Ich mochte schon immer die Krimis um den Meisterdetektiven, habe früher auch etliche Original-Geschichten gelesen. Umso gespannter war ich auf die aktuelle Verfilmung. Der Trailer hatte es allerdings geschafft, meine freudige Erwartung fast gänzlich zu zerstören, da er suggeriert, es handele sich um einen reinen Actionfilm.
Doch Gott sei Dank spiegeln Trailer nicht immer den zugehörigen Film wider. Denn der ist wirklich gelungen.
Das London um die Jahrhundertwerte (19./20.) ist aufwendig und detailgetreu in atmosphärischen Bildern eingefangen. Kostüme, Kutschen, Möbel, Gebäude, Hafen, Industrieanlagen – hier taucht man wirklich in eine andere Zeit ein.
Dafür, dass es sich um eine neu ausgedachte Story handelt, ist das Drehbuch wirklich stimmig und schlägt einen guten Spannungsbogen. Hier und da wird es manchmal etwas zu verworren oder auch unrealistisch, aber irgendwie passt das ja auch zum Geist des Protagonisten.
Robert Downey jr. ist die Idealbesetzung für die Hauptrolle. Exzentrisch, intelligent, eloquent, sarkastisch, überheblich, lasterhaft und ein wenig wahnsinnig und depressiv. Diese teils neu geformten Charaktereigenschaften von Sherlock Holmes bringt er hervorragend rüber und schafft es sogar noch, dabei Sympathieträger zu sein.
Jude Law als Dr. Watson ergänzt sich gut als bodenständigerer Gegenpol. Und Rachel McAdams gibt als Irene Adler – eine Mischung aus Freundin, Gegenspielerin und Affäre von Holmes – ebenfalls eine starke Figur ab. Neben Robert Downey jr. sicher keine einfache Aufgabe.
Von Actionszenen gibt es zwar eine Menge, dank der oftmals hervorragend gelungenen Inszenierung machen diese aber ausnahmsweise Spaß. Allein schon die gewählten Settings sind außergewöhnlich. Höhepunkte sind für mich eine Explosions-Szene in Zeitlupe und der Showdown auf der sich im Bau befindenden Tower Bridge.
Obwohl ich normalerweise kein Fan von Hans Zimmer bin, hat er hier einen absolut stimmigen Soundtrack geschaffen, was schon gleich in der Eröffnungssequenz deutlich wird. Die stark folkloristisch angehauchte Instrumentierung mit Banjo, Klavier, Violine und Ziehharmonika passt sowohl zu Setting und Story als auch zum Geist des Protagonisten. Darüber hinaus umrahmen die Kompositionen auch gut dessen Improvisationen auf der Geige.
Kleine Schwächen gibt es dennoch. Obwohl die Actionszenen wie gesagt sehr gut in Szene gesetzt sind, hätte die Dosierung etwas spärlicher ausfallen können. In dem Zusammenhang stört es auch, dass Holmes und Watson nicht nur übermäßig intelligente Zeitgenossen sind, sondern auch Kampfmaschinen in körperlich bester Verfassung.
Als ob es nicht schon reicht, dass Holmes wissenschaftlich und musikalisch absolut begabt ist, er muss auch noch den perfekten Nahkämpfer abgeben. Das mag zwar auch in der literarischen Vorlage erwähnt werden, wird aber doch ein wenig übertrieben. Und Watson streckt auch gern mal drei Schläger gleichzeitig nieder. Selbst Irene Adler gibt neben ihrem Scharfsinn in Schlägereien eine erstaunlich gute Figur an. Nur ein über zwei Meter großes Kraftpaket mit Vorschlaghammer zeigt den Protagonisten einmal Grenzen auf.
Das gibt einem das Gefühl, man hat es mit Übermenschen zu tun und geht auf Kosten von Realismus.
Wie oben schon erwähnt, wirkt die Story hier und da mal ein wenig an den Haaren herbeigezogen.
Und obwohl die Autoren mit Lord Blackwood einen durch scheinbar übernatürliche Fähigkeiten unbesiegbaren und übermächtigen Charakter geschaffen haben, bleibt er im Film erstaunlich blass. Klar ist es auch schwer, gegen Robert Downey jr. anzuspielen, doch ein bisschen mehr gegruselt hätte ich mich vor dem von Mark Strong verkörperten Charakter schon gerne.
Fazit: Stimmiges und sehr unterhaltsames Popcornkino und einem hervorragenden Hauptdarsteller und wenigen Schwächen.