[...]»Sometimes it lasts in love, but sometimes it hurts instead«, weiß Sängerin Adele in ihrem Grammy-Hit Someone Like You, und tatsächlich steht sie auf dem Prüfstand, die Liebe zwischen und zu Burton und Depp. Die so einzigartige Handschrift des Regisseurs mit ihren Verzierungen und Schnörkeln, ihren kräftigen Schwüngen und bewussten Zacken konnte seit Anbruch der 2000er nicht immer den mittelmäßigen („Alice in Wonderland“) bis schlechten („Planet of the Apes“) Film verbergen, den sie vortrug. Die Masche des Stars, sich hinter Schminke und Klamotte zu verbergen und eine exzentrische Figur zu schaffen ist eben kaum noch mehr als das: eine Masche, langweilig auf die Dauer. Burton und Depp, zwei, die bisweilen nur noch Trugbilder ihres eigenen Erbes zitieren und darstellen. Auf „Dark Shadows“ trifft das derart drastisch formuliert erstmal nicht zu. Der ist zu Anfang schlicht klasse, der ist zu Anfang die pure, der Sargesruhe entstiegene Lust am Burton’schen Kino der schaurig-phantastischen Bilder. Der nur kurze nebelumwebte Anblick Liverpools im späten 18. Jahrhundert, das aufblühende Küstenstädtchen Collinsport, eine steil ins Meer hinausragende Klippe, das tragische Ende einer Liebe und der Fluch eines Lebens, das keines mehr ist, ein Begräbnis für einen Toten, der nicht sterben kann, der Zeitsprung um fast zwei Jahrhunderte, eine junge Frau im Zug auf dem Weg nach Collinsport und zu den Opening Credits läuft Nights in White Satin von The Moody Blues. Tim, Johnny, da seid ihr ja wieder![...]
[...]Ganz so toll wie dieser Einstieg bleibt „Dark Shadows“ nicht und im Rückblick bleibt es leider auch der Einstieg selbst nicht, denn der sät die größten Probleme, deren mehr und minder gewichtige Auswüchse der Film schließlich abzuernten hat. „Dark Shadows“ setzt sich aus vielen Subplots zusammen, den größeren dramaturgischen Überbau bildet die Auseinandersetzung mit der immer noch sehr aktiven Angelique Bouchard, die den Kampf um die Geschäftsvormacht so wenig aufgibt, wie jenen um Barnabas‘ Herz. Der Vampir und die Hexe treffen mehrmals aufeinander, balzen um Geld und Liebe, verachten und begehren einander und vögeln auf dem Höhepunkt ein Büro kurz und klein. Eva Green ist heißer als die Feuer der Hölle, in die Barnabas sie hinabwünscht, seine Widerstandsschwäche gegenüber ihrer Verführung also trotz der wahren großen Liebe in Person Josettes/Victorias nur zu verständlich – dennoch fehlt’s hier an einigem. Das Wiedersehen der verruchten Fluchlady und ihres untoten Begehrs ist so unumgänglich, wie es repetitiv arrangiert wird, der Zank der beiden Kreaturen kommt auch nach zweihundert Jahren Denkpause nicht recht vom Fleck und was genau da, abgesehen von der körperlichen Anziehung, vor allem aus ihrer Sicht zwischen den beiden herrscht, hat „Dark Shadows“ zu Anfang nicht sehr umfänglich erklären wollen. Sie steht auf ihn, er will sie nicht und liebt ’ne andere, sie ist sauer und zu seinem Pech eine Hexe und das daraus generierte Hü und Hott, Peitsche geben und Leine lassen ist bis zum Schluss stets das Selbe vom Gleichen.[...]
[...]„Dark Shadows“ kann es nicht mit den besten Burton/Depps aufnehmen, Edward hätte ihn gestutzt, der kopflose Reiter und Sweeney Todd hätten zur gemeinsamen Bluttat angesetzt, um das vampirische Treiben noch ein bißchen brutaler dastehen zu lassen, und Ed Wood würden hier die fliegenden Untertassen, die Zombies, das Angora fehlen. Tolle Momente versammelt der Film trotzdem noch genügend, die meisten ausgehend von Barnabas‘ zahlreichen Aha-Erlebnissen mit dem neuen Zeitgeist und Burtons ungebrochenem visuellen Geschick, das ihn immer irgendwie knapp über der Wasserkante halten wird. Der Soundtrack ist großartig, die Gastauftritte von Christopher Lee und Alice Cooper (Barnabas: »The ugliest woman I’ve ever seen.«) eine nette Dreingabe, das anspielungsreiche 70ies-Setting (im örtlichen Kino läuft „Deliverance“, im Fernsehen klassische „Scooby-Doo“-Folgen,…) insgesamt sehr schön. Wenn die Story nur nicht so unentschlossen-ungenutzt auf der Strecke bleiben würde, entweder den Mut hätte, einige Figuren bloß für’s Sequel aufsparend anwesend sein zu lassen, oder das Ding durchziehen und mit einer halben Stunde mehr Laufzeit alle ein paar weitere Schritte machen ließe. Und wenn nur dieser fürcherliche, FÜRCHTERLICHE Showdown nicht wäre…[...]
komplett: http://christiansfoyer.de/2012/05/11/review-dark-shadows/