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Donnerstag, 30. Juli 2009 - 10:07
Zwei Männer, zwei Frauen und ein Haus - das ist der Stoff, aus dem Sebastian Schippers neuer, von Goethes „Wahlverwandtschaften“ inspirierter Film „Mitte Ende August“ gemacht ist. Mehr als das und seine überzeugenden Hauptdarsteller Milan Peschel und Marie Bäumer braucht der junge Regisseur und Drehbuchautor (Absolute Giganten,Ein Freund von mir) nicht, um eine warmherzige, mitreißende, aber auch dramatische Geschichte von Liebe und Freundschaft zu erzählen. Filmstarts hatte die Gelegenheit, mit Sebastian Schipper zu sprechen.
Filmstarts: Herr Schipper, Ihr neuer Film „Mitte Ende August“ kommt am 30. Juli in die Kinos. Die Geschichte beruht auf Goethes „Wahlverwandtschaften“. Was hat Sie an der Vorlage gereizt?
Sebastian Schipper: Ich war gegenüber dem Buch voller Ressentiments, weil ich überhaupt kein Goethe-Fan bin. Ich habe mit Goethe immer nur in Verbindung gebracht, dass er schon zu Lebzeiten eine Legende war. Er war als Politiker tätig und verfügte über viel Geld und Macht. Ich kannte nur seinen „Faust“ und fand ihn immer sehr dröhnend und großsprecherisch. Ich habe mich deswegen mit ihm nie wirklich beschäftigt, dann aber durch Zufall die „Wahlverwandtschaften“ kennen gelernt und war überrascht, wie fein, genau, zerbrechlich und bunt die Beziehung, diese Liebe zwischen den Hauptfiguren beschrieben wurde. Das fand ich großartig.
Filmstarts: Auf starken Beziehungen liegt offenbar der Fokus, der sich auch durch Ihre anderen Filme zieht. Ist es das, was Sie an den Stoffen reizt?
Sebastian Schipper: Ja, diese feine Tonalität zwischen Leuten und wie in diesen zerbrechlichen Momenten Nähe entsteht oder Fremdheit. Das Thema habe ich in „Wahlverwandtschaften“ ganz unerwartet entdeckt, das fand ich ganz toll.
Mitte Ende August: Marie Bäumer, Milan Peschel, André Hennicke
Filmstarts: Hanna und Thomas sind zwei recht unterschiedliche Menschen. Den Konflikt zwischen den beiden bemerkt der Zuschauer schon in der ersten Szene, in der er Musik anmacht, sie aber noch schlafen möchte. Wie würden Sie Hanna und Thomas charakterisieren?
Sebastian Schipper: Sie sind unterschiedlich, aber es ist auch gut, dass sie das sind. Das kommt schon in der ersten Szene zum Ausdruck. Es ist nicht nur die Harmonie, die die beiden treibt, sondern auch die Unterschiedlichkeit.
Filmstarts: Ziehen sich Gegensätze an?
Sebastian Schipper: Ja, ich glaube schon, dass es so ist. Es muss nicht so sein, aber man bewundert beim anderen doch oft, was man selbst nicht ist. Dass Gegensätze sich anziehen, würde natürlich auch insofern zum Original passen, dass es dort diesen Passus gibt, wo geradezu chemisch verhandelt wird, wie sich bestimmte Dinge anziehen, abstoßen und neue Stoffe entstehen.
Filmstarts: Thomas und Hanna geben ein unerwartetes Paar ab. Wie sind Sie auf Maria Bäumer und Milan Peschel gekommen?
Sebastian Schipper: Ich finde die beiden einfach ganz toll. Ich habe im Kopf mit Milan angefangen und dann haben wir beide zusammen ziemlich schnell Marie getroffen und dann habe ich gemerkt, dass ich die beiden ganz großartig zusammen finde. Sie sind beide ziemliche Gegensätze und ich finde, dass diese Gegensätze sich stark machen, dass sie den jeweils anderen auch interessanter machen.
Marie Bäumer, Milan Peschel und eine schwarze Katze
Filmstarts: Ihre Drehbücher schreiben Sie immer selbst.
Sebastian Schipper: Ja, ich merke immer mehr, dass mir das Drehbuchschreiben für die Auseinandersetzung mit dem Stoff sehr hilft. Ebenso ist mir das Schreiben als Teil von meinem Beruf sehr wichtig. Dieses Hinsetzen und über das Schreiben nachdenken. Ich habe „Wahlverwandtschaften“ einmal gelesen und dann habe ich schon angefangen, das Drehbuch zu schreiben. Ich habe an einer Stelle noch einmal ins Buch geschaut. Mir fiel zu dem Zeitpunkt gerade nichts ein und da hat mir das Buch noch einmal geholfen. Das war die Stelle, in der im Roman der Baron auftaucht. Der wurde dann im Film bei mir zu Maries Vater. Meine Umsetzung ist wirklich sehr frei nach Motiven des Buches. Das Wichtigste, das noch aus „Wahlverwandtschaften“ stammt, ist diese feine Beobachtung der Figuren und wie die Menschen sich verhalten. Der Schluss ist nicht aus der Vorlage. Da habe ich ein sehr persönliches Ende gewählt. Ich finde, dass das Paar am Schluss ein tolleres Paar ist als zu Beginn. Sie gehen gestärkt aus dem Konflikt hervor. Am Ende wissen sie viel mehr über sich selbst.
Filmstarts: Man hat das Gefühl, Ihre Filme behandeln verschiedene Lebensstadien. „Absolute Giganten“ handelt von einem Abschied, „Ein Freund von mir“ vom Kennenlernen, in „Mitte Ende August“ geht es um beides.
Sebastian Schipper: Ja, das stimmt. Obwohl ich die Filme ursprünglich nicht so angelegt habe. Aber es gibt ja das Zitat: „Ich schreibe ein Buch, um zu wissen, was drin steht“ – und so geht mir das mit meinen Filmen auch. Es geht meinen Hauptfiguren darum, den Ort zu finden, an den sie gehören. Bei „Absolute Giganten“ geht es darum, ob der Protagonist in Hamburg bleiben oder in die Fremde gehen soll; und bei „Ein Freund von mir“ geht es auch um eine sehr starke Verortung in einem Versicherungsgebäude und der Protagonist will eigentlich dort bleiben, wird dann aber von einer anderen Figur in die Welt gezogen. Und auch in „Mitte Ende August“ geht es um die Frage: Ist dieses Haus, diese Beziehung, diese Liebe der richtige Ort? Das meint Lebensstationen: Zuerst verlässt jemand seine Heimatstadt, dann hat er einen Beruf, es könnte auch ein Studium sein, jedenfalls eine Lebenssituation, die sich verengt hat und dann hat er eine Frau kennen gelernt und wird auf die Probe gestellt, ob das wirklich das Richtige ist. Ich identifiziere mich in meinen Filmen immer mit allen Figuren. Aber in „Mitte Ende August“ ist es zum ersten Mal so, dass mein stärkstes Alter Ego eine Frau ist.
Marie Bäumer beim Entspannungsbad
Filmstarts: Sind die anderen Elemente in dem Film auch persönlicher Natur? Mögen Sie z.B. fränkischen Wein und grünen Tee?
Sebastian Schipper: Ich mag fränkischen Wein. Es war die Zeit, wo ich wahnsinnig gerne Riesling getrunken habe. Und grünen Tee trinke ich ebenfalls sehr viel. Es ist interessant, was Sie sagen, es gibt zwar keine Eins-zu-eins-Entsprechungen zu meinem Leben, wohl aber es gibt eine innere Psychologie. Ich hatte zwar noch nie ein Haus, aber in Details findet sich viel von mir wieder.
Filmstarts: Auf den Zuschauer wirken diese Details sehr authentisch...
Sebastian Schipper: ... das liegt natürlich an den Charakteren. Zum Beispiel ist André Hennicke als Friedrich eine ganz wichtige Figur. Es ist ganz essenziell für den Film, dass die Figuren ihre Würde behalten. Und gerade bei Friedrich, dessen Leben gerade ruiniert ist, war es mir wichtig, dass alles nicht in eine selbstmitleidige Schiene rutscht. Ebenso Marie Bäumer – ich wollte nicht so eine herkömmliche frustrierte Frau in der zweiten Lebenshälfte. Marie ist die tolle Frau in dem Film, Anna Brüggemann als Augustine ist – anders als die junge Ophelia bei Goethe – keine Bedrohung für Thomas und Hannas Beziehung.
Stimmungsvolle Abende auf dem Land
Filmstarts: Es ist interessant zu sehen, wie Hanna zwischen sich und Friedrich immer mehr Gemeinsamkeiten entdeckt. Mit Thomas' Bruder liegt sie in manchen Dingen eher auf einer Wellenlänge als mit ihrem Ehemann.
Sebastian Schipper: Ja, wie gesagt, ich glaube, Gegensätze ziehen sich an. Aber es ist ein anderes Paar von Gegensätzen. Was uns nämlich auch anzieht, ist der Gegensatz von unseren Partnern. Es gehört zu den verführerischsten Sachen, die es im Leben gibt, wenn man einen Mann oder eine Frau kennen lernt, die so anders ist, als der eigene Partner – und diese Person einen aber auch darauf aufmerksam macht, was es in dem Leben, für das man sich entschieden hat, nicht gibt. Das ist auch ein Gegensatz, der einen anziehen kann. So entdeckt sie in Friedrich auch viele Eigenschaften, die sie anziehen z.B. sein verantwortungsvolles Handeln, das ist etwas, was ihr die Knalltüte Thomas nicht geben kann. Dafür gibt dieser ihr Lebendigkeit und Freude am Leben.
Filmstarts: Ist es ein Film über ein spezielles Paar oder kann man ihn auch verallgemeinern?
Sebastian Schipper: Natürlich kann man ihn auch verallgemeinern. Auch der ersten Ebene ist es einmal ein Film über ein spezifisches Pärchen. Das ist nötig, um das Interesse des Zuschauers zu wecken. Aber ich glaube, dass die Fragen auch auf einer allgemeineren Ebene funktionieren. Man entscheidet sich für eine Sache und gegen eine andere. Das wird uns nie klarer als in einer Beziehung. Und irgendwann kommt die Zeit – vielleicht erst nach vielen Jahren – dass die Entscheidung für eine Person eine Entscheidung gegen alle anderen war. Ich bin immer leicht verführt zu sagen, dass es auch an der Zeit liegt, in der wir leben. Die Entscheidung für eine Sache wird uns extrem schwer gemacht. Durch die Kommunikation auf so vielen Kanälen, durch die wir so viel wissen, und uns auch suggeriert wird, dass man alles haben kann, führt dazu, dass es den Menschen immer schwerer fällt, eine Wahl zu treffen. Aber dann sieht man, dass Goethe schon das gleiche Problem beschäftigt hat. Auch seinen Figuren fällt es schwer, zu einer Person ja zu sagen.
Nicht immer so innig wie auf diesem Bild: Marie Bäumer und Milan Peschel
Filmstarts: Die Musik ist wieder sehr auffällig, aber im Gegensatz zu den anderen Filmen arbeiten Sie diesmal mit eigens für diesen Film komponierter Musik.
Sebastian Schipper: Ja, von einem meiner ganz großen Helden: Vic Chesnutt. Ich verehre diesen Musiker seit fast 15 Jahren, schon seit ich angefangen habe, mich für das Filmemachen zu interessieren. Als schon eine grobe Fassung des Films fertig war, hörte ich die neue Platte von Vic – und es war die beste, die ich jemals gehört habe. Nach einigen Zufällen und Umwegen ist es dann tatsächlich dazu gekommen, dass er die Musik für „Mitte Ende August“ gemacht hat. Das war für mich ganz toll. Der Film ist ein sehr filigranes Gebilde und Vics lyrische Musik passt dazu perfekt.
Filmstarts: Durch die Musik bekommen die alltagsromantischen Szenen des Films etwas Überhöhtes und damit etwas ganz Besonders.
Sebastian Schipper: Ja, das sehe ich auch so. Für mich wäre es undenkbar, einen Film ohne Musik zu machen. Die Musik bringt den gezeigten Alltag ein kleines bisschen zum Schwingen. Eines meiner ganz großen Idole ist auch deswegen Raymond Carver. Es ist unfassbar, wie dieser Autor die Feinheiten des Lebens beobachten kann.
Filmstarts: Nach „Mitte Ende August“ stellt sich natürlich die Frage: Auf was dürfen wir uns als nächstes freuen?
Sebastian Schipper: Ich schlage mal einen ganz anderen Weg ein und mache einen sehr dunklen, körperlichen und gewalttätigen Film. Es wird ein Paranoia-Thriller. Wenn alles gut geht, werde ich Anfang nächsten Jahres mit dem Dreh beginnen.
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