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    A Killer's Memory
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    A Killer's Memory

    Michael Keaton als Killer mit Gedächtnisproblemen

    Von Lutz Granert

    Er kommt einfach nicht von seiner Paraderolle los. Nachdem Michael Keaton Bruce Wayne alias Batman bereits 1989 und 1992 Batman in zwei Filmen von Tim Burton verkörpert hatte, schlüpfte er vergangenes Jahr erneut in das immer noch wie angegossen passende Fledermauskostüm: „The Flash“ blieb zwar an den Kinokassen deutlich hinter den Erwartungen zurück, gestaltete sich aber nicht zuletzt dank Keatons launigem Auftritt als asketisch lebender „Dunkler Ritter“, der seinen Job als Verbrechensbekämpfer eigentlich längst aufgegeben hat, trotzdem kurzweilig.

    Auch in seiner zweiten Regiearbeit nach der weihnachtlichen Thriller-Romanze „The Merry Gentleman“ (2008) ist dem inzwischen 73-jährigen Hollywood-Star seine ungebrochene Spielfreude wieder deutlich anzumerken. „A Killer’s Memory“ floppte zwar trotz hochkarätigem Cast an den US-Kinokassen. Aber wenn das nüchtern inszenierte Thriller-Drama in Deutschland direkt auf Amazon Prime startet, dann ist eigentlich schon Keatons beeindruckende Performance als zunehmend an Gedächtnisschwund leidender Auftragskiller Grund genug, einfach mal reinzuschauen.

    Amazon Prime Video
    John Knox (Michael Keaton) mag vieles vergessen – aber seine Auftragskiller-Moves hat er immer noch voll drauf.

    Neuerdings hat der zweifach promovierte Ex-Golfkriegsveteran und Auftragskiller John Knox (Michael Keaton) immer wieder mit kurzen geistigen Aussetzern zu kämpfen. Die schockierende Diagnose eines Neurologen: Eine aggressive Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit wird sein Gedächtnis in den nächsten Wochen unaufhaltsam schwinden lassen, bis schließlich sämtliche Erinnerungen ausgelöscht sind. Knox nimmt einen letzten Job an, bei dem er nach einem weiteren Aussetzer allerdings versehentlich seinen Berufskollegen Muncie (Ray McKinnon) tötet. Doch nicht nur hier, auch bei einem anderen Mord muss Knox schnellstmöglich die Spuren verwischen, solange er noch halbwegs klar denken kann: Sein Sohn Miles (James Marsden) gesteht ihm, dass er rasend vor Wut den brutalen Lover seiner minderjährigen Tochter umgebracht hat…

    Ein Killer mit Gedächtnisverlust: Das ist nach dem koreanischen Thriller „Memoir Of A Murderer“, dem belgischen Krimi „Totgemacht - The Alzheimer Case“ und dem Liam-Neeson-Remake „Memory – Sein letzter Auftrag“ zwar nicht mehr ganz neu. Trotzdem gelingt es Drehbuchautor Gregory Poirier („Das Vermächtnis des geheimen Buches“), der Prämisse originelle Wendungen abzuringen. So sammelt Knox in einem Versteck in einem abgelegenen Blockhaus in den Bergen wertvolle Edelsteine zusammen, nur um im nächsten Moment hoffnungslos die Orientierung zu verlieren. Erst am nächsten Tag findet ihn ein Ranger. Eine spannende Abwechslung in einem Genre, wo die Protagonist*innen sich ja sonst in der Regel durch die totale Selbstbeherrschung auszeichnen.

    Ein wenig fehlt der Mut

    Solche Wendungen aufgrund der unvorhersehbaren geistigen Konstitution der Hauptfigur werden zwar zuweilen durch kurze Schwarzblenden und Flackern visualisiert. Aber für einen (radikalen) Wechsel in eine unzuverlässige Erzählperspektive wie etwa in „Memento“, wo Christopher Nolan seinen Protagonisten ebenso wie sein Publikum immer wieder aufs Neue ohne Kontextwissen in unklare Situationen wirft, fehlt Keaton jedoch der Mut. Stattdessen setzt er auf eine bedächtige, fast schon nüchterne Inszenierung. Nur selten werden melancholische Jazz-Trompeten unter die vor allem mit starren Einstellungen und harten Schnitten aufgelösten Szenen gelegt, große Effekte (oder auch bewegende Momente) sucht man vergebens.

    Trotzdem schöpft das Skript aus der fortschreitenden Demenz seiner Hauptfigur ein großes Maß an suggestiver Spannung: Wenn Knox im Haus seines Sohnes dessen blutverschmiertes Tatmesser versteckt, stellt sich nämlich schon die Frage, ob er wirklich noch weiß, was er da gerade tut – zumal die Polizei den beiden zunehmend auf die Schliche zu kommen droht.

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    Diesmal muss Knox nicht seinen eigenen Mord verwischen, sondern den seines Sohnes Miles (James Marsden).

    Was „A Killer’s Memory“ zwischen Slow-Burn-Thriller und etwas flach geratenem Beziehungsdrama sehenswert macht, ist seine ebenso hochkarätige wie spielfreudige Besetzung. Michael Keaton verkörpert die zunehmende Verwirrung seiner Figur mimisch vielschichtig und wirkt gerade mit apathischem Blick oder schiefem Mund in seiner Darstellung authentisch. James Marsden gibt nach den zuletzt etwas profillosen Auftritten als argloser Kleinstadtpolizist in den beiden „Sonic The Hedgehog“-Teilen ein ebenso aufbrausendes wie unsympathisches Nervenbündel. Oscar-Preisträgerin Marcia Gay Harden („Pollock“) kommt als Knox’ empathische Ex-Frau Ruby hingegen etwas kurz.

    Als Knox’ Mentor und Auftraggeber Xavier Crane, der seinen Schützling bei den letzten Vorbereitungen vor seiner endgültigen geistigen Umnachtung unterstützt, kommt Al Pacino neben Keaton selbst die meiste Screentime zu. Bei seiner extravaganten Kleidung, darunter ein Jackett im Geparden-Look, werden sogar Erinnerungen an seine Paraderolle als Tony Montana in „Scarface“ (1983) wach. Beim steten Kokettieren mit dem eigenen Alter und der Gauner-Mentalität übertreibt er es jedoch etwas, weshalb die süffisante Persiflage der eigenen Schauspielkarriere ein ums andere Mal ins unfreiwillig Komische kippt.

    Fazit: Das betont entspannte Thriller-Drama „A Killer’s Memory“ punktet vor allem mit einem spielfreudigen Ensemble! Allerdings fehlt Michael Keaton in seiner zweiten Regiearbeit ein wenig der inszenatorische Mut, um alles aus der Prämisse herauszuholen.

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