Wir hatten die Chance, mit "Die Unglaublichen"-Regisseur Brad Bird in einem Telefoninterview unter anderem über seinen ersten Ausflug ins Realfilmfach, die Besetzung von Jeremy Renner sowie seinen bewussten Verzicht auf 3D zu diskutieren.
Von Christoph Petersen
FILMSTARTS: "Mission: Impossible - Phantom Protokoll" ist nach Animationsfilmen wie "Der Gigant aus dem All" oder "Ratatouille" dein erster Ausflug ins Realfilmfach. Hat es da erst einmal einer gewissen Eigewöhnungsphase bedurft?
Brad Bird: Unser Drehplan war so aggressiv, dass mir dafür gar keine Zeit blieb. Aber ich wollte schon lange einen Realfilm machen. Ich denke, es wäre eine größere Umstellung gewesen, wenn ich direkt nach meinem handgezeichneten Animationsfilm "Der Gigant aus dem All" ins Realfilmfach gewechselt wäre. Aber bei meinen Pixar-Filmen "Die Unglaublichen" und "Ratatouille" musste ich die Kamera auch schon in einem dreidimensionalen Raum platzieren, weshalb ich nun bei "Mission: Impossible – Ghost Protokoll" bereits an viele der Arbeitsabläufe gewöhnt war.
FILMSTARTS: Gibt es beim Realfilm im Vergleich zum Animationsgenre eigentlich noch viele Einschränkungen oder kann man mit dem passenden Budget mittlerweile eh alles machen?
Brad Bird: Es gibt einige physische Limitationen, wie man eine Kamera bewegen kann, aber wenn man genug Zeit und Geld hat, lässt sich fast alles umsetzen. Man muss nur in der Lage sein, genau zu beschreiben, was man eigentlich will. Gerade bei komplizierteren Aufnahmen muss man diese früh klar ansprechen, damit genügend Zeit zur Vorbereitung bleibt. In "Mission: Impossible 4" hatten wir einige sehr schwierige Aufnahmen, aber wir haben sie so früh diskutiert, dass wir – als dann die Zeit kam - für alles bereit waren.
FILMSTARTS: Welche Elemente der "Mission: Impossible"-Reihe wolltest du unbedingt beibehalten und was wolltest du anders machen als deine Vorgänger?
Brad Bird: Mich spricht an dem Franchise besonders an, dass Tom Cruise von Anfang an Wert darauf gelegt hat, dass jeder Teil die speziellen Eigenheiten des jeweiligen Regisseurs reflektiert. Im Gegensatz zu anderen Reihen gibt es also keinen festgelegten Style, an den sich dann alle halten müssen – der Film von Brian De Palma ist ganz anders als der von John Woo und der ist wiederum ganz anders als der von J.J. Abrams. Obwohl es schon eine Story gab, als ich zu dem Projekt hinzustieß, gab es noch immer genug Raum, so dass ich noch viele eigene Dinge mit einbringen konnte.
FILMSTARTS: J.J. Abrams, der Regisseur von "Mission: Impossible III", hat nun am vierten Teil als Produzent mitgewirkt – hat das den Druck auf dich erhöht oder war es auch eine Hilfe?
Brad Bird: Es war gut, denn er konnte mir erzählen, auf was ich bei einem so großen und komplizierten Dreh wie diesem alles vorbereitet sein muss. Wir hatten mehrere Skript-Meetings mit den Autoren Andre Nemec und Josh Appelbaum – und J.J. war immer sehr gut darin, nach den unterhaltsamsten und unerwarteten Wendungen Ausschau zu halten.
FILMSTARTS: Die Terminologie variiert im Netz ziemlich stark. Also was ist "Mission: Impossible – Ghost Protokoll" denn nun eigentlich – ein Reboot, ein Sequel, ein… ?
Brad Bird: Nun ja, es ist meine erste "Mission: Impossible" (lacht). Ich weiß auch nicht, ich habe Schwierigkeiten mit all diesen Klassifikationen. Tom Cruise wollte nie eine Nummer im Titel eines "Mission: Impossible"-Films haben, aber bei Teil 2 und 3 ließ er sich davon überzeugen, dass dies der beste Weg sei, um den Film zu vermarkten. Mein Film ist nur ein weiteres Kapitel in der Serie. Aber er ist voller Überraschungen und das war für mich das Attraktive an dem Projekt.
FILMSTARTS: Um die Besetzung von Jeremy Renner ranken sich allerlei Gerüchte. Zum Beispiel hieß es immer wieder, dass der die Reihe später einmal von Tum Cruise übernehmen soll...
Brad Bird: Über diese Dinge weiß ich wirklich nicht bescheid. Für mich ist es nur eine von vielen Möglichkeiten. Alles was ich weiß ist, dass sowohl er und Tom Cruise in diesem Film großartig sind und für welchen Weg sie sich entscheiden, es wird der beste sein… Aber das ist dann nicht mehr mein Problem. Jeremy hat ja auch noch die "Bourne"-Filme und beide werden in der nächsten Zeit sicher keine Probleme haben, Arbeit zu finden.
FILMSTARTS: Euer Produzent Bryan Burke hat uns erzählt, dass die Szenen in Dubai außen am Wolkenkratzer nur möglich waren, weil Tom Cruise glücklicherweise schwindelfrei ist. Aber wie sieht das bei dir aus – hattest du Höhenangst da oben?
Brad Bird (lacht): Nun ja, ich habe ja nicht da draußen herumgeschwungen wie Tom, aber wir mussten alle ein Gurtgeschirr tragen, wenn wir dem Fenster zu nah kamen. Es gab dort eine Acht-Meter-Sicherheitszone, denn bei dieser Sequenz hätte wirklich eine Menge schiefgehen können. Deshalb waren alle unglaublich vorsichtig. Ich habe definitiv keine Höhenangst, aber trotzdem hätte ich das, was Tom da draußen veranstaltet hat, selbst ganz bestimmt nicht machen können.
Ethan Hunt in luftiger Höhe und am seidenden Faden.
FILMSTARTS: Vor diesem Interview konnte ich bereits eine halbe Stunde des Films sehen – und meinem Eindruck nach gibt es viel mehr Humor als in den vorherigen Teilen. Liege ich mit der Einschätzung richtig?
Brad Bird: Ich genieße Humor in Filmen. Ich denke, das Leben ist voll davon und selbst in stressigen Situationen lässt sich oft Humor ausmachen. Mein liebster Popcornfilm ist "Jäger des verlorenen Schatzes", weil er neben all der Action und Spannung auch jede Menge Witz bereithält. In "Mission: Impossible 4" gibt es den ganzen Film hindurch immer wieder Humor und ich hoffe, dass das der Intensität der Action- und Thriller-Szenen nicht schadet.
FILMSTARTS: Die "Mission: Impossible"-Filme sind voll von spektakulären Stunts. Ist da eine glaubhafte Geschichte besonders wichtig, um den Film zu erden?
Brad Bird: "Glaubhaft" ist genau das richtige Wort, denn sie muss nicht unbedingt realistisch sein. "Krieg der Sterne" ist auf seine Art glaubhaft, aber ganz sicher nicht realistisch. Aber es fühlt sich realistisch an. Auch wenn es in "Mission: Impossible 4" keine fantastischen Kreaturen gibt, ist er doch keine Dokumentation, sondern ein Agentenfilm, bei dem es geht darum, die Leute zu unterhalten. Es gibt Gadgets und High Tech, die nicht wirklich existieren, mit denen wir aber eine Menge Spaß hatten.
FILMSTARTS: Wie viel des Sandes bei dem riesigen Sturm war denn tatsächlich echt? Und wie angepisst war Tom Cruise, wenn er nach dem Drehtag versucht hat, all den Sand wieder aus seinen Haaren zu bekommen?
Brad Bird: Der größte Teil des Sandsturms ist real, womit ich meine, dass wir tatsächlichen Sand durch die Luft geblasen haben. Nur in den Totalen haben wir digitale Effekte verwendet, also zum Beispiel wenn der Sturm ganze Gebäude einhüllt. Aber die meiste Zeit waren da nur wir, Tom und ganz viel Sand und Wind. Es war für Tom sehr hart, aber er ist einer dieser Typen, der sich nicht beschwert, sondern einfach aufsteht und tut, was getan werden muss. Der härteste Teil war, als wir den Sandsturm am Tag und gleichzeitig eine Partyszene in der Nacht gedreht haben. Da war er fast zwei Tage ohne Ruhe am Stück wach und hat zudem die ganze Zeit Sand ausgehustet.
Ethan Hunt flieht vor dem nahenden Sandstrum.
FILMSTARTS: Gab es zwischenzeitlich mal die Überlegung, den Film in 3D zu drehen?
Brad Bird: Ganz am Anfang haben wir über 3D nachgedacht. Aber mein Gefühl ist, dass sich das Publikum nicht mehr daran erinnert, welche Wirkung eine wirklich große Leinwand haben kann. Und wenn man ein wirklich scharfes und helles Bild auf eine richtig, richtig große Leinwand bekommt, dann hat das an sich schon einen unglaublichen Effekt. Und diesen Effekt gibt es schon so lange wie es Filme gibt. Nur haben wir seit 50 Jahren die Technologie, riesige Leinwände mit fantastischem Sound zu bauen, aber die meisten Multiplexe geben sich mit kleineren Leinwänden zufrieden. Deshalb haben wir die Mühen auf uns genommen, den Film im IMAX-Format zu drehen. Wir wollten etwas Besonders schaffen, aber wir wollten nicht der Masse ins 3D folgen.
FILMSTARTS: In den USA werden vor den IMAX-Vorführungen von "Mission: Impossible – Phantom Protokoll" die ersten Minuten aus "The Dark Knight Rises" gezeigt – eine passende Kombination?
Brad Bird: Ich bin damit sehr zufrieden, denn die Entscheidung von Christopher Nolan, einige Szenen von "The Dark Knight" mit IMAX-Kameras zu drehen und hat mich erst zu dem Entschluss gebracht "Mission: Impossible 4" im IMAX-Format zu drehen. Ich freue mich also darauf, dass wir den Prolog von "The Dark Knight Rises" zeigen können – und hoffentlich entscheiden sich so noch mehr Zuschauer dazu, sich unseren Film in einem IMAX-Kino anzuschauen.
"Mission: Impossible - Phantom Protokoll" startet am 15. Dezember 2011 in den deutschen Kinos.
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