In der großen Drama-Konkurrenz, bestehend aus "Benjamin Button", "Zeiten des Aufruhrs" und Co ist die grandiose Inszenierung einer wahren Geschichte von Clint Eastwood, "Der fremde Sohn", leider ein wenig untergegangen. Das ist mehr als schade, denn dass Eastwoods neuester Regie-Streich ein wirkliches Highlight des Kino-Frühjahres ist, lässt sich keinesfalls bestreiten. Die Geschichte, die sich in mehrere Handlungsstränge einteilt und trotz ihrer Überlänge nicht eine Minute langweilt, gewinnt dadurch, dass sie auf wahren Begebenheiten beruht, noch mehr an Intensität. Neben der Haupthandlung um Christine Collins, die auf der Suche nach ihrem Sohn gegen die Polizei vorgeht, wird nämlich auch der Weg des Pfarrers, der versucht, die Polizeiaktivitäten zu durchschauen, sowie die Story eines verrückten Massenmörders verfolgt, die am Ende alle auf überraschende und überaus geniale Weise zusammengeführt werden. Dabei spielt auch der Look eine wichtige Rolle: Die Arbeit mit der Kamera ist hervorragend, jedes Bild und jede Szenerie ist perfekt aufeinander abgewogen und sehr gut ausgewählt. Auch die Kostüme, Sets und Make Up ermöglichen eine tolle Atmosphäre und einen sehr guten Einstieg in die Welt Amerikas der 20er Jahre. Einzig die musikalische hält sich vornehm zurück und fällt kaum auf. So ergibt sich ein letzten Endes tolles Gesamtbild, auch wenn die Handlung doch das wichtigste ist und den tollen Bildern einen Schritt voraus ist: Und ein größeres Lob, als dass in mächtigen 142 Minuten nicht einmal der Hauch von Langeweile auftritt, kann man einem heutigen Kinofilm oftmals kaum noch machen. Neben der packenden Geschichte ist jedoch die herausragende Besetzung der größte Pluspunkt des Filmes. Es tauchen sehr viele verschiedene Charaktere in der Handlung auf, doch bis in die kleinsten Nebenrollen sind sämtliche Figuren perfekt besetzt. An erster Stelle natürlich die großartige Angelina Jolie, die eine erneute Oscar-Nominierung für ihre Darstellung abstauben durfte. Ihre Leistung ist einfach grandios und entzieht sich jedem Vergleich, sie bringt sehr viel emotionale Tiefe und eine tolle Präsenz an den Tag, die ihre Figur nach anfänglicher Kälte schnell zur Sympathieträgerin machen wird. John Malkovich als gutherziger Pfarrer beweist erneut, dass er einer der ganz Großen in Hollywood ist und auch wenn seine Rolle nicht allzu groß auffällt kann er auch ohne große Mühen die Szenen, in denen er auftritt, fast im Alleingang beherrschen. Jeffrey Donovan als kalter und fieser Polizei-Captain Jones bringt ebenfalls eine hervorragende Performance. Der ansonsten eher auf Nebenrollen beschränkte Schauspieler kann sich hier vollends entfalten und es macht einfach einen großen Spaß, den Kerl zu hassen. Weitere Rollen fallen zwar ebenfalls stellenweise sehr klein aus, allerdings haben sie alle irgendwo ihren Reiz und kaum eine Figur gerät schnell in Vergessenheit. Der gutmütige Polizist, der starke Richter, der fiese Oberarzt der Psychatrie, der verrückte Massenmörder, der noch sehr wichtig für die Geschichte ist oder natürlich auch Christine Collins falscher Sohn: Trotz oftmals wenig Leinwandzeit stechen sie allesamt auf eigene Art hervor und machen so klar, wie eine perfekte Besetzung in Hollywood aussehen muss!
Fazit: "Der fremde Sohn" zählt bereits jetzt zu den Highlights des Kinojahres 2009. Die Geschichte reißt mit, schockiert durch ihre Offenheit und berührt stellenweise zutiefst, was auch der 1A-Besetzung zu danken ist, bei der auch jede kleinste Nebenrolle noch perfekt belegt ist. Zusammen mit dem wunderbar atmosphärischen Look ergibt sich eines der tollsten und packendsten Dramen der letzten Zeit, welches man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!