Bei einer Neuinterpretation zwingt man die Kritikerwelt ja fast zum sofortigen Vergleich. Regiearbeit, Drehbuch, schauspielerische Fähigkeiten, nur um hier mal die Spitzen des Eisbergs zu nennen. Um diesem nun zu Beginn in Sachen Protagonist engegenzuwirken: Andrew Garfields Peter Parker ist nicht unbedingt besser, auch wenn mir seine Darbietung eher zuspricht, nein, sein Wesen ist anders und das weiß das Gesamtprojekt "The Amazing Spiderman" auch zu seinem Vorteil zu nutzen. Marc Webb zieht die Handlung mit lässigerer und etwas düster – realerer Stimmung, aber auch mit dem bekannten Spiderman – Plot geradlinig durch und Szenen, die er mit Spidermans Gegner ein wenig versaut, reißt er mit Spidermans Freundin locker wieder raus.
Insgesamt fällt auf, dass Christopher Nolan das Comic – Franchise mit seinen Batman – Interpretationen doch sehr stärker geprägt hat, als auf den ersten Blick erstmal auffällt. Viele Produzenten zwingen ihren Drehbuchautoren in Sachen Comic schon mehr Reife und Atmosphäre auf. Erst vor ein paar Tagen war "Van Helsing" diesbezüglich im Gespräch. Zur Verteidigung von Webbs Werk sei gesagt, dass der Comic "Amazing Spiderman" andere Akzente wie sein Namensvetter aufweist, was Dinge wie Spinnennetze, Parkers Gene usw. angeht. Trotzdem ist Nolans Ideologie spürbar, und er wird in nächster Zeit interessant zu beobachten sein, inwieweit sich diese Idee fortsetzt. Trotzdem vergisst Marc Webb bei seiner Verfilmung nicht den Geist Spidermans, er setzt sowohl ironische als auch romantische Akzente, die sich so in jedem Punkt von anderen Comics abheben. Peter Parker bleibt eben in allen Belangen ein guter Junge und diese Tatsache bleibt im Film auch nicht unbenannt. Trotzdem sind die Neuerungen auch erfreulich, Peter Parker ist nun deutlich lässiger und setzt bei seinen Auftritten als auch bei seinem Kostüm auf mehr Handarbeit und jugendlichen Charme. Denn auch wenn sein Charakter verbal schonmal danebengreift und man im Kino sitzt, und sich peinlich berührt im Sessel windet, sind das trotzdem nur Folgen seines Alters und zudem sind die meisten Szenen unheimlich passend und wirklich komisch. Hinzu kommt die großartige Liebesgeschichte zwischen Gwen und Peter, die einen eher an eine, dafür aber gute, Highschool Komödie erinnert und man schonmal vergisst, dass man in einem Comic – Blockbuster sitzt. Außerdem kommt dabei einiges an Situationskomik zusammen und bildet schöne und magische Momente in einem Film, in dem die Action dann auch nicht wirklich zu kurz kommt. In Puncto Action werden nämlich mal wirklich neue Facetten aufgegriffen. Spidermans Bewegungen waren noch nie so spektakulär und gewitzt, und vor allem sein Gleiten durch die Lüfte wird diesmal mit purem Realismus bewältigt. Wenn sich in einer der Endszenen dann die Kräne drehen und nur so Spidermans Fortbewegung durch die Luft gewährleisten, ist das zudem ein satirischer Seitenhieb auf die Vorgängerfilme. Spidermans Gegenspieler, der Lizard, erweist sich in den Kampfeinlagen als hervorragende Alternative, aufgrund seiner Kraft, aber doch eher ungelenkeren und langsameren Bewegungen, werden einige nette Kämpfe zum Besten gegeben, garniert mit Stan Lees wohl bestem Cameo – Auftritt. Curt Conners als menschlicher Gegenspieler ist zwar bis zum Ende interssant und natürlich durch Rhys Ifans auch gelungen verkörpert, weiß in seiner Verwandlung aber zu wenig Neues zu bieten. Trotz der ansprechenden Effekte, Spidermans Ich – Perspektive ist zwar selten aber klasse, ist die CGI – Maske Lizards nicht immer ein Erfolg. Dazu kommen ärgerlicherweise einige Parallelen, die zwar nötig aber doch vielleicht auch ein wenig anders übernommen hätten werden können. Ben Parkers Tod ist auch für den Zuschauer ein leidlicher Anblick, vor allem in inszenatorischer Art, und Lizards Gasbomben und Schizophrenie sind nicht nur wegen der Farbe grün schon aus dem ersten Spiderman - Film allzu bekannt.
Die Darsteller sind allesamt stark und man muss schon mit der Lupe suchen, um Sand im Getriebe zu finden. Garfield ist wie schon erwähnt weitaus cooler, hat aber auch die bekannte Tolpatschigkeit, die Peter Parker nunmal ausmacht. Emma Stone spielt unheimlich glaubhaft und mit den situationspassenden Kommentaren, die sie schon in diversen Highschool Filmchen so beliebt gemacht hat. Sie zeigt aber auch, dass sie zu noch höherem berufen wäre, wenn sie wollte. Rhys Ifans ist wie erwähnt interessant und zeigt auch in der "After – Credit Scene", dass mit ihm wohl auch in Zukunft noch zu rechnen ist. Dennis Leary erweist sich durch seine eiskalte Art und seine sarkastischen Untertöne als regelrechter Szenedieb.
Fazit: "The Amazing Spiderman" weiß trotz 3 "Vorgängerfilmen" mit viel Dramatik, Action und neuer Liebe da zu punkten, wo man es nicht zwingend erwartet hätte. Webb gelingt es mit dem Duo Stone und Garfield neue Akzente zu setzen und nach Abschluss und typischer Marvel – Abspann Szene sehnt man sich schon nach einer Fortsetzung, die skripttechnisch kommen MUSS.