Bereits vor Jahren, als angekündigt wurde, dass die Spider-Man Reihe mit Tobey Maquire solle mit neuem Cast ein Reboot erfahren, war der Aufschrei im Publikum und insbesondere bei den Fans des Spinnenmannes groß. Die Trilogie unter der Regie von Sam Raimi sei so gut, dass sie entweder fortgesetzt oder aber für Jahre beendet werden solle. Außerdem zweifelten die Fans daran, dass es einen besseren Wändekrabbeler als den sehr guten Maquire geben könne. Jetzt ist der neue "The Amazing Spider-Man" in den Kinos zu bewundern und es ist klar: sie haben sich glücklicherweise geirrt.
Tobey Maquire schaffte es in seiner Interpretation auf grandiose Art und Weise seiner Handlungsweise einen Grund zu geben und verlieh seinem Peter Parker eine beachtliche emotionale Tiefe. Dem neue Parker Andrew Garfield jedoch gelingt es diese emotionale Tiefe noch weiter auszuloten und Spider-Man gleichzeitig einen wütenderen, düstereren Anstrich zu verleihen. Zudem meistert er die Aufgabe seinen Charakter eben nicht nur als übermenschlichen Superhelden, sondern auch als verletzlichen, fehlbaren Teenager zu entwickeln. Maquires Versuche in diese Richtung wirkten rückblickend im Vergleich zu Garfields Ausführungen über die Verletzlichtkeit des Helden lediglich weinerlich und wenig glaubwürdig (was jedoch zu großen Teilen am im Vergleich noch viel stärkerem Drehbuch von "The Amazing Spider-Man, welches noch mehr menschelnde Szenen enthält liegt.)
Mit dieser Titelrolle sollte der äußerst talentierte Garfield entgültig in der obersten Liga der Hollywood Darsteller aufgestiegen sein, und wir können uns auf weitere Filme mit ihm freuen.
Auch die Nebenrollen sind in "The Amazing Spider-Man" sehr stark besetzt und gespielt.
Emma Stone spielt ihre Gwen Stacey als (bildhübsche) selbstbewusste junge Frau, die sich um ihren Freund sorgt, ihn auf seinem Weg allerdings unterstützt. Zudem spielt sie selbstverständlich eine große Rolle im finalen Showdown, welcher eine enorme emotionale Schlagkraft entwickelt und bereits Handlungsstränge des 2. Teils der angekündigten Trilogie vorbereitet.
Ihre Rolle ist im Vergleich zur Darstellung von Kirsten Dunst Jahre zuvor zwar rauer, jedoch auch weitaus sympathischer und mit einer engagierteren Darstellung gesegnet.
Auch in "The Amazing Spider-Man" wird wieder einmal klar, dass ein Held ohne guten Gegenspieler nur halb so interessant sein kann. Umso erfreulicher ist es, dass Rhys Ifans als Dr. Curt Connors/ The Lizard eine Glanzvorstellung gibt und dass sein Charakter sogar eine noch größere Falltiefe als Willem Dafoe im Original hat.
Ebenfalls herausragend gelungen ist die Inszenierung von Marc Webb, der es schafft der Entwicklung Spider-Mans nur wenige Jahre nachdem diese bereits von Sam Raimi detailliert geschildert wurde neue Facetten abzugewinnen. Webb inszeniert sowohl die waghalsigen, schnellen Actionpassagen als auch die ruhigen Szenen mit einer im Blockbusterbereich selten gesehenen Intensität. Er ist mit den großartigen Darstellern und dem ganz starken Drehbuch hauptverantwortlich für die emotionale Tiefe und den großartigen Erzählfluß. So gelingt es Webb die in der ersten halben Stunden heitere Atmosphäre innerhalb von wenigen Einstellungen in die benötigte düstere kippen zu lassen, ohne dass dies holperig wirken oder ein Bruch entstehen würde. Beachtlich und richtig ist Webbs Entscheidung, Peter Parker den Menschen die ihm nahe stehen seine zweite Identität begreiflich machen zu lassen. So entsteht anders als in Raimis vorhergehenden Filme kein nerviges hin und her der Marke "Ich möchte meiner Freundin alles sagen - Aber vielleicht verlässt sie mich dann". Einzige Schwäche des ansonsten meisterhaften Filmes sind einige interessante, jedoch nur angerissene Handlungsstränge, die jedoch gleichzeitig Lust auf mehr machen, und den Weg für die Sequels ebnen.
Die Effekte zwischen den Filmen zu vergleichen wäre unfair, deswegen nur soviel: War Sam Raimis "Spider-Man" noch comicartig bunt ist die Atmosphäre in "The Amazing Spider-Man" deutlich dreckiger und realer. Des Weiteren sind die Effekte des neuen Films über jeden Zweifel erhaben, der Lizard sieht wunderbar bedrohlich und dennoch glaubwürdig aus, und die Actionszenen strotzen nur so von unauffälligen, aber gelungen CGI Spielereien. Ebenfalls toll sind die immer wieder vorkommenden kurzen Egosequenzen, die immer zum richtigen Zeitpunkt anfangen und enden.
Fazit: "The Amazing Spider-Man" ist grandioses Blockbuster Kino mit Anspruch, und noch stärker als die bereits sehr guten Spider Man Filme von Sam Raimi.