Die Basishandlung von ‚The Avengers‘ ist sehr übersichtlich und stellt sicher nicht das große Plus des Films dar: Ein Erzbösewicht, ein Welteroberungsplan und eine Superheldenliga, um diesen zu vereiteln. Der gegebene Rahmen wird allerdings durchaus gekonnt genutzt. Auf der Ebene der charakterlichen Gegenüberstellung und Entwicklung der Protagonisten punktet ‚The Avengers‘, auch wenn manche der Figuren hiervon stärker erfasst sind als andere. Sehr gut gelungen ist die Gegenüberstellung von Steve Rogers (Captain America) und Tony Stark (Ironman). Sie zeigt, dass Superhelden, auch wenn sie in jedem Fall für das Gute kämpfen, nicht gleich gestrickt sein müssen und es interessant sein kann, dieses vorzuführen. Stark gibt den (scheinbar) unreifen Überflieger und Lebemann, der stets geneigt ist, seine Mitstreiter von oben herab zu behandeln und zu übervorteilen. Rogers vertritt dagegen sozusagen ein ernsteres, verantwortungsbewussteres Heroenbild, das seinem Hintergrund als WWII-Zeitzeuge entspricht. Beide werden als starke Charaktere absolut glaubhaft portraitiert und es macht Spaß zu sehen, wie sie zunächst unweigerlich aneinandergeraten, um schließlich doch „Buddys“ zu werden. Vergleichbares ist bei Thor und Bruce Banner (Hulk) nicht auszumachen. Auch hier findet eine vorsichtige Charakterzeichnung statt, mehr aber auch nicht. Abgesehen von den Actionszenen bleiben beide den Film über eher im Hintergrund. Vermutlich wollte man ‚The Avengers‘ hier nicht überfrachten und spart sich ein genaueres Eingehen auf die Ecken und Kanten der beiden Figuren möglicherweise für Fortsetzungen auf. Auch ein gangbarer Weg. Überhaupt scheint man diesbezüglich gewisse Kompromisse für den Film eingegangen zu sein. Eine komplexere und interessantere Handlung wäre unter Ermöglichung der anderen beiden Ziele, Actionszenen mit hohem Wow-Faktor und ein glaubhaftes Teambuilding unter den Hauptfiguren, wohl möglich gewesen, allerdings nicht in der begrenzten Zeitspanne eines einteiligen Films. Für eine solche Umsetzung hatte man sich aber nun mal entschieden.
Soviel zur generellen Einordnung des Films. Was darüber hinaus für die Qualität des Films entscheidend ist, ist die Umsetzung. Negativ ist meiner Ansicht nach zum einen die Dramaturgie. Ein Scheitern der Avengers muss im Grunde zu keinem Zeitpunkt ernstlich befürchtet werden. Auf der Einzelebene muss keiner der Helden einen Schicksalsschlag, Verlust, ein Gefühl von Ohnmacht oder Niederlage durchleben. Alles ist mehr oder weniger Easy Beasy, was der emotionalen Bindung des Zuschauers schlecht tut und auch die Kampfszenen irgendwann langweilig werden lässt. Wäre es hier so schwer gewesen, ein bisschen mehr auf Licht und Schatten zu setzen? Die Kampfszenen ansonsten enttäuschen nicht und lassen das Herz von Genre-Freunden höher schlagen. Im Finale hätten allerdings etwas einfallsreichere Gegner, statt der auf Hooverbikes durch die Luft düsenden, doch sehr humanoiden Aliens nicht schaden können. Ein Plus sind auf jeden Fall die Dialoge bzw. der Humor. Hier merkt man dem Film das Bemühen an, sich von einem Standard-Superheldenverfilmung abzuheben. Statt Phrasendrescherei und billigen Onelinern wurde bei The Avengers erkennbar Wert darauf gelegt, den Figuren Intelligentes, Schlagfertiges und in jedem Fall Passendes in den Mund zu legen. Teilweise finden sich gar zeitkritische Bemerkungen, wie man sie gar nicht erwarten würde, z.B. Captain America mit der Aussage, seit dem 2. Weltkrieg habe man (Amerika) viele Fehler gemacht. Robert Downey Jr. alias Tony Stark wirft in einem fort mit scharfzüngigen Gehässigkeiten und Provokationen um sich, dass beim Zuschauer ein häufiges breites Grinsen nicht ausbleibt. Insgesamt wurde hier, kann man sagen, auf Qualität geachtet.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass ‚The Avengers‘ kein schlechter Film ist. Ein solcher Film schürt auf so vielen Ebenen Erwartungen, dass es eines größeren Kunststücks bedurft hätte, all diese zu erfüllen, zumal die zeitliche Länge nur etwas über dem Durchschitt eines Kinofilms liegt. Dieses leistet ‚The Avengers‘ nicht. Die Handlung ist eher belanglos, die emotionale Tiefe der Figuren bleibt eher seicht. Demgegenüber ist der Coolnessfaktor sicherlich gegeben, die Action stimmt und, was vielleicht der wichtigste Aspekt ist, die Darstellung des Aufeinandertreffens charakterlich unterschiedlicher Protagonisten mit ihren Konflikten, aber auch ihrer Fähigkeit, diese zu überwinden, ist zumindest in Teilen geglückt. Außerdem muss man den Film sicherlich auch perspektivisch nach seiner Tauglichkeit als Grundlage für weitere Avengers-Filme bzw. Spin-Offs der einzelnen Heroen sehen. Hierfür stellt ‚The Avengers‘ wohl eine solide, ausbaufähige Basis dar.