlich ein Traum wahr. David Lynchs Film von 1984 war nicht nur ein Flop, sondern wurde auch von Kritikern zerrissen. Auch ich war sehr enttäuscht von Lynchs Werk, aber kennt man die Hintergründe, kann man ihm kaum einen Vorwurf machen. Das größte Problem war sicherlich das erste Buch in einen ganzen Film zu packen. Villeneuve hingegen wollte von Anfang an zwei Filme für dieses Mammutwerk und konnte auch genau das durchsetzen. Demzufolge darf man hier keinen abgeschlossenen Film erwarten. Das wird auch gleich beim Titel nochmal deutlich: „Part One“. Mir egal, denn ich wollte unbedingt Villeneuves Version dieser Welt sehen. Ich wollte wissen: „Kann Villeneuve selbst diesen schwierigen Stoff verständlich und mitreißend zugleich umsetzen?“
Es ist das Jahr 10191: Der junge Paul Atreides soll mit seinem Vater und seiner Mutter auf den Wüstenplaneten Arrakis die Gewinnung des höchst wertvollen „Spices“ beobachten. Doch der Imperator und der düstere Baron Harkonnen haben andere Pläne…
Ich will nicht zu viel ins Detail gehen, denn „Dune“ ist alles andere als leichter Stoff. Genau daran scheiterte Lynch damals an einer viel zu kurzen Laufzeit. Dem Zuschauer musste viel erklärt werden und so fehlte letztlich der Bezug zu den Figuren. Villeneuve wollte genau das verhindern. Und durch die Aufteilung in zwei Filme, hat er nun die Möglichkeit sich Zeit zu nehmen. Zeit für die Figuren, Zeit für die Beziehungen zwischen ihnen und Zeit für die imposante Action.
Das geht in meinen Augen sehr gut auf. „Dune“ ist nach wie vor kein simpler Sci-Fi-Fantasy-Blockbuster für zwischendurch und einigen wird das bestimmt auch sauer aufstoßen. „Blade Runner 2049“ war bereits sehr ähnlich mit seiner dichten Atmosphäre und komplexen Figuren. „Dune“ versucht ähnliche Ansätze, ist aber doch ein ganz eigenes Werk. Es gibt deutlich hier nun mehr Action, aber trotzdem muss man sich auf diese besondere Welt einlassen. Ich persönlich konnte mit „Dune“ bisher nicht viel anfangen, aber durch Villeneuves bildgewaltige Interpretation des Stoffes, verspüre ich erstmals ein Interesse an dem Wüstenplaneten. Die Charaktere haben mehr Tiefe, allen voran Paul ist deutlich facettenreicher und spannender. Villeneuve lässt immer wieder das Menschliche in den Figuren durchschimmern, was gerade in einer abstrakten Fantasy-Welt unfassbar wichtig ist.
Und dennoch… Die erste halbe Stunde des Films hat die Probleme, die oftmals auch andere typische Sci-Fi-Werke haben: Es wird zu viel erklärt, zu wenig gezeigt. Figurenbeziehungen werden nur anhand von vagen, bekannten Phrasen erzählt. Das fiel mir vor allem beim zweiten Gucken auf und hat mich fast schon gelangweilt. Sobald die Atreidis-Truppe auf dem Wüstenplaneten landet, beginnt die Story besser zu funktionieren, doch der Start der Geschichte kommt irgendwie einfach nicht um einen Batzen Exposition herum, den man den Zuschauern erst mal vor die Füße setzen muss...
Kommen wir zum beeindruckenden Cast: Timothée Chalamet ist klasse und einer der besten Jungdarsteller unserer Zeit. Dieser Junge wird hoffentlich eine große Karriere vor sich haben. Neben ihm präsentieren sich Oscar Isaac, Rebecca Ferguson, Josh Brolin, Stellan Skarsgård, Javier Bardem und viele weitere Größen. Und Villeneuve nutzt seine Darsteller auch gut und lässt sie nicht nur als Ködermaterial für den Film auflaufen.
Ohne Zweifel lebt „Dune“ wie auch „Blade Runner 2049“ von einer atemberaubenden Atmosphäre. Auch wenn Roger Deakins diesmal nicht an der Kamera beteiligt war, so ist Greig Fraser doch ebenso eine bildstarke Sprache gelungen, die „Dune“ und seiner Welt sehr gerecht wird. Vor allem aber ist es das Design der Welt. Villeneuve wollte (wie auch Lynch vor ihm) ein „Star Wars“ für Erwachsene, aber gleichzeitig eine ganz andere Welt erschaffen. Trotz Story-mäßiger Parallelen zwischen „Dune“ und „Star Wars“ (Auserwählter, Kampf gegen das Böse oder auch den Imperator, übernatürliche Kräfte), schafft Villeneuve einen Kosmos, der sich wie „Blade Runner“ abhebt klassischen Science-Fiction-Fantasy-Werken. Die starken Kostüme und das Design der Raumschiffe machen „Dune“ zu etwas Einzigartigem. Auch die Action ist sehr eindrucksvoll umgesetzt und ein wichtiger Teil der Geschichte. Sowas finde ich immer klasse, wenn die Action nicht einfach nur lauter Krach ist, um zu unterhalten, sondern einen Grund hat. Gleiches gilt für viele andere Dinge, wie etwa das Thema ums „Geben und Nehmen“ im Film. So wird oftmals von einer Figur etwas verlangt, bevor sie was bekommt (hier etwa sind das beispielsweise Körperflüssigkeiten, was erst einmal eklig klingt, aber von Villeneuve und Co wirklich toll in die Geschichte eingebaut wird!). „Dune“ erzählt optisch eine Geschichte und ist gerade im technischen Bereich ein absoluter Erfolg!
Zum Schluss haben wir Hans Zimmer, der diesmal von „Blade Runner 2049“ zurückkehrt und wieder einen großen Anteil daran hat, dass Bild und Musik zu einem Ganzen verschmelzen. Zimmer kann immer noch beeindruckende Klänge erzeugen und daraus starke Soundtracks schaffen. „Dune“ ist ein weiteres Beispiel hierfür. Ungewöhnliche Instrumente und imposante Melodien machen den Score aus und bescherten Zimmer auch den Oscar für die beste Filmmusik.
Fazit: „Dune“ von 2021 ist ein toller erster Teil, dessen Fortsetzung ich neugierig erwarte. Villeneuve ist einer der wenigen in der Filmbranche, die diese Blockbuster mit Anspruch, Niveau und Bombast umsetzen können. „Dune“ ist nicht perfekt und hat bekannte (und in meinen Augen unnötige) Schwächen in seiner Story-Umsetzung, ist aber optisch und musikalisch ein Fest. Völlig zurecht erhielt der Film sechs Oscars in all den technischen Kategorien. Eine starke Umsetzung von Frank Herberts Klassiker.