Oben: Filmstarts interviewt Regisseur Pete Docter und Produzent Jonas Rivera
Montag, 14. September 2009 - 11:09

Von Christoph Petersen

Pete Docter war von Anfang an dabei. Bereits Mitte der 90er Jahre entwickelte er gemeinsam mit den anderen Pixar-Pionieren John Lasseter, Andrew Stanton und Joe Ranft die Geschichte zu „Toy Story“. 2002 folgte mit dem Kassenknüller „Die Monster AG“ sein erster abendfüllender Spielfilm. Filmstarts traf den 42-jährigen Regisseur, der so jugendlich aussieht, als ob er gerade frisch vom College käme, mitsamt seinem Produzenten Jonas Rivera zum Interview in Berlin - um mit ihnen über den Start ihres Animations-Blockbusters „Oben“ zu sprechen, der am 17. September endlich auch in den deutschen Kinos startet.

Filmstarts: Wie ist die Idee zu „Oben“ zustande gekommen?

Pete Docter: Bei der Arbeit an „Die Monster AG“ ist mir und meinem Co-Regisseur Bob Peterson plötzlich das Bild eines schwebenden Hauses in den Sinn gekommen. Wir fragten uns dann, wer wohl in einem solchen fliegenden Haus wohnen würde. Die Antwort: ein grimmiger alter Mann. Das war der Ursprung der Story.


Jonas Rivera und Pete Docter in Berlin.

Filmstarts: Zunächst einmal mutet „Oben“ wie pures Kassengift an - ein mies gelaunter Rentner an Krücken trifft auf einen fetten, nervigen Pfadfinder. Wie ist es euch gelungen, aus solch unpopulären Charakteren nicht nur einen künstlerischen, sondern auch einen finanziellen Erfolg zu formen?

Pete Docter: Das Studio hat uns dabei unterstützt. Es kam nie jemand auf uns zu und hat gesagt: „Der Mann ist zu alt, das verkauft sich nicht, den müsst ihr jünger machen.“ Es geht immer nur darum, wie der Zuschauer auf eine Figur reagiert. Zudem hatten wir bereits so viel Spaß damit, den griesgrämigen Carl auch nur zu zeichnen, dass wir uns schnell sicher waren, dass auch das Publikum diesen Charakter ins Herz schließen würde.

Filmstarts: Das Bild vom schwebenden Haus erinnert ein wenig an Hayao Miyazaki, den Regisseur von „Prinzessin Mononoke“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“?

Jonas Rivera: Ja, wir lieben Miyazaki. Besonders gut an ihm gefällt mir, dass er seinen Filmen Raum zum Atmen gibt. Er lässt sich viel Zeit für gewisse Eindrücke, die speziell im amerikanischen Kino zugunsten des Tempos weggeschnitten würden. Das hat uns schon inspiriert. Auch in „Oben“ gibt es Einstellungen, die mithilfe des Sounds und der Bilder einfach nur eine bestimmte Atmosphäre erzeugen sollen.

Pete Docter: Das Haus selber haben wir aber gefunden, als wir in Oakland und Berkeley rumgefahren sind. Da sind wir auf einige schöne Häuser gestoßen, an denen uns gewisse Elemente sehr gut gefallen haben. Es sollte auf jeden Fall leicht genug sein, um sich vorstellen zu können, dass es tatsächlich fliegt - also keine Ziegelsteine oder so etwas, sondern nur Holz. Von vorne betrachtet ist das Haus übrigens ein Viereck, was mit dessen Bewohner Carl korrespondiert, dessen Schädel auch ein Viereck ist.


Regisseur Pete Docter

Filmstarts: Es gibt Zuschauer, die fanden „Oben“ zu emotional und nicht intellektuell genug?

Pete Docter: Auch in Amerika gibt es Leute, die Angst vor Emotionen haben. Es gibt diese Tendenz, Gefühlen nur noch mit einem Augenzwinkern zu begegnen. Wenn man den Gefühlen zu nahe kommt, macht man sich eben über sie lustig. „Oben“ ist in dieser Hinsicht eine Rückkehr zu älteren Filmen wie den frühen Disney-Klassikern oder „Ist das Leben nicht schön?“ von Frank Capra - eben zu Filmen, die zwar nicht zynisch, aber deshalb noch lange nicht weltfremd sind.

Filmstarts: Filme von Pixar zeichnen sich häufig durch eine genaue Recherche aus. Bei „Ratatouille“ musste zum Beispiel jeder Beteiligte zumindest ein wenig Kochen lernen. Gab es etwas Vergleichbares auch bei „Oben“?

Pete Docter: Für fast jedes Element des Films haben wir etwas Ähnliches gemacht. Zum Beispiel für Kevin, den Vogel. Wir haben extra einen echten Strauß ins Studio geholt. Jeder konnte dann Zeichnungen machen oder dem Betreuer Fragen zum Verhalten des Tieres stellen.


Produzent Jonas Rivera

Filmstarts: In wie fern hat die Entscheidung, den Film in 3D zu produzieren, die Entwicklung der Geschichte beeinflusst?

Pete Docter: Gar nicht. Die Idee kam erst auf, als wir bereits ein paar Jahre mit „Oben“ beschäftigt waren. Wir wollten auf jeden Fall verhindern, dass die Technik von der Story ablenkt. Deshalb gibt es im Film auch keine Gegenstände, die aus der Leinwand auf das Publikum zukommen.

Filmstarts: In den 50ern und 80ern gab es bereits Versuche, 3D im Kino zu etablieren - doch die Technik konnte sich kommerziell nie durchsetzen. Warum seid ihr der Meinung, dass es diesmal klappen könnte?

Jonas Rivera: In den 80ern hat es nicht funktioniert, weil damals Filme wie „Der weiße Hai 3-D“ in die Kinos kamen.

Filmstarts: Aber in den 50ern gab es solche tollen 3D-Filme wie „House Of Wax“ oder „Bei Anruf Mord“ von Alfred Hitchcock?

Pete Docter: Da hast du recht. Es ist eine spannende Frage, auf die ich die Antwort aber auch noch nicht weiß. Im Endeffekt wird allein das Publikum entscheiden, ob sich die Technik durchsetzt. Es ist ein cooles Gimmick, aber ich muss jetzt auch nicht jeden Film, in dem Leute an einem Tisch sitzen und sich unterhalten, unbedingt in 3D sehen.


Jonas Rivera, Karlheinz Böhm, Pete Docter und Dirk Bach.

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