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    Spuren eines Lebens
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Spuren eines Lebens
    Von Carsten Baumgardt

    Das Prinzip „Form über Inhalt“ ist so verbreitet wie umstritten. Bei Lajos Koltais englischsprachigem Debüt „Spuren eines Lebens“ schafft sich der Ungar mit diesem Ansatz jedoch ein grundlegendes Problem, denn seinem außerordentlich eleganten Liebesdrama fehlt trotz einer exzellenten Besetzung die emotionale Schlagkraft, die für dieses Subgenre unabdingbar ist. Was bleibt, ist ein wunderschön gefilmter Herz-Schmerz-Reigen, der sich seicht an der Oberfläche bewegt.

    Ann Lord (Vanessa Redgrave), eine alte Dame, liegt im Sterben. Ihre beiden Töchter Nina (Toni Collette) und Constance (Natasha Richardson) weichen ihr kaum von der Seite. Ann berichtet ihren Kindern von den ereignisreichsten Momenten ihres Lebens. An einem sonnendurchfluteten Tag in den Fünfzigerjahren will Anns (jung: Claire Danes) beste Freundin Lila (Mamie Gummer) ihren Verlobten Karl (Timothy Kiefer) ehelichen. Brautjungfer Ann redet zunächst auf Lila ein, die Vernunftehe nicht einzugehen, denn in Wahrheit ist sie unsterblich in den Dandy-haften Arzt Harris Arden (Patrick Wilson) verliebt – doch er nicht in sie. Dumm nur, dass Ann sich ihrerseits in den selbstbewussten Harris verguckt und eine Liebesnacht mit ihm verbringt, was ihren Freund, den gescheiterten Poeten und Säufer Buddy (Hugh Dancy), in ein schweres Schicksal stößt. Weitreichende Komplikationen sind die Folge dieser verfahrenen Situation.

    Seine Herkunft als Kameramann von internationalem Rang (Being Julia, „Taking Sides“, „Im Sumpf des Verbrechens“, „Familienfest und andere Schwierigkeiten“) kann Lajos Koltais bei seinem zweiten Kinofilm in keiner Sekunde verhehlen, selbst wenn er Landsmann Gyula Pados (Basic Instinct 2, Kontroll) wie schon bei seinem Debüt „Fateless“ diesen Part überlässt, um sich voll auf die Regie zu konzentrieren. Pados‘ Arbeit ist herausragend und ein echter Glanzpunkt von „Spuren eines Lebens“. Er fängt die Welt der New Yorker High Society in edlen Dekors und glutroten Sonnenuntergängen atmosphärisch stimmig ein und setzt die positivsten Akzente. Die Romanvorlage („Hochzeitsnacht“, 1998) von Susan Minot bietet für diesen Stil ausreichend Raum.

    Die Gefahr, einen amerikanischen Rosamunde-Pilcher-Verschnitt zu konzipieren, lauert bei dem emotional angelegten Stoff immer im Hintergrund. Doch mit einer derart exquisiten Besetzung tappt Koltai nicht in diese Falle. Die Schicksale und Probleme haben im Ansatz durchaus die Relevanz für großes Gefühlskino. Der Regisseur lässt die beiden Zeitebenen, zwischen denen er hin- und herspringt, sinnvoll zusammenlaufen, um seine Geschichte zu erzählen. Wobei jedoch die Hauptstory in den Fünfzigern deutlich mehr hergibt, als die Gegenwartsszenen, die die Tragik aus rückblickender Sicht noch verstärken sollen. Woran es „Spuren eines Lebens“ jedoch mangelt, ist emotionale Tiefe und ein klarer filmischer Fokus. Die Beziehungswirren werden allesamt an der funkelnden Oberfläche abgehandelt und die dramaturgischen Stränge wieder fallen gelassen, bevor es so richtig ans Eingemachte geht. Obwohl hier Menschen an ihren Schicksalen zerbrechen, wird das emotionale Potenzial nicht ausgereizt. Keine der Figuren will irgendjemandem wirklich weh tun und dennoch wird gelitten. Am besten funktioniert „Spuren eines Lebens“ noch als Porträt einer blasierten Gesellschaft, die seit jeher ihren eigenen Gesetzen und Regeln folgt. Der Schein steht über dem Sein.

    Um als Liebesdrama dem Zielpublikum schmerzhaft an Herz und Nieren zu gehen, fokussiert sich der Film nicht genügend auf die zwei zentralen Liebenden, mit denen der Zuschauer hätte mitfiebern können. Die von Claire Danes (Igby, Der Sternwanderer, William Shakespeares Romeo + Julia) ansprechend gespielte junge Ann ist defacto die bedeutendste Figur, obwohl das Schicksal Lilas wesentlich tiefere Gefühlsregungen zuließe. Mamie Gummer („Das Geisterhaus“), die interessanterweise gemeinsam mit ihrer Mutter Meryl Streep (Der Teufel trägt Prada, Von Löwen und Lämmern) eine Person in zwei Zeiten gibt, nutzt dies in einigen Szenen aus, wird dann aber immer wieder von der Geschichte gebremst, weil sie nicht die erste Geige spielt.

    Neben Danes spielen die restlichen Darsteller nur Nebenrollen, die sie unterschiedlich nutzen, um sich für einige Augenblicke in den Vordergrund zu katapultieren. Während Vanessa Redgrave (Abbitte, Blow Up) mit ihrer Präsenz gefällt, sind die großen Meryl Streep und Glenn Close (Mars Attacks, Eine Affäre in Paris) ein wenig zu unterbeschäftigt, um zu glänzen. Redgraves reale wie Filmtochter Natasha Richardson (Stellas Versuchung, Manhattan Love Story) kommt nicht aus dem Schatten der wie immer großartigen Toni Collette (In den Schuhen meiner Schwester, The Hours) heraus. Die Herren treten angesichts dieser weiblichen Übermacht dezent in den Hintergrund. Lediglich Patrick Wilson (Little Children) und Hugh Dancy (Shooting Dogs, Basic Instinct 2) hinterlassen einen bleibenden Eindruck.

    Fazit: „Spuren eines Lebens“ ist gediegenes, melodramatisches Kino zum Schwelgen in wundervollen Landschaften. Schöne Menschen mit kleinen und großen Problemen sind Schicksalen und Tragödien ausgesetzt, die locker-luftig über sie hinweg ziehen, ohne in letzter Konsequenz nachhaltig zu berühren. Das ist nicht schlecht, nicht einmal langweilig, aber eben auch nicht das, was unter diesen Voraussetzungen möglich gewesen wäre.

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