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    Swinger Club
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Swinger Club
    Von Christoph Petersen

    „Swinger Club“ ist ein Kinoexperiment des erfahrenen Theater- und Fernsehschauspielers Jan Georg Schütte, der hiermit seine erste Regie-Arbeit abliefert: Sieben Schauspieler verkörpern Charaktere, die bei einer Feier aufeinander treffen – dabei sind ihnen nur die eigene individuelle Background-Story und bestimmte Zielvorgaben, die die eigene Figur erfüllen soll/will, bekannt, die sonstigen Handlungen und Dialoge sind vollkommen frei. Und wie bei fast jedem Experiment, das nicht direkt nach dem Muster auf A folgt B abläuft, gehen einige Ideen wunderbar auf, es läuft aber auch eine ganze Menge schief. Insgesamt muss man dann aber leider feststellen, dass zwischen entlarvender Satire und entnervender Intellektuellen-Soap eine nur schmale Grenze liegt, die „Swinger Club“ zwar laufend in beide Richtungen überschreitet, wobei dem Zuschauer aber vor allem die schäumenden hohlen Phrasen im Gedächtnis bleiben.

    Es sollte eigentlich nur ein gemütliches Essen zum fünften Hochzeitstag von Albert (Stephan Schad) und Brigitte (Susanne Wolff) werden, aber mit den Gästen kommen auch jede Menge verdrängte Gefühle und heimliche Affären in ihr kleines Haus am Deich. Nach einem auflockernden Fotzenleckerfrosch-Witz zu Beginn verdüstert sich die Stimmung schon bald merklich: Albert erzählt zunächst hypothetisch, später ausgesprochen konkret von einer wahrscheinlichen Affäre und möchte von seinen Freunden nun gern wissen, wie sie sich denn in dieser (seiner?) Situation verhalten würden. In schneller Abfolge kommt es nun von einem Geständnis zum nächsten und es fließt viel böses Blut, bevor die Feiernden wieder auseinander gehen. Erst ganze sechzehn Monate später kommt die Clique auf der Scheinehe-Party von Dagmar (Anne Weber) und Vadim (Juri Schrader), dem ukrainischen Partner ihres schwulen Freundes Eddie (Ole Schlosshauer), wieder zusammen – und wieder steht viel Unausgesprochenes zwischen ihnen, das noch so manch böse Überraschung für sie bereit hält…

    „Swinger Club“ schwank im Verlauf des Films immer wieder zwischen den Niveaus einer einfachen Beziehungskomödie, einer bissigen Satire und einer nervigen Soap-Opera hin und her. Da ja auch kein von einem Autor durchdachtes Drehbuch als Grundlage diente, sondern die Darsteller den Fortgang der Geschichte erst während des Spielens improvisierten, ist dieser Wankelmut natürlich nicht weiter verwunderlich, führt aber schlussendlich dazu, dass der Film als keines der Genres wirklich funktioniert. Beziehungskomödie: Ohne Sympathieträger funktioniert keine Komödie – und die Charaktere in „Swinger Club“ sind nun einmal durch die Bank verlogene, selbstbezogene Idioten. Lediglich Susanne Wolff kann als Bridget im zweiten Abschnitt ein paar Punkte sammeln, allerdings bemitleidet man sie nach ihrer Fehlgeburt und ihren psychischen Problemen eher, als dass man wirklich mitfühlen und mitfiebern würde.

    Satire: Wenn eine Gruppe intellektueller Designer bei Bluesmusik über die Unabwendbarkeit des Fremdgehens in einer Beziehung diskutiert und dabei in schöner Regelmäßigkeit die gleichen, meist vorsichtig mit „Ich finde“ und „Vielleicht“ eingeleiteten Argumente in die Runde schmeißt, mag das nah an der deutschen Realität einer Sektparty liegen, interessant ist es deshalb aber noch lange nicht. Da hilft es dann auch nicht, dass sich einzelne Spitzen immer mal wieder als wirkliche Treffer erweisen und die Verlogenheit der Möchtegern-Liberalen wunderbar bissig aufdecken. Das beste Beispiel für einen solch entlarvenden Anflug von Satire ist ein Satz von Eddie: Nachdem er die ganze Zeit so getan hat, als ob er überhaupt kein Problem mit dem theoretischen Fremdgehen seines Partner haben würde, überlegt er es sich nach einem überraschend positiven Schwangerschaftstest plötzlich anders: „Durch ein Kind wird der Vorgang des Fickens mit einem Mal so real.“ Soap: Auch die Intellektuellen-Soap scheitert am Desinteresse des Zuschauers an den Figuren – wobei es natürlich auch nicht gerade für „Swinger Club“ gesprochen hätte, wenn er ausgerechnet in diesem Genre überzeugen würde.

    Das Improvisations-Genre feiert momentan vor allem im Theater große Erfolge und so überrascht es auch nicht weiter, dass „Swinger Club“ visuell nie von seiner Bühnenoptik wegkommt – Regisseur Schütte gelingt es einfach nicht, seine Kamera über die Funktion eines unwissenden Beobachters hinauszuhieven. Nur ab und zu mischt sie die Inszenierung durch den Schnitt auf ein abseitiges Gesicht in das Geschehen ein, was dann aber wiederum den nächsten fünf Minuten die Spannung raubt, weil der Zuschauer nun mit Sicherheit weiß, auf welche Wendung er sich als nächstes einstellen darf. Zusammen mit den wackeligen, digitalen Homevideo-Bildern, die schlussendlich einfach nur hässlich sind, und den großen Tonproblemen, die vor allem während der Streitereien unerträgliche Ausmaße annehmen, will sich so einfach nie wirkliches Kino-Feeling einstellen. Nimmt man dann noch die unsympathischen Figuren und die sich wiederholenden Dialoge hinzu, muss man leider feststellen, dass einem der Film trotz aller interessanten Ansätze ziemlich bald gepflegt auf die Nerven geht – ja nicht die Kopfschmerztabletten vergessen!

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