Christopher Nolan hat mit Interstellar ein weiteres Meisterwerk abgeliefert, welches sich ohne Zweifel in die überschaubare Reihe von zeitlosen Science-Fiction-Epen einreihen lässt. Ihm gelingen mit Interstellar gleich mehrere Kunststücke.
Als erstes lässt er nämlich einen Epos gar nicht als Epos erscheinen. Vielmehr strikt er eine zwischenmenschliche Geschichte in einem Umfeld, welches dem Zuschauer gar nicht so fiktional vorkommt. Wir sehen einen Bauern, alte Trucks und Traktoren, ein altes Farmhaus. Auch das Auftauchen einer Drohne - welche wir in der Wirklichkeit doch auch schon als selbstverständlich hingenommen haben - oder der Umstand, dass Erntefahrzeuge autark agieren können heben den Zuschauer nicht mehr wirklich an. Das es dabei auch noch um den Fortbestand der Menschheit geht, wird dabei ebenso nüchtern wie eindringlich subtil vermittelt. Nur das Einfließen vermeintlicher dokumentarischer Erinnerungen geben der Szenerie etwas wunderschön unnahbares.
Das nächste Kunststück ist der übergangslose Schwenk ins Weltraumabenteuer und von dort in den Science-Fiction-Epos dieses Jahrzehnts. Es wird auf jegliches Vorgeplänkel verzichtet, wir befinden uns im Weltall und wir sind so dankbar dafür. Hier begehen viele Filmemacher den entscheidenden Fehler viel Material zu zeigen (Startvorbereitungen - "Ist der Rückspiegel auch richtig justiert", persönliche Probleme zu wälzen - "Habe ich auch wirklich genug Schlüpfer eingepackt" oder der Start selbst - "Während der ganzen Vorbereitung hatte ich gar nicht die Zeit, mir zu überlegen, ob ich das wirklich machen will"), ohne wirklich etwas zu zeigen.
Bei den, aus meiner Sicht, nächsten zwei Kunststücken scheiden sich leider die Geister.
Zum einen schafft Nolan es nach meinem Geschmack, Relativitätstheorie, Quantenphysik und philosophische Aspekte so zu vermitteln, dass sowohl Science-Fiction-Vielseher, Physiker und Philosophen, als auch Einsteiger den Film ohne (allzu große) offene Fragen genießen können.
Zum anderen, das Ende, aus meiner Sicht einfach wunderbar. Es erklärt alles und lässt doch immens viel Spielraum für die eigene Vorstellungskraft. Es ist philosophisch, wissenschaftlich und emotional und bringt uns am Ende doch wieder zum Anfang. Schöner hätte der Filmabend nicht enden können. Wenn ich da an die vielen Filme denke mit unlogischem oder, oh Kraus, mit offenem Ende denke...
Das größte Kunststück ist Nolan aber wohl damit gelungen, einen 169 Minuten langen Film zu schaffen, der so viele Aspekte vereint (Science-Fiction, Drama, Psychostudie, Endzeitfilm, Abenteuer, sozial Kritik, uvm.) ohne sich zu verfranzen oder auch nur eine Sekunde zu langweilen.
Zum Schluss sei der Vollständigkeit halber noch das Offensichtliche erwähnt:
Die Schauspieler - hervorragend
Die Effekte - unaufdringlich atemberaubend
Die Kameraführung und Schnitt - meisterhaft
Die musikalische Untermalung - Hans Zimmer (sollte man genauso als Adjektiv einführen, für etwas wie die Steigerungsform von "wie immer grandios")