Auf dem Höhepunkt der Zerstörung -
Kraftvolle Bilder, gehüllt in ästhetischer, poetischer Ruhe, Voice Over, resümierend über die Probleme der Findung des Selbst, die Suche nach der Identität und die Verantwortung, die mit großer Kraft und entsprechender Macht einhergeht. Unterlegt mit dem legendären Lament zu Ehren Gandalfs aus dem legendären Soundtrack Howard Shores zum Fantasy-Epos 'The Lord of the Rings' von Peter Jackson. So präsentierten sich im vergangenen Jahr die ersten Teaser zum Superman-Reboot 'Man of Steel'. Es sind Rudimente, melancholische Überbleibsel einer vielversprechenden Richtung, in die der Film, der den Auftakt einer neuen mehrteiligen Reihe darstellt, hätte gehen können. Doch es kam anders. Bitter. -
Dabei ließ die kreative Ausgangslage aufhorchen und hoffen. Mit Zack Snyder nahm sich ein ebenso kontrovers diskutierter wie eigensinniger Regisseur einen der berühmtesten Superhelden des Planeten an. Snyder ist ein Ästhet, der vor allem mit dem Film 'Watchmen', der gleichnamigen Verfilmung der beliebten Graphic Novel um Helden, die keine sind, bewies, dass er inhaltlichen, ausdrucksstarken Anspruch mit einer virtuosen Inszenierung zu verschmelzen weiß. Sein Bilderrausch ließ tief in die Abgründe menschlichen Daseins blicken, zeigte ekstatische Dionysien der Gewalt und eine Gesellschaft, die ihre verrotteten, starken Wurzeln längst im Nihilismus geschlagen hat. Obgleich Nachfolgeprojekte, wie 'Sucker Punch' (2011), äußerst zwiespältig aufgenommen wurden, fand sich dennoch sein eigensinniger Blick fürs Ästhetische wieder. -
Der zweite große Name im Gespann lautet Christopher Nolan, der hier als Produzent und Autor in Erscheinung trat. Auch wenn seine wahrhaft großen Meisterwerke, wie dem clever konstruierten Thriller-Drama 'Memento' (2000) und 'Prestige' (2006), einem verschachteltem Mystery-Thriller, schon eine Weile zurückliegen, schuf er mit der 'The Dark Knight'-Trilogie einen regelrecht neuentflammten Batman-Kult, wobei insbesondere der Mittelteil, zugleich Namensgeber des cineastischen Trios, als herausragender Vertreter gilt. Nach dem weltweiten Erfolg galt Nolan lange Zeit als Hollywoods Liebling, kaum ein Tag verging ohne Neuigkeiten, wobei die Presse hier nicht die Gerüchteküche zum Brodeln brachte, sondern einen Supervulkan Feuer spucken ließ. Mit dem Heist-Thriller 'Inception' verstärkte der Brite seinen Kultstatus nochmals immens. -
Die Vorzeichen standen also auf eine Neuausrichtung, die Lust machte. Lust auf einen Helden, der nicht Held und doch Held ist. Einer Figur, die mit ihrer Umwelt und sich selbst hadert. Fort von gelacktem, eindimensionalem Kitsch, hin zur ambivalenten Komplexität.
Doch was blieb?
Zerstörung. -
Letztlich reiht sich der Film nur in eine Reihe anspruchsloser, belangloser Blockbuster ein, die sich der kühlen Maschinerie des Business unterworfen haben. Beginnt der Film, nach der krachend-dröhnenen Auftaktsequenz, noch vergleichsweise ruhig, zeigt einen Clark Kent (Henry Cavill), der umherstreift und seinen Platz in der Welt noch nicht gefunden hat, knallt es bald im Dauerstakkato. General Zod (Michael Shannon), wie Kent respektive Superman vom Planeten Krypton, traumatisiert vom Untergang selbigen, bedroht die Erde, auf der Kent seine neue Heimat, zumindest vorerst, durch die Hilfe seiner Zieheltern Martha (Diane Lane) und Jonathan (Kevin Costner) gefunden hat. Es wird geworfen und geflogen, durch Gebäude, Vororte, selbst Großstädte. Das Budget jenseits der 200 Millionen Dollar wurde von einem CGI-Gewitter zerdonnert, das dem Film jegliche Einzigartigkeit nimmt und zuweilen an Überschrott a la 'Transformers' erinnert. Ohnehin wirkt der Film wie ein großes Trümmerfest, ein Polterabend urbanen Ausmaßes. Offenbar sollte möglichst viel zu Bruch gehen. Hier ist die Action nicht wohldosiert, sondern irgendwann omnipräsent, wodurch dem Werk jeglicher Verve abhanden kommt. Die Bilder zerfallen in einzige Effektergüsse, die auch Snyders Handschrift vollkommen verwischen. Sein erhabener Sinn für Ästhetik wird verschluckt im Nichts der Anbiederung. Der Anbierung an den Mainstream, dem Kniefall vor selbigem und scheint sich somit, aus Solidarität wohlmöglich, in eine ebensolche Identitätskrise verloren zu haben, wie Clark Kent. -
Garniert wird die überaus versalzene Brühe mit Logiklöchern, die, nennen wir es: interessanter, Natur sind. So zerballert die U.S. Army, natürlich wieder als kurzsichtigster Weltwächter dargestellt, kurzerhand einen ganzen Vorort, in welchem sich Superman mit einigen seiner Schergen einen der zahlreichen Schlagabtäusche liefert. Wohlgemerkt, während sämtliche Einwohner noch zugegen sind, nur um, nachdem der Stahlmann ihnen ein ums andere Mal das Leben und ihre teure Ausrüstung gerettet hat, endlich, nach komplexen Überlegungen, festzustellen, dass dieser Mann nicht ihr Feind sei. Bravo. Ein gewisses Kopfschütteln vermag auch die pseudo-romantische Liebesgeschichte hervorzurufen, die sich zwischen der toughen Daily Planet-Reporterin Lois Lane (Amy Adams) und Clark Kent anbandelt. Ohne den Hauch einer kohärenten Charakterentwicklung kommt es unweigerlich zu dem, was kommen musste, am Ende, natürlich. Kitsch. -
Wie man sagt, hätten alle Medaillen zwei Seiten. Nun, zumindest lässt sich am Rande jener ein kleines Funkeln, hie und da, ausmachen. Nämlich immer dann, wenn der Film in seichte, ruhige Fahrwasser gerät. Hier inszenierte Snyder elegische, ausdrucksstarke Bilder, die bedeutsamer und intensiverer Beschaffenheit sind, als der große computergenerierte Digitalhaufen. Häufig finden diese Szenen in Flashbacks statt, zeigen Kent und sein Zurechtkommen in seinem terrestrischen Zuhause, in dem er sich, trotz liebervoller Fürsorge seiner Zieheltern, fremd fühlt. Die Kamera hält hier nicht auf Dauerzerstörung, sondern streift ihre Linse auf Filmmetaphorik, die weit mehr an Strahlkraft aussendet, als einer der unzählig zu Metallbrühe verarbeiteten Wolkenkratzer. -
Diese Augenblicke sind es auch, in denen die Darsteller ein wenig Luft zum Atmen bekommen. Zwar vermag Hauptdarsteller Henry Cavill, der sich bereits für selbige Rolle in Bryan Singer's 'Superman Returns' bewarb, keine allzu großen Akzente zu setzen, doch fehlbesetzt erscheint er nicht. Vielmehr ist sein Spiel solider Art, ohne allzu sehr hervorzuragen. Gewiss wäre mit einer stärkeren Akzentuierung aufs Persönliche und einer Reflektion der Umstände als solche mehr drin gewesen. Während Cavill sich also irgendwie durch den Lärm manövriert, haben es da andere Darsteller schon deutlich schwerer. Amy Adams, die zuletzt in Paul Thomas Anderson's 'The Master' ihre ohne Zweifel vorhandenen Qualitäten darstellte, spielt wie von Lethargie ergriffen. Sie vermag ihrer Figur der Lois Lane keinerlei Farbe zu geben und erscheint lediglich als der gescheiterte Versuch, dem Ganzen eine romantische Note aufzwingen zu wollen. Michael Shannon ('Boardwalk Empire') als General Zod und Russell Crowe ('Les Miserables') in der Rolle von Kents leiblichem Vater Jor-El wissen dagegen schon mehr hervorzustechen, wenngleich auch hier nur ein Bruchteil des Potenzials genutzt wurde. Sie füllen ihre Figuren aufs Minimum aus. Deutlich intensiver tun sich da schon Diane Lane ('Cinema Verite') und Kevin Costner ('Hatfields & McCoys') hervor. Sie verleihen in ihrer elterlichen Ziehrolle dem Geschehen eine gewisse Bodenständigkeit und Nähe, lassen ein wenig Menschlichkeit zwischen dem tosendem CGI-Sturme zu. Hier hat der Film seine besten Momente, die leider viel zu schnell dem üblichen Einheitsbrei weichen mussten. -
Fazit: Zack Snyder verliert sich zu Gunsten der kühlen Geldmaschinerie in ein Effektgewitter, das weniger an eine innovative Neuausrichtung einer der populärsten Superhelden erinnert als vielmehr an einen Kniefall vor dem Mainstream, vor seelenlosem Blockbuster-Gekrache. Statt seinem Helden mehr Raum zur Entfaltung zu geben, lässt er diesen lieber durch eine Achterbahn der Zerstörung sausen, die jede Form von Einzigartigkeit vermissen lässt und sich, trotz einiger, ruhiger, schön gefilmter und eindringlicher Momente irgendwann vollends entindividualisiert wiederfindet. Wie Clark Kent, scheint auch Snyder derzeit auf der Suche nach sich selbst zu sein, ohne sich in diesem Film (wieder-)gefunden zu haben. -
''Man of Steel'' Gewinnspiel