Sneak-Previews sind eine feine Sache: für ein paar Euro kann man einen Film anschauen und hat Überhaupt keine Ahnung, was einen erwartet. Entsprechend unvoreingenommen und ohne den geringsten Schimmer, ob ich nun in einer Komödie, einem Liebesfilm oder einem Sciencefiction sitze, habe ich mir diese Woche "Orphan" angeschaut. Schon in den ersten Minuten wird klar, eine Komödie wird dies sicher nicht. Eine der Hauptfiguren, die Mutter der Familie, hat Ihr drittes Kind tot geboren und hatte bis vor einem Jahr ein ernsthaftes Alkoholproblem. Gezeichnet von diesen Erlebnissen ist Sie in Psychotherapie und auch die Beziehung zu Ihrem Mann leidet sehr. Sitze ich etwa in einem deutschen 70er-Jahre Problemfilm? Mitnichten! Nachdem die ersten zwanzig, leider etwas ziellos erzählten Minuten Überstanden sind, ist es endlich soweit: Familie Coleman entschließt sich dazu, ein drittes Kind zu adoptieren, quasi als Ersatz für das verstorbene. In einem Weisenhaus fällt Ihnen spontan Esther auf, ein 9jähriges Mädchen, das auf der einen Seite ein Aussenseiter ist, andererseits jedoch hoch intelligent und zugleich sehr sympathisch. Kurzum: Nach wenigen Wochen wird Esther das neue Familienmitglied und zieht bei den Colemans ein. Ich will nicht zuviel vorwegnehmen, aber von da gewinnt der Film wirklich an Fahrt und es entwickelt sich eine derart spannende Geschichte, dass allen Zuschauern im fast ausverkauften Kino der Atem stockte. Die restlichen anderthalb Stunden sitzt man gebannt im Kinosessel und hofft, dass dem bösen Treiben endlich ein Ende gesetzt wird, doch Mal um Mal wird alles noch bedrohlicher und noch spannender. Selbst am Schluss, als nach einer wirklich Überraschenden Aufösung, die obligatorische: "ich bin noch gar nicht tot, sondern steh' wieder auf"-Szene kommt, war's das noch lange nicht. Es entbrennt ein solch intensives Finale, dass im Kino sogar Szenenapplaus gegeben wurde, als das Waisenkind endlich seiner gerechten Strafe zugeführt wird. Fazit: Wer einen packenden Psychothriller sehen möchte, bei dem einem das Blut in den Adern gefriert: Ab ins Kino!