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Freitag, 15. Januar 2010 - 08:01
Joseph Vilsmaier (70) ist ein deutsches Regie-Urgestein. Der sympathische Münchner feierte nach seiner Hochzeit in den 90er Jahren und einer anschließenden Durststrecke 2008 mit „Der Geschichte vom Brandner Kasper“ ein kommerzielles Comeback, dessen Rückenwind er nun für sein neues Projekt nutzen will. In dem Bergsteiger-Drama „Nanga Parbat“ widmet sich Vilsmaier der Geschichte der Brüder Reinhold und Günther Messner, die 1970 in einer internationalen Expedition den Nanga Parbat bezwingen wollten. Doch Günther Messner wurde von einer Lawine erfasst und getötet. Bis heute halten sich Vorwürfe, Reinhold Messner hätte seinen Bruder im Stich gelassen. Filmstarts bekam im Berliner Savoy Hotel die Möglichkeit, mit Joseph Vilsmaier über seinen Film zu sprechen.
Filmstarts: Sie haben vor „Nanga Parbat“ einmal gesagt, dass Sie den Antrieb von Bergsteigern unmöglich nachvollziehen könnten. Hat sich diese Einstellung nach den Dreharbeiten und der Zusammenarbeit mit Reinhold Messner geändert?
Joseph Vilsmaier: Ja, das hat sich schon ein bisschen gewandelt. Ich fand die früher alle verrückt, völlig verrückt! Aber jetzt, nachdem ich beim Dreh die Geografie der Berge live erlebt habe, musste ich mir eingestehen: Okay, kein Mensch weit und breit und die Sicht vom Gipfel ist so einmalig und überwältigend, dass ich die Faszination wenigstens erahnen konnte! Wobei die Voraussetzung für dieses Wagnis, eine wahnsinnige Kondition erfordert. Und man muss leidensfähig sein bis zum Geht-nicht-mehr. Man muss erst mal 40 Grad Celsius Kälte und 150 Stundenkilometer Wind ertragen können. Aber am Unangenehmsten ist der geringe Sauerstoffanteil in dieser Höhe. So ganz verstehen kann ich das alles aber immer noch nicht. Wenn vielleicht keine Lawinen herunterkommen würden, wenn man nicht so derartige Kräfte brauchen würde, um da hochzusteigen, wenn alles ein bisschen besser einzuschätzen wäre, dann okay! Aber in Wahrheit schaut man sich pausenlos nach Lawinen um.
Diese extreme Anspannung kann man im Film gar nicht zeigen. Da kommt auf einmal die halbe Zugspitze daher. Wir haben uns lange überlegt, wie wir die unglaubliche Höhe von 8.000 Metern im Film plastisch zeigen können. Wie vermittelt man dem Zuseher 8.000 Meter? Soll man sagen, „drei Mal so hoch wie die Eiger Nordwand“? Wir haben uns dann dafür entschieden, aber so richtig zeigen kann man es halt doch nicht.
„Nanga Parbat“-Regisseur Joseph Vilsmaier (rechts) mit seinem Berater Reinhold Messner.
Filmstarts: Haben Sie mit dem Gedanken gespielt, CGI für die Vermittlung dieser Dimensionen einzusetzen?
Joseph Vilsmaier: Nein, das wollten wir nicht. Wir hätten den Film nicht gemacht, wenn wir nicht zum Nanga Parbat hätten fahren können. Ich musste mir vor Ort ein Bild machen können. Außerdem hab ich mich gefragt, mache ich das Projekt mit Reinhold Messner oder nicht? Glaube ich ihm, oder nicht? Hätte ich Messners Erzählung nicht geglaubt, hätte ich auch den Film nicht machen können. Darum hab ich mich vorher gewissenhaft informiert – nicht bei Messner selbst. Wir haben fast gar nicht darüber gesprochen. Als ich es einmal thematisiert habe, ist mir klar geworden, dass er bis heute darunter leidet. Davon bin ich absolut überzeugt. Er gibt das nur nicht preis und macht es stattdessen mit sich selbst aus.
Filmstarts: Wie haben Sie Reinhold Messner für das Filmprojekt gewonnen?
Joseph Vilsmaier: Ich habe ihn nicht gewonnen, er hat mich gewonnen. Er hat mir einen Brief geschrieben. Am 20. Dezember 2004. Da hat er mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihm etwas zu realisieren. Dann haben wir ein paar Mal telefoniert und uns auch getroffen, da hatten sie seinen Bruder noch gar nicht gefunden.
Filmstarts: Das war ja erst im August 2005…
Joseph Vilsmaier: Ja, richtig. Danach ist seine gesamte Familie zur Bestattungszeremonie an den Nanga Parbat gereist und ich sollte das Ganze dokumentarisch begleiten. Ich habe mich immer mehr mit der Tragödie befasst und bin zu der Ansicht gekommen: Er muss die Wahrheit gesagt haben.
Filmszene aus „Nanga Parbat“.
Filmstarts: Es ist auch ein Film über den Verlust eines geliebten Menschen. Waren Sie denn schon bereit, nach dem Tod Ihrer Frau Dana Vávrová im Februar 2009 dieses Thema anzugehen?
Joseph Vilsmaier: Das hatte ja damit gar nichts zu tun. Das war viel früher. Als ich damals meinen Kindern von dem Vorhaben erzählt habe, haben sie gesagt: „Du alter Depp, was willst Du denn da auf dem Berg?“ Wir haben gelacht, aber ich habe gesagt: „Ich muss das machen.“ Messner war für mich der große Unbekannte, den ich ergründen wollte. Ob mir das gelungen ist, weiß ich bis heute noch nicht sicher. Aber ich glaube schon zu wissen, wie er tickt. Ich durfte vor Ort so viel erleben, das war ein Riesenausgleich für die ganzen Strapazen. Das Schlimmste waren für mich die Nächte, weil wir nicht akklimatisiert waren, da ging es mir nicht gut. Da konnte ich einfach nicht schlafen. Am nächsten Tag musste man um fünf Uhr raus und schleppen wie ein Esel, um dann wieder 1.000 Höhemeter zu überwinden. Und Messner ist da trotz seines Alters von 65 Jahren vorausmarschiert. Da merkt man schon, dass es ihm im Blut liegt. Am letzten Tag, als wir unsere Sachen zusammengepackt haben, ist Messner um vier Uhr früh mit seinem Sohn Simon aufgestanden und einen Sechstausender hochgestiegen. Am Nachmittag um vier Uhr waren sie wieder da.
Filmstarts: Das waren Dreharbeiten unter extremen Bedingungen. Gab es auch richtig brenzlige Situationen?
Joseph Vilsmaier: Brenzlig war es immer. In Bezug auf die Lawinen haben wir schon sehr auf uns aufgepasst. Ein Hubschrauber musste mal wegen einer Lawine notlanden, weil man nämlich keinen Aufwind mehr bekommt. Ein anderes Mal gerieten wir in einen Sandsturm, da mussten wir auch runter.
Filmstarts: Wenn Sie in einer solch imposanten Umgebung sind: Machen die Berge da etwas mit einem? Bekommt man Ehrfurcht?
Joseph Vilsmaier: Ehrfurcht hat man pausenlos. Eigentlich den ganzen Tag lang. Wir waren uns der Gefahren bewusst und hatten natürlich immer Angst, dass etwas passieren könnte. Wenn es Tote gegeben hätte, hätte man den Film einstampfen können. Wer wäre dann noch ins Kino gegangen? Obwohl es bestimmt Leute gegeben hätte, die sich den Film gerade deshalb angesehen hätten und das wäre für uns unerträglich gewesen. Und darum haben wir extrem aufgepasst.
Filmszene aus „Nanga Parbat“.
Filmstarts: Apropos brenzlige Situationen. Wenn zwei starke Charaktere aufeinander treffen, die genau wissen, was sie wollen, besteht die Gefahr von Reibereien…
Joseph Vilsmaier: Es hat nie Auseinandersetzungen gegeben, das schwöre ich! Es ging nur ab und zu um professionelle Dinge, bei denen Messner sehr pedantisch ist. Wie der Pickel ins Eis geschlagen wird, da gibt es bestimmte Handgriffe, die jedem Bergsteiger aufgefallen wären, hätten sie nicht gestimmt. Das war auch Messners Aufgabe. Eines Tages ist er im Schneideraum fuchsteufelswild geworden, weil der Berg aus seiner Sicht nicht richtig eingefangen war. Mir war das nicht so wichtig. Seine 70er Route ist ja seitdem keiner mehr gestiegen, da ist keiner mehr hinaufgekommen – wenigstens bis jetzt noch nicht. Viele haben es versucht, mussten aber abbrechen. Ich hab ihm auch einmal gesagt, man könne auf eine Szene verzichten, es sei doch egal, da die Berge ja eh alle gleich aussehen. Da hätten Sie Reinhold hören sollen: „Nein, die sehen nicht gleich aus.“ Ich hab ihm Recht gegeben und er hatte ja auch recht! Für Messner musste alles genau stimmen. Er hatte einfach panische Angst, dass man es ihm vorwirft, wenn etwas nicht stimmt. Und deshalb war er beim Drehen ganz genau.
Wir haben uns super verstanden und gewusst, wenn wir uns einmal in die Haare kriegen, geht nichts mehr. Wir haben das beide gespürt. Denn ich bin genauso stur wie er. Wir hatten einen super Umgang miteinander und die eben geschilderte Szene war die einzige, in der die Situation ein bisschen angespannt war. Er ist schon ein kluger Kopf. Er war ja nicht umsonst fünf Jahre lang Grünen-Abgeordneter in Brüssel. Er hat für alles einen untrüglichen Instinkt.
Filmstarts: Was war für Sie das Ziel des Films?
Joseph Vilsmaier: Es gibt keine Botschaft.
Filmszene aus „Nanga Parbat“.
Filmstarts: Aber Sie haben schon den Versuch unternommen, Reinhold Messner von seiner Schuld zu befreien?
Joseph Vilsmaier: Ich habe absolut nicht versucht, ihn von irgendetwas zu befreien. Das Bild, das ich mir von der Situation gemacht habe, hat sich über lange Zeit entwickelt. Und nachdem ich auch noch viele andere Punkte kenne, ist es für mich klar, dass er seinen Bruder nicht im Stich gelassen hätte. Ich bin davon fest überzeugt! Und dazu stehe ich auch. Die Vorwürfe haben mich schon sehr beschäftigt. Soll ich den Film überhaupt machen? Trau’ ich dem Kerl? Das war für mich eine große Nummer und ganz entscheidend. Messner durfte nicht eine Zeile des Drehbuchs schreiben.
Filmstarts: Reinhold Messner hat also gar keinen Einfluss auf das Drehbuch gehabt?
Joseph Vilsmaier: Nein. Er war nur Berater. Er hatte einen Vertrag, der dies genau definierte. Ich habe mich abgesichert, das letzte Wort hatte ich. Aber Messner ist ja klug. Er hat sich überhaupt nicht eingemischt. Die Drehbuchautoren Sven Severin und Reinhard Klooss haben ein halbes Jahr lang recherchiert. Die haben zum Schluss mehr gewusst als er. Manche Sachen hat Messner im Detail gar nicht mehr in Erinnerung gehabt. Er hat sich völlig rausgehalten und sich vielmehr für den Prozess interessiert. Ihm hat es Spaß gemacht, das erste Mal zu erleben, wie ein Film zustande kommt. Dass das nicht einfach ein Honigschlecken ist, einen Film zu machen, sondern, dass es eine Riesennummer ist - von der Logistik, dem ganzen Team und wie das alles zusammenläuft. Er hat immer nachgefragt und war ungeheuer lernbegierig. Ich habe ihn mal gefragt: „Willst du demnächst selbst einen Film machen, oder was?“ So ist mir das mitunter vorgekommen und ich bin sicher, er würde auch das gut hinkriegen…
„Nanga Parbat“ startet am 14. Januar 2010 in den deutschen Kinos.
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