Schon lange vor dem Erscheinen dieses Films war es für mich ein besonders unheimlicher Gedanke, in den Spiegel zu blicken und nicht das zu sehen, was man erwartet zu sehen, sondern eine bizarre Verzerrung dessen, oder etwas komplett anderes. Das heißt aber nicht, dass Alexandre Aja den Morgen nach der wilden Party auf die Leinwand brachte, nein, es handelt sich um einen herrlich schaurigen Horrorstreifen mit einigen besonders heftigen Momenten.
Alexandre Aja kommt mit „Mirrors“ im Mainstream an. Kenner des Genres, die zunächst nicht wissen, dass es sich hier wieder einmal um ein Remake eines japanischen Streifens handelt, merken dies spätestens während dem Film. Vieles kommt einem verdammt bekannt vor. Reduziert man den Film, also mit dem Wegfall der Spiegel-Idee, auf seine Atmosphäre und den groben Handlungsablauf, hat man eine recht exakte Kopie von z.B. „The Eye“. Ob man es nun mit transplantierten Augen, einem Fluch, sich selbstständig machendem Wasser oder einem teuflischem Videoband zu tun bekommt, irgendwo ist doch alles das Gleiche. Doch Aja wäre nicht Aja, wenn er seinem neusten Werk nicht wenigstens die Jugendfreigabe weggesplattert hätte. Ganz in der Tradition von „High Tension“ oder „The Hills Have Eyes“ gibt es üble Tötungsszenen zu sehen, hier jedoch nur vereinzelt. Denn im Sinne der Japaner ist „Mirrors“ auf düstere, geheimnisvolle Atmosphäre und eine gute Portion Schock-Momente fokussiert. Die Handschrift des Regisseurs ist bei dieser Mischung nicht wirklich zu erkennen. Einziges Indiz: Der Film ist an sich gelungen.
Sowohl Ajas vorige Filme, als auch die Japan-Horror-Remake Sparte allgemein weisen durch die Bank jüngere Frauen als Protagonisten auf. Da wirkt „24“-Star Kiefer Sutherland alias Ben Carson zunächst ungewöhnlich bis unpassend besetzt, erweist sich aber schnell als sympathische und recht glaubwürdige Identifikationsfigur (mit etwas unkontrollierten Wutausbrüchen). Als Ex-Cop Anfang Vierzig in der Hauptrolle stellt er eine willkommene Abwechslung dar. Für die Erotik ist ja auch Bens Frau (Paula Patton) zuständig, die im nassen weißen Oberteil (War da nicht was mit Jessica Alba? Oder war‘s Jessica Biel?) eine gute Figur macht. Als Mutter von einem Sohn (Cameron Boyce) und einer Tochter (Erica Gluck) überzeugt sie mit Leidenschaft.
Bei aller fehlenden Individualität hat sich Ajas sechste Regiearbeit für das gelungene Ende noch einen Pluspunkt verdient. Weiter zu erwähnen wäre fast nur handwerkliches. Die soliden bis guten Tricks und die geschickte Inszenierung schaffen eine Mischung aus verstörenden und widerlichen Bildern mit dem passenden Sound dazu, was Horrorfans eine mehr als passable Show bietet. Frauen, die wegen „Der Weiße Hai“ nicht mehr schwimmen gehen, müssen sich nach „Mirrors“ wohl blind abschminken. Jetzt sollte man Monsieur Aja (trotz des starken „The Hills Have Eyes“) nur noch ans Herz legen, sich demnächst wieder etwas von den Remakes wegzubewegen und ganz den eigenen Geist sprühen zu lassen. Er kann es nämlich. „Mirrors“ ist aber noch genehmigt.