"Anruf für Doktor Schwuchtel!" -
Ja, so ein gutes altes Besäufnis wie in jungen Jahren mit anschließendem Kater und totalem Filmriss hatte schon in einem gewissem (nicht erwachsenem ) Alter stes etwas ziemlich faszinierendes und unheimlich lustiges an sich. Man konnte tun und lassen was man wollte, sich als Mensch, der sich mal ausleben wollte, ab und an mal so richtig schön gehen lassen / über die Strenge schlagen. Diese Umstände machte sich auch Regisseur Todd Phillips in seiner zum Massenphänomen avancierten Komödie "Hangover" nutzbar. Ganz im Zuge bekannter Genreparodien- und "Coming Of Age" Komödien geriet "Hangover" daraufhin beinahe schon zu einer Art vermeintlichem Kult, schaut man aber die hinter aufgezogene, biedere Stammtisch Sketch Parade auf dem Niveau von "Traumschiff Surprise" und Konsorten, sieht es ziemlich schnell richtig dürfig aus im "Hangover" Land.
"Wem gehört denn das Baby?" "Hat´s en Halsband mit Adresse?" -
"Hangover" möchte gerne als das integrativste und populärste Comedy Werk der ersten 2000er Dekade gelten, bleibt dabei aber auf Grund platt getretener und bereits zur Genüge bekannter "Späße" stets in seinem gewollt humoristischem Ansatz und Pfaden des amerikanischem Komödieentwicklungsbrachland der 80er und 90er Jahre stecken. Alan Garners nacktes, dem Zuschauer entgegen gestrecktes Hinterteil beispielsweise offenbart sich als einer der am meist vorgetragenen Scherze innerhalb des gesamten Comedyoeuvres seit "ZAZ, Monthy Python, Frank Drebbin und Konsorten." Man denke nur an die Restaurant Szene in der nackten Kanone 2 1/2 samt auftauchendem Kellner. Und wer runtergelassene Hosen, oft genug aufgetretene, nackte Hinterteile, "huch wie gewagt" Brüste, an denen ein Kind gestillt wird, aus dem Kofferraum springende, prügelnde Chinesen, oftmals versteckten und verklemmten Schwuli Humor (Stichwort "Mein Indiana Jones Handtäschen" für die aktuelle Ü30 Generation, welche als anvisiertes Publikum ja noch mal so richtig mal was wieder zum lachen haben möchte) als auch onanierende Babys lustig und vom Tonfall her "Erwachsen" einstuft, verwechselt mittlerweile wohl zwangsläufig den Begriff "Erwachsen" mit peinlich, pubertär, geschmacklos, platt und blöd. Mit geistreichem Witz / wunderbaren Pointen und gutem Komödienstoff hat "Hangover" ungefähr soviel zu tun wie "American Pie" mit "Harry und Sally", der deutschen Schauspiellandschaft und deren Darstellern wie Heinz Erhardt/ Heinz Rühmann.
"Sie trägt den Holocaust-Ring meiner Großmutter Leute!" "Ich wusste gar nicht, dass die da Ringe verteilt haben!?" -
Ebenso ist Regisseur Todd Philipps noch nicht einmal etwas an einer sich entwickelnden Geisteshaltung der Protagonisten, welche dem Schoß der kommenden Mami entfliehen, um dann mal richtig die Sau herauszulassen und in typischer Biedermeier Manier wieder zu Hause anzudocken, gelegen. Mit Hilfe des Sciptes der Drehbuchabutoren Jon Lucas und Scott Moore degradiert er sie zu funktionalen Abziehbildern und grotesken Parodien von echten Nerds, welche auf Grund ihrer eskapistischen Sauf/Koma - und Gedächtnisriss Touren tatsächlich Herz, Seele, Charme, einen guten Charakter und ein Recht auf ein entsprechendes Eigenleben besitzen. In "Hangover" werden die entsprechenden Protagonisten aber zu nervigen Geeks degradiert, welche sich sogar noch nach Lösung des Rätsels um ihren verschwundenen Saufkumpanen auch weiterhin über seinen Zustand lustig machen dürfen, anstatt ihm beizustehen / zu helfen. Auf echte, zwischenmenschliche Töne, bis auf das (intime) Bekenntnis zu einer unterwegs aufgegabelten Nutte in Las Vegas anstelle der falschen, aufgelesen Frau, verzichtet man in "Hangover" komplett. Es kann einfach nicht funktionieren, alle Beteiligten im letztendlich bestehenden Zustand / im Finale von "Hangover" als Menschen positionieren zu wollen, mit denen man mitfühlen soll, z.B. im Falle Ed Helms als Stu Price, wenn sie vorher zu reißbrettartig entworfenen Knalldeppen mutierten.
"Oh mein Gott, oh mein Gott." "Meine Brille." "Du hättets fast das Baby umgebracht."
"Ist mit meiner Brille alles okey"? "Mit deiner Brille ist alles in Ordnung....., Arschloch..." -
Die vorgegebene Suche nach dem eigenem Freund und zur Lösung des Rätels um den eigenen Filmriss erweist sich im nachhinein als brüchige Fassade, welche nur lediglich dazu konstruiert wurde, um weiterhin dümmliche Möchtegern Späße zum obligatorischen, traditionellen Vatertagsbesäufnis unter den Betrachter zu bringen.
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