"Man of Steel" ist der nunmehr langerwartete Film des Regisseurs Zack Snyder (300, Watchmen!). Die Erwartungen waren unfassbar hoch, nachdem bekannt wurde, dass Christopher Nolan (Batman-Trilogie, Memento, Inception) produziert und zusätzlich an der Story beteiligt war.
Der Film erzählt die Origin-Story des Mannes aus Stahl und lässt ihn sogleich gegen einen seiner bekanntesten Widersacher „General Zod“ („KNEEL BEFORE ZOD!“) antreten. Dabei bleiben die Drehbuchschreiber grundsätzlich der originalen Herkunftsgeschichte treu. Ungewöhnlich kommt bereits der Anfang daher, der dem Zuschauer einen nicht uninteressanten Blick auf den Herkunftsplaneten Krypton gewährt. Dieser bleibt jedoch keine geschuldete Zweckmäßigkeit, sondern wird mit überraschender Sorgfältigkeit ausgestaltet. Mit viel Liebe zum Detail haucht Zack Snyder der Fantasywelt auf dem Planeten Krypton Leben ein.
Danach springt die Handlung zum nunmehr erwachsenen Clark Kent auf der Erde, wo er auf einer Farm in Kansas von seinen Pflegeeltern aufgezogen wird. Die Kindheit und das Jugendalter von Clark Kent wird in Form von Rückblenden erzählt. Im Gedächtnis bleibt dabei vor allem eine Szene in der Schule, bei dem insbesondere Diane Lane (Unfaithful, The Perfect Storm) als Clarks Mutter schauspielerisch überzeugen kann.
Die erste Hälfte des Films bildet den emotionale Kern der Handlung. Die verletzliche, nachdenkliche und verirrte Seele, die Superman/Kal El eingehaucht wird, macht ihn natürlich erst emotional interessant. Wenn auch nicht perfekt, schafft es der Film Superman zu charakterisieren und gibt ihm Menschlichkeit. So wird zumindest in Ansätzen die schwere Aufgabe gemeistert den gottesgleichen Hauptcharakter nahbar und charakterlich interessant zu machen. Da es immer die Schwächen Supermans waren, die die Geschichten letztlich interessant machten, spricht dies sehr für den Film. Schön auch, dass der Film nicht auf die „Generalausrede“ Kryptonit zurückgreifen muss, um den Zuschauer mit bei Laune zu halten.
In der zweiten Hälfte des Films scheint es beinahe so als würde man die eigentlich fundierten Charaktere für reine Schauwerte in einer Materialschlacht verpulvern. Snyder macht deutlich, dass es sich um einen SUPERMAN-FILM handelt und legt die halbe Stadt in Schutt und Asche.
Auf dem Weg zum letzten großen Finale erlauben sich glücklicherweise insbesondere die Storywriter einige gelungene Kniffe. So ist die Motivation des Bösewichts Zod nahezu jederzeit nachvollziehbar und auch wenn Zod wenig aktiv charakterisiert wird, bleibt er dennoch kein oberflächlicher Charakter. Beim genauen Hinsehen gleichen sich Zods und Supermans Motive derart, dass Superman so strahlend gar nicht mehr ausschaut. Den Klimax findet diese Vergleichbarkeit im etwas fragwürdigen Finale. Superman beschränkt sich doch eher auf Zerstörung als auf Rettung. Dies ist natürlich ein interessanter, weil menschlicher, Twist. Jedoch widerspricht das der Comicvorlage und es bleibt fragwürdig, ob Zack Snyder diesen Eindruck tatsächlich vermitteln wollte.
Man of Steel ist eindrucksvoll besetzt. Russel Crowe (Gladiator, The Insider, L.A. Confidential) mimt Supermans „Spacedaddy“ mit gewohnter Qualität. Die Schauspiellegende Kevin Costner (Dances With Wolves) übernimmt den Part des Jonathan Kent, Supermans „Earthdaddy“. Dieser entwickelt sich nicht zu Unrecht zum emotionalen Zentrum des Films. Lois Lane, gespielt von Amy Adams (The Fighter, The Master), wird hier lediglich eingeführt, aber lässt durchaus Potenzial für Fortsetzungen erkennen. Als Glücksgriff erweist sich darüber hinaus Michael Shannon (Bug, Take Shelter). Er schafft es trotz geringer Redeanteile viel aus dem Charakter von General Zod herauszuholen. Antje Traue (Pandorum), als Zod‘s rechte Hand, gibt eine tiefkalte Performance, die aber durchaus im Gedächtnis bleibt. Henry Cavill (Immortals) macht als Kal-El/Superman eine gute Figur und hat einige starke Szenen.
Der Score von Hans Zimmer (The Last Samurai, Gladiator, Inception) ist nicht einzigartig, aber trotzdem pompös, sehr markant und immer angemessen. Wie auch schon in „The Dark Knight Rises“ setzt Herr Zimmer erneut auf simple rohe Rythmen, was einigen Szenen die passende Unruhe verleiht.
Optisch zeigt sich Man of Steel von seiner Schokoladenseite. Der Kampf um das Schicksal der Erde wird von Amir Mokri (Lord of War) in bombastischen Bildern festgehalten. Trotz anfangs leicht störender „Shaky-Cam“ bleiben die Bilder stets klar und selbst in den zuweilen hektischen Kämpfen immer nachvollziehbar.
Was bleibt also abschließend zu sagen? Die erste Hälfte des Films bietet sehr viel Interessantes und funktioniert gut. Die zweite Hälfte verliert sich in einer zuweilen zähen und langwierigen Materialschlacht. Eine längere Szene
(in der Superman eines von zwei außerirdischen Schiffen „bekämpfen“ muss und die "Tentakeln" versuchen ihn daran zu hindern)
ist beispielsweise etwas zu viel des Guten und so schlicht obsolet. Insgesamt wäre hier weniger mehr gewesen (Stichwort: Cut your Darlings!). Der gefühlt bedeutungsschwangere Anfang und die großen Worten von Jonathan Kent und Jor-El sind bei der nahezu explodierenden Leinwand leider schnell vergessen. Unterstrichen wird, dass dadurch, dass der Film letztlich nicht weiß wohin er den Zuschauer moralisch führen möchte (Anleihen zu aktuellen Themen wie Terrorismus und in dem Zusammenhang das ethische Dilemme des rechtfertigenden Notstands werden letztlich unbefriedigend abgehandelt). Hier lautet meine Empfehlung einfach die Fahrt zu genießen und so wenig wie möglich zu hinterfragen. Dem hält „Man of Steel“ nämlich nicht stand und das muss er auch nicht.
Auch wenn das Level von „Batman Begins“ nicht erreicht wird (diesen Vergleich muss sich „Man of Steel“ gefallen lassen), wird man über weite Strecken sehr gut unterhalten. „Man of Steel“ ist ein gelungener Comic-Actioner, kommt über seine Comic-Herkunft aber selten hinaus. Das ist natürlich nicht notwendig schlecht. Ich gebe dem Film daher 8 von 10 Schmalzlocken.
P.S.: Wer sich die im Film vorkommenden Satelliten und Werbebanner näher anschaut, der wird die eine oder andere interessante kleine Entdeckung machen.
"Man Of Steel" Gewinnspiel