Gestern war ich dann auch endlich im Kino und kann über den Film HP6 mitsprechen. Leider muss ich sagen, dass ich ziemlich enttäuscht war.
Der Anfang gefiel mir ganz und gar nicht. Hier sprang überhaupt kein Funke über und mir fehlte die Potter-Magie, die ich im Verlauf des Films auch nicht wiederfand.
Auch technisch war das wirklich schlecht gemacht. Der Brückeneinsturz wirkte wirklich amateurhaft. Die Flirtszene im Café war überflüssig und unpassend.
Ab dem Moment im Hogwartsexpress verlief die Handlung eigentlich wie auch im Buch, soweit ich mich erinnern kann. Ich muss aber dazu sagen, den 6. Band habe ich direkt mit dem Erscheinen gelesen und seitdem nicht wieder. Vor so einem Film mache ich das absichtlich nicht, denn ich sehe einen Film und das Buch meistens getrennt und will mich im Film nicht langweilen oder ärgern, weil ich die Buchhandlung dann so genau kenne. Also, um es so zu sagen, mir fiel gar nicht so sehr auf was im Film alles fehlte, was auch nicht weiter schlimm ist. Mit den Jahren seit ich mich sehr für Film und Literatur interessiere, habe ich ein Gefühl entwickelt was in einem Handlungsverlauf eines Buches gut zu verfilmen ist und was einfach nicht geht.
Als ich damals das Buch las, da freute ich mich schon zu dem Zeitpunkt auf die Verfilmung. Vor allem auf das Finale im Schloss mit Fenrir Greyback, den ganzen Kämpfen, dem Tod Dumbledores und der Verfolgung mit den Dialogen zum Ende hin hatten es mir schwer angetan. Von der Härte der Handlung hatte ich mir damals gedacht, dass der Film nicht unbedingt mehr für FSK12 eingestuft werden sollte. Vielleicht ist hier auch der Knackpunkt. Ich war so enttäuscht vom Ende. Es wirkt alles so abgehakt, so aneinander gereiht. So fehlerhaft und so unmotiviert.
Im Film stecken nicht das Herzblut und die Leidenschaft die ich mir gewünscht habe. Umso trauriger, dass sie für den Regieposten in Guillermo del Toro nicht ihren Wunschkandidaten bekommen konnten. Aufgrund der Vorbereitungen für den Hobbit musste er ablehnen. Schon während der ersten Gerüchte über die Verfilmung des 6. Buches kam mir sein Name in den Sinn. Für mich wäre er die Idealbesetzung, auch aufgrund des Finales gewesen. Teilweise erinnerte mich die Schlacht im Schloss (im Buch) an einen Splatterfilm (die ich nicht wirklich mag) mit den zahlreichen Verletzten, die detaillierte Umschreibung des Zustandes von Dumbledore nach dem Absturz.
Diese Szenen wären so wunderbar spannend zu verfilmen gewesen!
Aber wo ist Fenrir Greyback???
Im Film setzen sie ihn anfangs gut in Szene, indem sie ein Wanted-Plakat von ihm zeigen und danach in einigen Szenen auf das Publikum wirken lassen. Wie angsteinflößend er sein kann sah man in der Szene im Kornfeld bevor der Fuchsbau in Flammen gesetzt wurde. Aber wo ist am Ende sein Auftritt? Für einen Faden im Film ist das sicherlich nicht entscheidend, dass er auftaucht, aber das zeichnete das Buch am Ende u. a. doch aus. Das Buch war sehr viel spannender.
Gut fand ich die Szenen mit dem Denkarium und den Erinnerungen an Tom Riddle. Der kleine Jungschauspieler macht das wirklich richtig gut und ist echt gruselig.
Der Höhepunkt des Films ist natürlich Slughorn. Seine schauspielerische Leistung ist grandios und seine Geschichte zieht sich sehr schön von der Rekrutierung bis hin zum Zwiespalt mit der Herausgabe der echten Erinnerung durch die Geschichte. Ein wenig störend fand ich anfangs allerdings seine deutsche Synchro, an die ich mich dann aber mehr und mehr gewöhnt habe.
Positiv entwickelt haben sich Rupert Grint, Emma Watson und Bonnie Wright (sind das hübsche, junge Frauen geworden) und natürlich Tom Felton. Besonders Tom Felton gefällt mir mit seiner Nebengeschichte des Auftrages wirklich gut. Ein wenig gefreut habe ich mich, als er Harry Potter die Nase brach. Allerdings aus dem Grund, weil ich sehen wollte wie Daniel Radcliffe die Szene spielt. Leider bestätigte er meine Erwartung – es war schlecht.
Vll. liegt es gar nicht so sehr an Radcliffe, sondern vielmehr auch an der Figur Harry Potter so wie Rowling ihn darstellt. Das Thema hatte ich die Tage bereits mit einem Freund diskutiert. Und zwar gefällt mir die Persönlichkeitsentwicklung von Potter überhaupt nicht. Er überlebt als Baby einen Fluch und verliert die Eltern. Gut, da war er ein Baby, aber er wächst in einer Besenkammer auf und bekommt dort keinerlei Liebe. Wenn ich mich da hinein versetze, dann braucht man schon einen starken Charakter, um nicht zu zerbrechen, vor allem weil man sich die Fragen über den Tod der Eltern stellt. Dann verliert er immer und immer wieder sehr gute Freunde/Angehörige. Natürlich trauert er, aber eben nur kurz und dann ist das Thema von einer Minute zur anderen abgehakt und er lacht wieder, wirkt so als belaste ihn das alles nicht. So viel Druck und Trauer hält niemand aus, um nicht mal zu platzen oder etwas wirklich Dummes anzustellen. Denn den Halt, den man braucht und sich wünscht, hat er ja auch nicht immer von seinen Freunden.
Und da komme ich zur Szene zwischen Harry und Malfoy mit dem Sectum Sempra Spruch. Soweit ich mich erinnere ist das im Buch endlich mal ein starker Gefühlsausbruch von Potter, der all seinen Frust, all seine Trauer an Malfoy ablässt, ohne wirklich zu wissen was er dort tut. Im Film ist diese Szene so emotionslos, so belanglos. Sie duellieren sich kurz im Bad und um die Ecke herum wird Malfoy von diesem aggressiven Spruch getroffen, der ihm die Brust aufschlitzt. Wenn ich mich richtig erinnere bekommt man im Buch das Gefühl der Gewissensbisse von Potter mit, der damit rechnen musste, von Hogwarts zu fliegen. Harry wurde von Snape im Buch doch auch mehr als zurechtgewiesen und im Film flüchtet Potter einfach und danach ist das Thema fast vergessen. Es wird alles auf das Buch geschoben, welches sie im Raum der Wünsche verstecken.
Auch Feltons Leistung war hier leider schlecht. Vll. liegt es dann aber auch an der deutschen Synchro. Mit der Szene ziehe ich den Vergleich zum Nasenbeinbruch von Harry, nachdem Malfoy ihm anfangs ins Gesicht getreten hatte. Wenn ich mich schlimm verletze, und beim Handball hatte ich bereits Muskelrisse und Brüche, dann winde ich mich vor Schmerz, dann schreie ich vielleicht, dann kommen mir automatisch die Tränen (ich will hier kein Weichei vorspielen, aber beim Nasenbruch schießen einem einfach die Tränen in die Augen und es schmerzt enorm). Radcliffe und Felton bringen das in keinster Weise auf die Leinwand. Es ist dann eben so und eine Minute später läuft Radcliffe mit einem unveränderten Gesichtsausdruck durch die Gegend, während die Nase krumm und angeschwollen blutet. Und warum ist Malfoys Brust aufgeschlitzt, das Hemd aber nicht? Hier denke ich, dass es zuliebe der Alterseinstufung so gehandhabt wurde. Versteht mich nicht falsch, ich fordere keinen Horrorfilm und Harry Potter scheitert nicht an diesen Szenen, aber im Rahmen dessen was mit dem Buch möglich gewesen wäre. Vor allem diese düstere Stimmung, die sich auch im Buch immer mehr durch Gewalt ausdrückt, musste man einfach einfangen und einem del Toro wäre das perfekt gelungen.
Was den Humor des Films betrifft, okay, ein paar Lacher waren dabei, aber so wie die Meinungen dahin gehen, dass man so oft Lachen müsste und davon Bauchschmerzen bekommt, dem kann ich nicht zustimmen. Teilweise fand ich den Humor sogar übertrieben.
Schön umgesetzt war das Quidditchspiel mit Ron und dem Felicitas-Trank. Ich konnte mich als Handballtorwart wunderbar hinein versetzen welch Glücksgefühl er in der jubelnden Menge erlebt, umgarnt von Mädels, die zu einem hinauf schauen wenn man überragende Leistungen vollbringt. Das motiviert persönlich und spornt für die kommende Saison wieder an. Das beruht aber einfach nur auf persönlichen Erfahrungen, dass ich die Szene so schön finde.
Die Horcruxsuche mit der Aufgabe in der Höhle fand ich ganz gut. Technisch war die Szene wirklich sehr gut gemacht. Aber ich hatte mir auch diese Situation etwas spannender gewünscht. Man kann eine Spannung sehr viel besser aufbauen, allein durch Stille, durch das Übersetzen mit dem Boot und dem See. Aber zack waren sie bei dem Brunnen aus dem Dumbledore getrunken hat. Auch hier muss ich sagen, dass die Dramatik im Buch besser war. Der Regisseur hat die Aufgabe, alles aus den Schauspielern heraus zu kitzeln. Hier bekommt er die Note Mies. Annehmbar finde ich das nämlich nicht mehr. Denn was der Zaubertrank aus Dumbeldore im Buch macht ist so erschreckend, das kommt im Film nicht annähernd herüber. Im Hintergrund jammert er ein bisschen, aber das geht schon fast unter. Man nimmt dem Trank nicht ab welch starke Wirkung er hat und noch weniger nimmt man Dumbeldore den inneren Kampf dagegen ab. Plötzlich steht er mit seinem Feuerzauber auf der kleinen Insel und im Turm sieht er nach kurzer Schwächephase wieder ganz aus wie der alte DD.
Die Inferi finde ich, sind gut gelungen. Den Vergleich mit Gollum habe ich im Trailer gezogen, da wirkten sie optisch wirklich so, aber im Film sahen sie doch sehr eigen und gut aus.
Das Gedankenspiel um Snape und seine Zugehörigkeit finde ich im Film wirklich schlecht. Zu der Zeit des Buches war man hin und hergerissen. Ich finde eben nicht, dass man im Film denken kann, dass Snape gut ist. Zu eindeutig ist in meinen Augen eben die Rolle des Verräters. Im 6. Band war man trotz des Fluches an DD zwiegespalten.
Dass die Dursleys keine ideale Rolle bekommen oder gar nicht mehr auftauchen regt mich nicht erst seit diesem Film auf. Vielleicht ist mir ihnen auch die typische Atmosphäre gegangen.
Das sind meine Gedanken, die ich nicht grad chronologisch niedergeschrieben habe. Mein Fazit ist, dass ich enttäuscht über einen Film bin, der für sich zwar gut ist und auch Spaß macht, aber wenn man bedenkt was möglich gewesen wäre, denn das Buch gibt so vieles her was perfekt hätte verfilmt werden können (beim 5. Buch war das anders), dann ist das wirklich ärgerlich. Leider können wir uns nicht aussuchen wer Regie führt und welche Buchabhandlungen in den Film gehören, aber offizielle Kritiken sollte ein Regisseur sich zu Herzen nehmen und mehr Leidenschaft in die Projekte legen. Ich konnte bisher nichts über Rowling´s Äußerungen lesen. Ihre Meinung würde mich wirklich interessieren. Sie kann einfach nicht zufrieden sein.