Die vergangenen Marvel-Verfilmungen haben das Superhelden Herz durchaus verwöhnt. 5 verschiedene Comicverfilmungen, die dann in einem epischen Finale gipfelten. Nicht alle waren durchweg gute Filme, aber immerhin waren sie solide. Über 1 Mrd. konnte man mit „The Avengers“ im weltweiten Box-office erzielen und deshalb dachte man sich wohl bei DC was Marvel kann, können wir schon lange. Kurzerhand kündigte man mit der geplanten „Justice League“ Verfilmung ein ähnliches Projekt an. Spiderman, Iron Man und Hulk. Diese Marvelhelden sind immer für gute Einspielergebnisse zu haben. DC wiederrum hat mit Batman, Superman und Green-Lantern ebenfalls gute Eisen im Feuer. Trotz einiger herber Rückschläge („Green Lantern“, „The Amazing Spiderman“) klingeln immer ordentlich die Kassen. Christopher Nolan hat, wie kaum jemand bestreiten kann, mit der im letzten Jahr abgeschlossenen Dark Knight Trilogie etwas wirklich Großes erschaffen und einen soliden Grundstein für das DC Multiversum gelegt. Ein Superheld mit Ecken und Kanten, komplexe Charaktere und ein beeindruckender Einzug von Realität in eine sonst so comichafte Welt. Kein Wunder also das Nolan als Produzent und Ratgeber für das Superman Reboot zur Verfügung stand. Wenn man die Messlatte einmal so hoch gelegt hat, muss man damit rechnen auch an eben dieser gemessen zu werden. Ein direkter Vergleich zwischen Bruce Wayne und Clark Kent liegt also nahe. Die ersten Trailer versprachen das, was sich die Fans erhofft hatten: Nolans filmästhetischer Einfluss war spürbar und allgegenwärtig. Ein Superheld mit schwieriger Kindheit, mit Tiefgang. Nicht umsonst war der 2. Trailer einer der Besten der jemals auf die Leinwand gezaubert wurde.
Wenn man sich den fertigen Film nun ansieht, ist der Nolan’sche Einfluss auch weiterhin bemerkbar. Teils ungewöhnliche Einstellungen und ein Ansatz von vielschichtiger Handlung sind nur einige Merkmale. Leider ist es eben kein richtiger Christopher Nolan Film und am Ende sitzt da jemand auf dem Regiestuhl, den ich eher in Richtung Michael Bay verorten würde. Zack Snyder hat mit „Watchmen“ zwar schon sein Talent unter Beweis gestellt, doch „Man of Steel“ ist davon noch Meilen weit entfernt.
Trotz Laufzeit von über 2 Stunden wirkt der Film eher wie eine Kurzzusammenfassung zu Beginn einer neuen Serienstaffel. Man springt in einem unmenschlichen Tempo von einem Thema zum Nächsten und setzt Akzente an den falschen Stellen. Der im Trailer versprochene Tiefgang kann so niemals aufkommen. Hat man sich einmal an eine Zeit gewöhnt und es keimt zum ersten Mal so etwas wie charakterliche Entwicklung auf, springt man schon zur nächsten Zeitebene und lässt die Figuren so viel zu oberflächlich und blass. Das was Snyder zu erzählen hat passt locker in eine ganze Serienstaffel bzw. in mehrere einzelne Filme. Denkt man an „Batman Begins“ zurück, so hat Christopher Nolan dieses Problem perfekt gelöst. Er hat für den komplexen Charakter Bruce Wayne viel mehr Zeit zur Entwicklung gelassen und dadurch wirkt es viel stimmiger und ergibt am Ende eben ein großes Ganzes. Aufgrund des bisherigen Erfolgs des Films ist ein Sequel bereits in Planung und ich frage mich, was soll Snyder jetzt noch zeigen. Die Kindheit, das Teenager sein, der ausgestoßene Weltenbummler, die Vergangenheit auf Krypton, Loise Lane. Alles wurde in die 140 Minuten gepackt. Die Verfilmung scheitert an seinen eigenen Ambitionen. Snyder will zu viel erzählen und lässt den Tiefgang damit außen vor. Wir berichteten bereits vor ein paar Wochen, dass es im Film verschiedene Anspielungen auf kommende Handlungsstränge gibt. Nicht nur die „Justice League“ betreffend, sondern auch auf die persönliche Entwicklung von Superman bezogen. Die Entwicklung der Figur ist für mich jedoch schon jetzt nach Teil 1 abgeschlossen. Ich glaube nicht, dass sich Superman noch viel mehr verändern kann. Die Batman Trilogie durchzog ein roter Faden. Der dunkle Ritter entsteht, er fällt und erhebt sich wieder. Hier überspringt man diesen Teil einfach komplett und lässt überhaupt keinen Handlungsspielraum für kommende Entwicklungen. Außerdem überrascht die Zeit die Snyder seinem außergewöhnlichen Cast auf der Leinwand überlässt. Natürlich geht es in erster Linie um Superman selbst, aber Kevin Costner, Diane Lane, Russel Crowe und insbesondere den überaus fantastischen Michael Shannon auf der Ersatzbank versauern zu lassen zeugt entweder von unglaublicher Selbstüberschätzung oder unglaublicher Dummheit. Ich erinnere mich gerne an „The Dark Knight Rises“. Officer Blake gehörte knapp 60% der Handlung des letzten Films, und das obwohl es eigentlich hauptsächlich um Batman gehen sollte. Vielleicht ist es nicht fair die beiden Franchises andauernd miteinander zu vergleichen, doch hat sich DC selbst dazu entschieden diesen Vergleich anzustreben und muss sich so damit konfrontiert fühlen.
„Man of Steel“ ist mehr Materialschlacht als Superhelden-Drama. Bereits in der ersten, wie ich finde, vollkommen überflüssigen und absurden Szene auf Krypton wird die Dimension des Films deutlich. Effekthascherei und Konzentration auf den 3 dimensionalen Eindruck sind dem Regisseur wichtig. Die Geschichte kommt dadurch, wie so häufig, zu kurz. Beispielsweise kann ein Bösewicht wie General Zod niemals die diabolische Stärke eines Jokers erreichen, wenn man die Figur nicht nur extrem selten sieht, sondern dann auch meist nur in extrem gewaltigen, überladenen Actionsequenzen die keine Identifikation mit der Figur möglich machen. Dadurch ist der Vergleich mit einem „Transformers“ Film naheliegender als der direkte Vergleich zum DC-Kollegen Batman. Dass es einen guten Mittelweg gibt zwischen geregeltem CGI Einsatz und ansatzweiser tiefgehender Handlung konnte man vor wenigen Wochen bereits bei „Iron Man 3“ und „Star Trek: Into Darkness“ beobachten. Es ist also möglich die Film-Skala auf ein bombastisches Level zu heben und dem Zuschauer trotzdem nicht das Hirn zu verbraten.
Um fair zu bleiben muss ich aber auch sagen, dass nicht alles nur durchweg schlecht ist. Bild und Ton gehören sicherlich in die oberste Liga des Hollywood-Blockbusters. Das Setting ist einem (außerirdischen) Superman definitiv angemessen und man zerstört gar ganze Planeten um den Eindruck eines epischen Geschehens zu wahren. Der mit Sicherheit positivste Aspekt des Films ist wie bei Hans Zimmer üblich, die Filmmusik. Zimmer hatte es nicht leicht in die Fußstapfen des weltberühmten Themes zu treten, doch schafft das mit Bravour und liefert wieder einen erstklassigen Soundtrack. Zurzeit führt in Hollywood kaum ein Weg an diesem Ausnahmekomponisten vorbei!
Am Ende gibt’s von mir eine Kinoempfehlung mit Einschränkung: Bei wem die Euros locker liegen und Preise von weit über 10€ am Wochenende keine Bauchschmerzen auslösen, kann es sich durchaus erlauben den Gang zum Lichtspielhaus zu wagen. Allen anderen sei gesagt, dass es vielleicht in erheblicher Enttäuschung über den fertigen Film enden könnte. Wenn man den Anspruch hat und einen Christopher Nolan Film erwartet, geht mit der völlig falschen Einstellung ins Kino und kann nur enttäuscht werden. Als epochaler Actionfilm in größtmöglichem Scale funktioniert „Man of Steel“ allerdings einwandfrei und in dieser Hinsicht sicherlich eine Empfehlung. Ich bin gespannt, ob Snyder die Verfilmung besser fortsetzen kann oder gar in einem Batman Crossover gipfelt, aber jetzt heißt es erstmal abwarten. In den folgenden Wochen kommen noch einige andere Anwärter für den Sommerblockbuster 2013 in die Kinos und ich bin zuversichtlich das ein besserer Kandidat (u.a. „Pacific Rim“, „Elysium“) als „Man of Steel“ dabei sein wird. Man Of Steel Gewinnspiel