Mit einem neuen Halloween-Fest kommt ein neues Jigsaw-Spektakel. Die Geldquelle fließt und droht noch immer nicht zu versiegen.
Das Potential von Darren Lynn Bousman, der mit Glück die Filme "Saw II", "Saw III" und "Saw IV" dirigieren durfte, scheint vollends ausgeschöpft. Nach "Saw IV", der so seine mauen Momente hat, rückt nun der schon seit der ersten Fortsetzung beteiligte David Hackl auf den Regiestuhl, um die Saw-Reihe zu neuen Höchstleistungen aufzuraffen.
Wer hätte gedacht, dass der grandiose Low-Budget-Hit "Saw" auf eine Polizeithriller-Serie mit fiesen Horror- und Splatter-Elementen hinausläuft? Genau das bekommt man nämlich allerspätestens mit Teil 5 geboten. Einen "Saw"-Film gucken ist mittlerweile wie eine heißersehnte neue "Lost" Staffel. Der Ursprung der mysteriösen Ereignisse, die sich zu Beginn zutragen, wird erst viel, viel später enthüllt, und hinterlässt dabei häufig einen schockierten wie begeisterten Zuschauer. Die ersten vier Teile zu kennen ist Pflicht. Hat man seine Hausaufgaben gemacht, ist "Saw V" ein einziges, großes Bonbon für den Fan. Dieser Film funktioniert eben nur, wenn man richtig in der "Saw"-Welt drin ist, dann aber richtig.
Am Rande der Erträglichkeit wird wieder wie zu Anfangszeiten der Reihe gnadenlos an den Nerven gezerrt. Dabei wird man durch wirre Zeitsprünge und Rückbezüge immer wieder aufs Glatteis geführt und gekonnt zum Mitdenken aufgefordert. Wenn man einst auf den Geschmack kam und bis zu Nummer Fünf durchhielt (einen Teil ausgelassen zu haben ist so undenkbar wie dämlich), kann man ja gar kein Saw-Hasser sein. So darf man nur nicht zu viel von dem, was man nicht erklärt bekommt, hinterfragen. Dann wird man bestens unterhalten.
Woher nimmt man um Himmels Willen die immense Zeit, Lust und Ausrüstung, die die ausgeklügelten "Jigsaw"-Fallen erfordern? Eben mit dieser Frage darf man sich nicht beschäftigen, dann ist ein raffinierter und sehr kurzweiliger Thrill garantiert. Und damit ist man auch beim Kritikpunkt. Es ist fast zu schnell vorbei, wirkt irgendwie unausgegoren. Der sechste Teil muss einfach noch sein. Dann können die Produzenten die ausgemelkte Kuh aber bitte auch wirklich begraben und über die erstaunliche Qualität der letzten Tropfen triumphieren. Für manche mag schon "Saw II" zu weit gegangen sein. Doch fairerweise muss man erwähnen: Selten bis nie hält sich eine Horror-Reihe bis zur vierten Fortsetzung so wacker.
Tobin Bell überzeugt lange nach dem Tod seiner Figur in Rückblenden mit seinem zurückhaltenden Spiel als charismatischer Hauptdarsteller. In einem Film wie diesem wundert es nicht, wenn sonst keine wirklich erwähnenswerte Schauspielerleistung dabei ist. Ausfälle gibt es keine; mit dem Spiel der Neuzugänge für diesen Film kann man sich durchaus anfreunden, die Freundschaft ist aber sowieso nur von kurzer Dauer.
Hackl knüpft nahtlos an Teil 4 an und bügelt dabei einige Fehler seines Vorgängers aus. Schon der Verzicht auf Werbung für eine neumodische Rock- oder Metalband im Abspann beweist Stil. Darüber hinaus gelingt es, die blutigen Szenen weniger als Ekel-Show, sondern wieder mehr als aufwühlenden Nervenkitzel einzusetzen. Dies alles läuft auf ein unglaublich böses Ende hin, ohne dass dabei ein besonders überraschender Schlusstwist nötig ist.
"Saw V" übertrifft seinen Vorgänger eindeutig. Denn er lässt den Zuschauer mit der gewohnten Raffinesse des Drehbuchs und der frischeren Inszenierung abwechselnd knobeln und gnadenlos leiden. Was dabei alles weit hergeholt wirkt, lässt sich verzeihen. Handlungslöcher werden gestopft, frisches Blut fließt, die Nerven liegen blank, der neue Aufguss lenkt den Karren weg von der Wand und ist somit absolut gelungene Fan-Kost. Dann mal bis zum nächsten Jahr.