Knetmasse oder keine Knetmasse, das ist hier die Frage: Wir sind nach England in die berühmten Aardman-Studios ("Wallace & Gromit") gereist, um euch mit neuen exklusiven Infos rund um die Knetmasse-Komödie "Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen" zu versorgen.
FILMSTARTS-Redakteur Christoph Petersen am Piratenschiff-Set in den Aardman-Studios in Bristol.
FILMSTARTS vor Ort:
Am Set von "Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen"
Auch wenn die ehemaligen Werbefilmer von Aardman erst vier Langfilme in die Kinos gebracht haben, ist die englische Knetmasse-Schmiede trotzdem längst nicht mehr aus der Welt des Animationsfilms wegzudenken. Von „Wallace und Gromit“ bis zu „Shaun, das Schaf“ haben die britischen Knet-Künstler etliche Kultfiguren für Groß und Klein entworfen und zudem gleich mit ihrem Kinodebüt „Chicken Run“ ein für alle Mal klargemacht, dass es neben der Norm (inzwischen CGI-Filme aus dem Computer) unbedingt immer auch Platz für handgemachte Animationsfilme geben sollte.
Es ist diese beeindruckende Erfolgsgeschichte, aufgrund derer wir uns besonders darüber gefreut haben, vom Verleih Sony in die zweieinhalb Autostunden westlich von London angesiedelten Aardman-Studios eingeladen zu werden, um uns dort in den Puppen-Werkstätten, aber auch direkt an den Sets des neuesten Knetmasse-Streichs „Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen“ umzusehen. Außerdem haben wir 20 fast fertig animierte Minuten der Freibeuter-Komödie zu sehen bekommen, die bereits einen sehr guten Eindruck davon vermitteln, wie der fertige Film am Ende aussehen könnte.
Aber bevor wir euch verraten, welche Infos wir am Set alle abstauben konnten, schaut ihr euch am besten erst einmal den deutschen Kinotrailer an. Der fasst die schwarzhumorige Geschichte des Films (erstmals verfilmt Aardman keine eigene Story, sondern in diesem Fall den ersten Teil einer Buchreihe des britischen Autors Gideon Defoe) nämlich schon einmal kurz und bündig zusammen:
Knetmasse oder keine Knetmasse, das ist hier die Frage
Am Set gab es eine Neuerung im Vergleich zu früheren Aardman-Filmen, die von den Modellbastlern bis zu den Animatoren jeden bewegte: Statt Münder und Augenbrauen wie bei „Wallace und Gromit“ noch in jedem einzelnen Bild von Hand aus Knetmasse zu modellieren, ist dies bei „Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen“ erstmals nur noch bei den Brauen der Fall. Die Münder hingegen werden jetzt vorab aus Hartplastik gefertigt (allein für die Figur des Piratenkapitäns sind das um die 350 Stück) und können dann mittels eines Stecksystems einfach und schnell ausgetauscht werden. Das bringt eine immense Zeitersparnis mit sich, die es den Machern erlaubt, viel öfter viel mehr Figuren gleichzeitig im Bild zu haben. Dafür verschwinden allerdings die Fingerabdrücke, die die Animatoren ansonsten auf den Knetfiguren hinterlassen und die diesen stets den Charme des Handgemachten verliehen haben. Wir können dazu nur sagen: Die Fingerabdrücke haben wir in den gezeigten Filmausschnitten nicht vermisst, fanden die Massenszenen dafür aber sehr beeindruckend. Für uns also ein guter Tausch, wobei sich das abschließend natürlich erst nach dem Anschauen des kompletten Films beurteilen lässt.
Regisseur Peter Lord begutachtet eines der Sets von "Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen".
5 Gründe, warum wir uns nach dem Setbesuch noch mehr auf den Film freuen:
1. Noch mehr Piraten, aber anders
Eigentlich geht es uns mit Piraten ja wie mit Vampiren, irgendwann reicht’s einfach! Aber dieses Gefühl hat wenig damit zu tun, dass wir wirklich keine Freibeuter oder Blutsauger mehr auf der Leinwand sehen wollen. Stattdessen stellt sich der Unmut vor allem deshalb ein, weil uns bei all den „Flüchen der Karibik“ und bei all den „Bissen zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten“ immer wieder nur dasselbe in leicht abgewandelter Form vorgesetzt wird. Bei „Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen“ muss man sich in dieser Hinsicht allerdings keine Sorgen machen. Die zugrundeliegende Buchreihe von Gideon Defoe verbindet ein familiengerechtes Hochseeabenteuer mit staubtrockenem britischem Humor – eine vielversprechende Mischung, die wir auch in den ersten 20 Minuten der Leinwandumsetzung wiedergefunden haben. Karibisches Setting hin oder her, dieser Piratenkapitän erinnert uns zum Glück weniger an Jack Sparrow als an unseren ahnungslosen Lieblingstollpatsch Wallace.
2. Aufbruch in neue Sphären
„Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen“ ist die bisher größte Claymation-Produktion überhaupt, was zwar zum Teil durch das weiterentwickelte Animationsverfahren (s.o.), aber auch durch einen gewaltigen Ressourceneinsatz ermöglicht wurde. Insgesamt arbeiteten mehr als 300 Menschen an dem Film, der an bis zu 40 Sets gleichzeitig animiert wurde. Errichtet im Verhältnis 1:5 erreichen einige der Bauten auch in der Realität eine eindrucksvolle Größe: So wiegt zum Beispiel das Piratenschiff (im Hintergrund des Fotos ganz oben) ganze 350 Kilogramm und die Piratenkolonie (eines der größten Sets) ist auch im Studio stolze sieben Meter lang. Nur das Stahlschiff von Queen Elisabeth konnte nicht real erbaut werden, weil es einfach nicht in die Hallen des Studios hineingepasst hätte. Stattdessen wurde es nun aus mehr als 60.000 einzelnen Elementen in filigraner Puzzlearbeit am Computer zusammengebastelt.
3. Eine einzigartige Erfolgsgeschichte
Wenn man durch die Hallen der Aardman Studios schlendert, mit all den Bildern von Figuren aus früheren Filmen an der Wand, dann wird einem wieder bewusst, was dieses zumindest im Vergleich zu Hollywood vergleichsweise kleine britische Studio bereits alles auf die Beine gestellt hat. Ähnlich wie Pixar steht inzwischen auch der Name Aardman an sich schon für Qualität. Es ist nämlich kein Zufall, dass das Studio bereits vier Mal mit einem Oscar ausgezeichnet (für „Creature Comforts“, „Die Techno-Hose“, „Wallace & Gromit unter Schafen“ & „Wallace und Gromit auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen“) und weitere vier Mal nominiert wurde. Zudem hat Aardman genau wie Pixar über die Jahre seinen ganz eigenen Stil entwickelt – und damit meinen wir nicht nur die Claymation. Auch der Humor und der Tonfall der Aardman-Produktionen sind unverwechselbar. Da gibt es keinen Anlass zu glauben, dass sich dies bei „Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen“ nun plötzlich ändern würde, zumal mit Peter Lord ein echter Aardman-Veteran das Regiesteuer in den Händen hält.
FILMSTARTS-Redakteur Christoph trifft in den Aardman-Studios auf zwei gute alte Bekannte.
4. Es darf ruhig eine Dimension mehr sein
Gerade im Animationsbereich ist das 3D endgültig nicht mehr aufzuhalten. Inzwischen werden ja selbst 2D-Zeichentrickfilme wie „Der König der Löwen“ oder „Die Schöne und das Biest“ nachträglich noch einmal in 3D in die Kinos gebracht. Da lässt sich natürlich auch Aardman nicht lumpen und bringt mit „Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen“ erstmals einen 3D-Claymation-Film in die Kinos (der erste Aardman-3D-Film war übrigens „Arthur Weihnachtsmann“, aber der ist auf herkömmliche Weise computeranimiert). Weil die Knetfiguren so klein sind, musste allerdings extra ein neues Verfahren entwickelt werden, um trotzdem einen tiefen 3D-Effekt zu erzeugen – und soweit wir dies nach den vorab gezeigten Ausschnitten beurteilen können, haben die Macher auch dieses Hindernis überwunden: Keine Kopfschmerzen, sondern extra Filmspaß – da darf sich so mancher Hollywood-Blockbuster ruhig mal eine Scheibe von abschneiden.
5. Der schiere Aufwand
Es gibt in der Filmkritik keine Fleißpunkte. Schlussendlich zählt für den Zuschauer nur, was auf der Leinwand zu sehen ist. Trotzdem ist der Aufwand, der bei einem Claymation-Film wie „Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen“ für jede einzelne Einstellung betrieben wird, extrem beeindruckend: In einer Woche stellt ein Animator im Schnitt nur vier Sekunden fertig. Aber es gibt auch Fälle, in denen alles noch viel länger dauert. In der aufwändigsten Szene des Films sind zum Beispiel 47 (!) der Knet-Puppen auf einmal zu sehen – und bevor das nächste Bild aufgenommen werden kann, müssen alle 47 einzeln neu modelliert werden. So kann es schon mal vorkommen, dass eine einzelne Sequenz elf ganze Monate Drehzeit in Anspruch nimmt. Da heißt es wohl oder übel Abwarten und Teetrinken - aber das können die Briten ja bekanntlich eh besonders gut, weshalb es uns auch nicht weiter verwundert, dass bei der Produktion des Films insgesamt mehr als 60.000 Teebeutel draufgegangen sind.
"Die Piraten - Ein Haufen merkwürdiger Typen" startet am 29. März 2012 in den deutschen Kinos.
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