Filmstarts trifft... Ronald Zehrfeld ("Zwölf Meter ohne Kopf")
Donnerstag, 10. Dezember 2009 - 20:12
Im kommenden Jahr wird Ronald Zehrfeld („Der Rote Kakadu“) eine der Hauptrollen in Dominik Grafs heiß erwarteter ARD-Krimiserie „Im Angesicht des Verbrechens“ verkörpern. Zuvor ist er nun in Sven Taddickens „Zwölf Meter ohne Kopf“ als Klaus Störtebeker zu sehen, wobei sich der legendäre Piraten-Kapitän nicht als verwegener Kerl, sondern als ziemlicher Warmduscher erweist. Filmstarts traf den stämmigen Schauspieler mit weichem Kern zum Gespräch in Berlin.

Filmstarts: Als Dir die Rolle angeboten wurde, war das Drehbuch bereits fertig. Die Recherchen über Störtebeker waren also schon abgeschlossen. Hast Du Dich trotzdem noch selbst mit der Frage beschäftigt, welche konkreten Erkenntnisse es zu Störtebeker eigentlich gibt und warum der Kerl auch heute noch jedem ein Begriff ist?

Ronald Zehrfeld: Ja, klar. Das gehörte mit zur Vorbereitung. Für mich war auch spannend, was ich selbst eigentlich noch von ihm weiß. Und da fällt einem als erstes natürlich die Sage über die Enthauptung ein. Mir kommen dann immer verschiedene Fragen in den Sinn. Wie weit hätte er es noch geschafft, wenn der Knüppel nicht geschmissen worden wäre? Oder: Ein Mensch ohne Kopf – der kann nicht reden, der kann nicht gucken. Kann aber der Kopf noch den Körper sehen, der da zwölf Meter lang an den Männern vorbeistolpert? Der nächste Schritt war dann, sich mit der kulturhistorischen Seite auseinanderzusetzen – also den zersplitterten Herzogtümern, der dänischen Königin und dem Freibrief, der es Störtebeker erlaubte, plündernd über die Meere zu ziehen.


Bereit zum Entern: Ronald Zehrfeld ist Klaus Störtebeker.

Filmstarts: Es gibt kein Bild von Störtebeker und auch nur sehr wenige Quellen, und doch verbindet man ihn mit einem unstillbaren Lebenshunger. Dein Störtebeker ist hingegen ja eher eine „buddhistische“ Version. War es für Dich eine Enttäuschung, zwar in einem Piratenfilm mitspielen, aber eben nicht komplett die Sau raus lassen zu dürfen?

Ronald Zehrfeld: Nein, ich fand das sogar eher spannend. Es gibt da dieses klassische Bild vom „Stürz den Becher“-Störtebeker. Hier war es jetzt eben aufregend, auch mal zu schauen, wie es bei diesem Rockstar von damals aussieht, wenn er am Abend alleine ist oder wenn in sein Leben plötzlich eine andere Kraft – wie die Liebe oder ein Nah-Tod-Erlebnis – tritt, die ihn zum Umdenken bewegt. Das passiert im Film relativ früh, so dass man den klassischen Störtebeker nur kurz erlebt. Danach haben wir versucht, ihn menschlicher zu zeigen. Was ist, wenn er seinen Schutzpanzer ablegt, mit Gödeke Michels in der Koje sitzt und über tiefgreifende persönliche Probleme quatscht?


Bereit für die Liebe: Störtebeker hat keinen Bock mehr auf das Piratenleben.

Filmstarts: In Biographien über Dich ist oft zu lesen, dass Du womöglich Profi-Judoka geworden wärest, wenn vor 20 Jahren die Mauer nicht gefallen wäre. Warst Du tatsächlich so fit?

Ronald Zehrfeld: Ja. Ich hatte das Glück, bereits sehr früh – eigentlich schon im Kindergarten – ausgewählt zu werden. So hatte ich die Chance, mich im Trainingszentrum von Dynamo Adlershof, wo die Besten der Republik zusammenkamen, durchzubeißen. Für mich war Judo - egal ob nun mental oder körperlich – eine Erfüllung. Zwar ist der Sport leider ziemlich unpopulär, weil da immer einer umfällt und eigentlich niemand weiß warum. Erst in der Zeitlupe ist zu sehen, dass die sich da mit fünf Kontertechniken gegenseitig ausgehebelt haben. Trotzdem war es immer mein Traum, auch wenn das jetzt vielleicht etwas blöd klingt, Olympiasieger für die Deutsche Demokratische Republik zu werden. Trotzdem bin ich natürlich happy, dass Gorbi kam mit Glasnost und Perestroika, und dass wir nun ein wenig mehr von der Welt sehen und uns in allen Bereichen austoben dürfen.

Filmstarts: Dann bist Du Schauspieler geworden und inzwischen wirst Du in Artikeln sogar als „Womanizer“ beschrieben. Liest Du eigentlich, was in Zeitungen über Dich geschrieben wird?

Ronald Zehrfeld: Nur manchmal, aber ich muss dann immer an einen alten Dozenten denken, der sagte: „Kritik und Kantine besser meiden!“ Ich fand das immer sehr witzig. Ein anderes Beispiel ist: „Preise sind wie Hämorrhoiden, am Ende kriegt jedes Arschloch einen.“


Hamlet reloaded: Störtebeker diskutiert mit einem Totenschädel.

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