Lange hat es gedauert, doch endlich hat der Hobbit nach ewigem Hin und Her, langen Querelen um die Regie, einer Diskussion um die finale Fassung in zwei oder auch drei Filmen und sogar einem Beinahe-Bankrott von MGM seinen Weg in die Kinos gefunden. Ich persönlich hatte zweimal die Ehre ihn mir anzuschauen. Einmal am Tag der Vorpremiere am 13.12. und dann noch einmal eine Woche später am vergangenen Dienstag dem 18.12.. Was bleibt nach all der Wartenszeit zu sagen, über einen Film der von vielen hier und auf der ganzen Welt mit nicht minder großen Erwartungen als denen eines würdigen Herr der Ringe-Nachfolgers gehypt wurde? Nun ja, allem voran mal: Das Warten hat sich definitiv gelohnt!
Kritik:
Der Hobbit beginnt mit einem Gefühl - einer vagen Ahnung davon, was einen die nächsten knapp drei Stunden erwarten wird. Es ist das Gefühl von Größe, von Vertrautem und von einem „Nach-Hause-Kommen“. Der Film führt einen zurück dorthin, wo damals bereits der Herr der Ringe in Die Gefährten seinen Anfang nahm: Die Hobbit-Höhle von Bilbo Beutlin. Es ist der Vorabend des großen Festes anlässlich seines 111. Geburtstags und Bilbo entschließt sich seine Geschichte niederzuschreiben. Das große Abenteuer, dass ihn so grundlegend verändert hat und bei dem er in den Besitz des einen Ringes gekommen ist. Die Vorgeschichte um die Zwergenstadt Erebor im Einsamen Berg, den Drachen Smaug und den Verlust der Zwerge ist eines der Leitmotive des Films. Doch bevor sich Bilbo überhaupt entschließt sich auf Gandalfs Anraten hin auf die weite Reise zu machen und den Zwergen zu folgen vergeht einiges an Zeit.
Die ersten gut fünfundvierzig Minuten verbringen wir in Erinnerungen, beim Kennenlernen der Zwerge, mit der Einführung von etlichen Figuren und der Ausarbeitung der wichtigsten Protagonisten. Dabei lernen wir nicht nur Bilbo Beutlin von einer gänzlich anderen Seite kennen als das Bild des von Ian Holm verkörperten Bilbo vermittelt. Martin Freeman übernimmt etliche von Holms großartigen Nuancen für seine Interpretation des Hobbits, es gelingt ihm jedoch ein ums andere Mal der Figur viel Neues abzugewinnen. Sein Bilbo ist ein Beutlin, ein gesetzter Hobbit, der das Kaminfeuer und seine Speisekammer mehr liebt als die weite Welt. Er hat das Tuck-Blut in seinen Adern und die Abenteuerlust seiner Jugend hinter sich gelassen und zeigt anfänglich kein Interesse an der Unternehmung der Zwerge. Erst allmählich beginnt er sich mit der Idee anzufreunden und er benötigt anschließend weiterhin sehr viel Zeit um auch nur in die Nähe des bekannten Hobbits zu erwachsen. Diese Reise an Bilbos Seite, seine Entwicklung und sein wachsender Mut werden durch den Verlauf des Films gestützt, er wächst mit den steigenden Anforderungen.
An seiner Seite befindet sich der hier wieder graue Zauberer Gandalf. Mit seinem unvergleichlichen Spiel, dem leichten Augenzwinkern, der wohlmeinenden Art und sehr guter Stimmung vermittelt Ian McKellen das Bild des grauen Pilgers welches wir aus Die Gefährten gewohnt sind. Es freut einen ihn zu sehen und man fühlt sich an seiner Seite einfach gut platziert. Die Rückkehr zum weniger übermenschlichen grauen Zauberer im Gegensatz zum fast fehlerlosen und erhabenen weißen Magier vom Ende der Ring-Trilogie gelingt gut und fühlt sich richtig an. Dass McKellen die Rückkehr zu Gandalf dem Grauen sehr viel Spaß macht spürt man jedenfalls in jeder Sekunde. Die neue Synchronstimme kann mit der alten zwar nicht ganz konkurrieren, mir ist sie jedenfalls nicht negativ aufgefallen, nachdem die in den Trailern verwandte doch Grund zur Sorge gab.
Der dritte Protagonist im Bunde ist Thorin Eichenschild, der Zwergenkönig. Richard Armitage liefert einen absolut großartigen Job ab. Thorin ist erhaben, mitunter an Arroganz grenzend stolz und ein geborener Anführer. Spricht er, so lauschen die anderen Zwerge. Der leichte Vorwurf vieler Kritiker, dass die Figur sich in Bereichen eines Aragorn aus der Ring-Trilogie bewegt ist für mich nur bedingt nachvollziehbar. Selbstverständlich hat er einige der Attribute des Waldläufers. Er ist ebenfalls königlichen Blutes, ist stolz und mächtig und ein großer Anführer - das sind Gemeinsamkeiten die nachvollziehbar sind und die natürlich Parallelen darstellen. Andersrum ließe sich das auch nicht anders gestalten, da die Figuren sich von der Anlage her nun mal sehr ähneln. Zudem besitzt Thorin eine ihm zugrunde liegende tiefe Traurigkeit, die von Armitage mehr als genial immer wieder herausgespielt wird. Er sehnt sich nach seiner Heimat, er wünscht sich mehr für sein umherziehendes Volk und ist auch bereit dafür zu leiden und zu kämpfen. Diese Motivation der Figur macht sie sympathisch und lässt einen seinen Schmerz fast spüren.
Bei den restlichen Zwergen gibt es wenige die herausstechen. Fili (Dean O´Gorman) und Kili (Aidan Turner) sind ein wenig die ulkigen Stichwortgeber und haben fast schon Sidekick-Charakter, spielen sich dabei aber die Bälle immer gut zu und haben bereits den einen oder anderen Glanzmoment. Balin (Ken Stott), dessen trauriges Schicksal in Die Gefährten enthüllt wurde, lässt Weisheit und Erfahrung spüren. Der weißhaarige Zwerg ist zugleich treuer und alter Freund Thorins wie auch eine Art Mentor für den unerfahrenen Bilbo. Er vermittelt häufig zwischen den beiden und steht auch sonst als wachender Krieger hinter den Zwergen. Ein Großteil der Zwerge spielt hier ansonsten leider noch keine große Rolle und es bleibt abzuwarten und zu hoffen, dass sie dann mehr Profil entwickeln können. Trotzdem ist die gesamte Truppe grundsympathisch und macht viel Spaß.
Bei den Rückkehrern aus der Ring-Trilogie wurde ebenfalls alles richtig gemacht. Frodos kurze Szene ist zwar eher ein Kopfnicken Richtung Fans, funktionierte aber als solche sehr gut. Elrond, Galadriel und Saruman haben insbesondere in der Szene um den Weißen Rat einen wichtigen Part im Film und tragen dort viel zur Stimmung bei. Überhaupt ist diese Szene von den vielen Dialogszenen eine der absolut überragenden des Films. Das Zusammenspiel der vier Schauspielgrößen ist hervorragend und sehr dicht inszeniert.
Nebendarsteller wie Andy Serkis in seiner Paraderolle als Gollum oder Sylvester McCoy als Radagast der Braune überzeugen überdies ebenfalls absolut und bleiben mit tollen oder (im Falle von Serkis) auch gewohnt genialen Darstellungen im Kopf. Dass sich Serkis mit Gollum bereits ein Denkmal gesetzt hat, dürfte ohnehin hinlänglich bekannt sein.
Bei der Handlung gibt es wenig zu bemängeln. Bereits im Herrn der Ringe gab es immer wieder Szenen und Elemente die nicht zwangsläufig notwendig wären, doch einfach durch ihre Bildgewalt oder die dichte Atmosphäre und die meisterhafte Stimmung, die Jackson zu kreieren imstande ist, getragen wurden. Auf dieser Basis funktionieren auch etliche der Szenen, die dem Hobbit letztlich seine Länge verleihen. Seien es majästätische Aufnahmen Neuseelands aka Mittelerdes auf der Reise der Zwerge, Bilder vom wunderschönen Bruchtal oder der große Augenöffner bei Betreten der Goblin-Höhlen. Alles sieht großartig aus und nicht selten erschaffen die Bilder ein Gefühl von Epik. Der Film wirkt an vielen Stellen einfach groß, auch wenn er klein beginnt. Der langsame Beginn ist klasse eingefangen und gipfelt in der Gesangsszene der Zwerge, die bereits aus dem Trailer bekannt war - Gänsehautgarantie inklusive.
Ein weiteres Element, welches zur Gänsehaut einen großen Beitrag leistet ist natürlich damals wie heute Howard Shores beispielloser Score. Die Stücke, welche exklusiv für den Hobbit geschrieben wurden stehen gleichberechtigt neben den alten aus der Ring-Trilogie und insbesondere das Thema der Zwerge Misty Mountains (cold) kann mehr als einmal für große Gefühle sorgen. Die Verwendung der bekannten Stücke sorgt zudem ein ums andere Mal dafür, dass man das Gefühl der alten Trilogie heraufbeschwört und damit die Epik des Hobbit noch unterstreicht.
Bei den Effekten gibt es sowohl Licht als auch Schatten. Auf der Haben-Seite sind die teilweise unglaublichen Effekte in den Goblin-Höhlen, beim Rätselspiel mit Gollum oder in Bruchtal. Andersrum gibt es einige Dinge, wie zum Beispiel die nun animierten Masken der Orks, die hinter dem großen Vorbild aus der Ring-Trilogie zurückbleiben. Die Warge sehen weit bedrohlicher und besser aus, ihre Reiter hingegen versprühen leider teils eher kalten CGI-Charme. Andersrum gibt es neben dem nach wie vor beispiellos genial gemachten Gollum auch den tollen Goblinkönig als animatorische Meisterleistung zu bewundern. Lediglich der weiße Ork Azog bleibt etwas hinter den Möglichkeiten zurück und wirkt insbesondere gegen Ende eher wie eine Wachsfigur als wie ein lebendes Wesen. Das Design weiß jedoch trotzdem durchgehend zu gefallen. Und wenn man mit diesen Möglichkeiten eine so intensive und geniale Szene wie das Rätselspiel zwischen Bilbo und Gollum präsentiert bekommt, die nahezu alle anderen Szenen noch einmal in den Schatten stellt, sieht man als Zuschauer dann auch bereitwillig über die eine oder andere eher holprige Animation hinweg.
Zur HFR und dem häufig thematisierten Soap-Effekt kann ich nichts sagen, da ich den Film zwar in 2D und in 3D, jedoch beide Male mit den gewohnten 24Fps gesehen habe. Das 3D ist ein Augenöffner und dem 2D meines Erachtens definitiv vorzuziehen. Auch in 2D ist der Film ein tolles Erlebnis und weiß wirklich zu gefallen, doch die großen Landschaftsszenen machen erst in 3D richtig Spaß und entfalten ihre volle Wirkung. Also hier auch von mir 3D-Skeptiker eine klare Empfehlung für die 3D-Version.
Der Film kommt natürlich, wie auch die Herr der Ringe Trilogie, nicht ohne Schwächen aus. Die bereits genannten teils etwas schwächeren Animationen sind da jedoch bereits eine der größten Schwierigkeiten, mit denen der Film zu kämpfen hat. Manch einer mag die Laufzeit bemängeln oder den langen Einstieg, mir persönlich gefiel es, dass man sich erst nach und nach auf den Film einstellen konnte und gemächlich zurück nach Mittelerde „gesaugt“ wurde. Zudem ist der „Gandalf ex Machina“ vielleicht einmal zu oft genutzt worden, um die Zwerge aus einer schwierigen Lage zu befreien. Ansonsten wäre vielleicht noch eine überaus übertriebene „Absturz-Szene“ mit „Rodelpartie“ in den Goblin-Höhlen zu nennen, die dann vielleicht doch etwas übers Ziel hinaus war. Aber andersrum, Die Zwei Türme hatte auch einen „Schild-Surfenden“ Legolas, also würde ich darüber ebenfalls hinweg sehen.
Das zentrale Motiv der Heimat, beziehungsweise ihres Verlustes seitens der Zwerge gefällt hingegen als Teil des Roten Fadens enorm gut. Bilbo, der nicht nur lernen muss seine Heimat hinter sich zu lassen und die Welt zu entdecken, hat ebenso teil an diesem Motiv wie auch die Zwerge, denen ihre Heimat fehlt. Das Suchen nach diesem Ziel und der Weg dorthin sollte in der Fortsetzung weiterhin thematisiert werden und gibt dem Film zudem eine Tiefe und eine Verbindung zum Zuschauer, die einfach schön ist.
Fazit:
Bei allem was der Hobbit richtig macht, kommt er wie seine großen Vorbilder nicht ohne Fehler aus. Die Logik krankt hier und da, man mag die eine oder andere Szene als „Over-the-Top“ beschimpfen und der langsame Einstieg ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Andersrum hat der Film etwas geschafft, dass nur wenigen Filmen gelingt: Er fühlt sich einfach richtig an. Man fühlt sich, als käme man nach Hause, als wäre man an einem Ort, den man lieben gelernt und über die Jahre sehr vermisst hat. Mittelerde, so wie Jackson es hier wieder aufleben lässt, ist bildschön, genial eingefangen und macht in 3D eine beeindruckende Figur. Die Welt wirkt lebendig, die Figuren glaubhaft und die Elemente gut komponiert. Der Score hält wie eine schützende Kuppel zudem alles klasse zusammen und verleiht dem Ganzen ein Gefühl von Epik und großem Abenteuer. Zudem entschädigt das furiose Finale, welches sich im Grunde über fast die gesamte letzte Stunde hinzieht, selbst den größten Nörgler für den behäbigen Einstieg. Für mich persönlich ist The Hobbit: An Unexpected Journey das erwartete Highlight des Jahres und steht der Ring-Trilogie in nichts nach.
Mit verdienten
10/10 Punkten bzw. 5/5 Hüten
möchte ich einen wunderschönen Film belohnen, der ein tolles Gefühl vermittelt und sich einfach richtig anfühlt. Wer hier nicht ins Kino geht, ist wirklich selbst schuld. Und meine Vorfreude auf Teil 2 ist jetzt schon fast unerträglich.