"Der Hobbit" beendet nun also ein gigantisches Kinojahr 2012 mit einem würdigen Ende. All der negativen Kritiken zum Trotz bin ich, stellt euch vor, echt reingegangen. Aber auch mit dem Wissen im Hinterkopf, dass sich hier kein zweites "Herr der Ringe" abspielen würde. Ich hab Tolkien's Erstling gelesen und wusste um die eher lockere und sympathische Abenteuerreise des Bilbo Beutlin. Und somit stellt sich die fast drei Stunden Spielzeit als absoluter Glücksgriff (vor allem für Buchkenner heraus). Es gibt enorm viel zu beobachten in optisch nie zuvor erreichtem Rahmen, es gibt neue Charaktere und eine Welt voller Wunder mit spannender, aber auch ironischer Szenen, die sich wohlwollend vom "Herr(n) der Ringe" abheben ohne seine Wurzeln zu verleugnen.
Nach 9 Jahren endlich wieder Mittelerde. Und Peter Jackson ist entgegen einiger Erwartungen voll bei der Sache. Er generiert schon im ersten Teil seiner Triologie eine dreistündige Saga, die zwar erzählerisch gut gefüllt ist, aber sein Konstrukt nicht vermissen lässt.. Neben der ausgeschmückten Linie seiner Hobbitgeschichte, strickt er auch noch das im Buch nur angedeutete Geheimnis um den Geisterbeschwörer, bietet dem Publikum zudem noch die Sequenzen in denen Thorin zu seinem Beinamen Eichenschild gekommen ist und versucht insgesamt den "Herr(n) der Ringe" nie aus den Augen zu lassen.
Und doch muss man differenzieren, dass es sich bei "Der Hobbit" nicht um seinen filmischen Vorgänger handelt. Natürlich wirken seine Zwerge ungewohnt und doch hätte sich ein jeder harter Kritik erwähren können, hätte er das Buch gelesen oder zumindest einen genaueren Blick auf Gimli geworfen. Die Zwerge sind eine zwar eigenartige, stolze Rasse, aber auch voller Raufbolde ohne Benehmen und passenden ironischen Zwischentönen.
Es wurde im Vorfeld viel um die 48er frame rate diskutiert. Tatsächlich war sie für mich dermaßen gewöhnungsbedürftig, dass ich ganze zehn Sekunden gebraucht habe, ehe ich mich der Flut der Bilder hingeben konnte. 2009 hatte James Cameron die 3D – Technik revolutioniert, und ich wage zu behaupten, Peter Jackson ist das mit seiner Kombination aus erhöhter Bildrate und 3D – Technik auch ein Stück weit gelungen. Seine Bilder besitzen unglaubliche Schärfe und Authenzität, wirken aber trotzdem fantastisch und kunterbunt, dass einem der Ausdruck "magisch" oder "episch" schonmal in den Sinn kommt. Vor allem aus der Adlerperspektive kann das Gefühl Mittelerdes unheimlich fließend transportiert werden und eine nie dagewesene Perfektion stellt sich ein, die durchgehend bis zum Schluss erhalten bleibt. Das liegt auch zwingend damit zusammen, dass Jackson die dritte Dimension endlich wieder gewinnbringend nutzt. Tatsächlich streuen sich soagar Gegenstände ein, die ins Publikum fliegen, eine altmodische, aber dennoch, vor allem in Schlachtszenarien, wirkungsvolle Variante.
Gegenüber der Technik kann der Rest nur abfallen, auch die wieder mal bedeutsame musikalische Untermalung. Der Soundtrack von Howard Shore ist dennoch überragend, seine ochestralen Einsätze mal wieder genaustens getimt und das "Lied vom einsamen Berg" ist jetzt schon ein Ohrwurm, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass das Thema im Film immer wieder zitiert wird, und Klassiker der Filmgeschichte.
Die Darstellerriege ist selbstverständlich prominent und zum Teil bekannt. Zu den Neulingen gehört Martin Freeman, der seine Rolle bravorös ausfüllt. Sein Bilbo Beutlin ist der Gattung der Hobbits angepasst, höflich, bequem, aber auch im Falles des Falls mutig. Freeman kann seiner Person allerdings auch neue interessante Facetten hinzufügen, seine Dialoggewandheit ist sowohl unbeholfen als auch ironisch und sein Charakter wandelt sich vom Kindlichen zum Abenteuerer hin.
Die Zwerge kriegen alle aufgrund dreistündiger Spielzeit erfreulich viel Mitsprache und die Schauspieler erledigen ihre Aufgaben alle ziemlich gut, herausstechen tut allerdings erwartungsgemäß nur Richard Armitage's Thorin als sturer und deutlich mitgenommener Zwergenprinz. Natürlich findet Jackson auch immer wieder Zeit alte Weggefährten wie Galadriel, Elrond oder Saruman zu etalblieren und schon fast nostalgisch an seine Vorgänger zu erinnern. Zusätzliche Spielzeit bekommen allerdings nur Ian McKellen's Gandalf, der in früherer Zeit etwas lockerer und auch weniger weise wirkt, eine gelungene, ungewöhnliche Darstellung seiner Person und natürlich Andy Serkis' Gollum. Trotz Kurzauftritt überzeugt Gollum mit starker Präsenz, in der sowohl seine mysteriöse Gestalt als auch sein stärker ausgeprägter, shizophrener Wortwitz, für einen weiteren Höhepunkt des Films sorgt.
Fazit: Natürlich ist "Der Hobbit" nicht ohne Schwächen. Die verschiedenen Geschichten rund um Geisterbeschwörer oder den Grün/Dunkelwald liegen für Buch – Laien noch etwas offen dar, außerdem setzt sich der Film sehr gemächlich in Gang und somit kann sich das "Herr der Ringe" – Gefühl (noch) nicht ganz einstellen. Manche Passagen wirken zudem beliebig und Frodo's Cameo soll beispielsweise nur den Zusammenhang zwischen beiden Mittelerde – Epen verdeutlichen. Trotzdem ist "Der Hobbit" die spannendste und beste Abenteuerreise des Filmjahres und ein Fantasy – Epos mit Zukunft, der vor allem durch Optik und Musik immer wieder besticht und nichtsdestotrotz gerade so eigenständig bleibt, ohne sich vom "Herr(n) der Ringe" zu distanzieren. Ein krönender Abschluss des Jahres, der sehnsüchtig auf die Fortsetzung warten lässt.