Für viele Kritiker in Deutschland und Übersee ist es die beste Serie der Fernsehgeschichte. Selbst US-Präsident Barack Obama musste auf die Frage nach seiner Lieblingsserie nicht lange überlegen. Nun erscheint „The Wire“ endlich auch in Deutschland auf DVD. Wir sagen euch, warum die DVD der 1. Staffel ein absolutes Muss ist…
Die Frage nach der Nr. 1 ist in der Kunst eine besonders diffizile. Gibt es wirklich das beste Buch, den besten Film, die beste TV-Serie? Eine finale Aussage lässt sich nicht treffen, doch es gibt eine Annäherung an das Thema über Kritiker- und andere Bestenlisten, die immer wieder die gleichen „Besten“ küren. Während Filmranglisten meist von „Der Pate“ oder „Citizen Kane“ angeführt werden, ist es bei den TV-Serien David Simons Krimi-Epos „The Wire“. Unterschiedlichste Publikationen wie das TIME Magazine oder Entertainment Weekly aus den USA, The Guardian aus Großbritannien oder die FAZ aus Deutschland scheuten sich daher auch nicht, „The Wire“ mit dem Attribut „Beste Serie der Fernsehgeschichte“ auszuzeichnen. Auch Statistiken sprechen eine ähnliche Sprache. Das amerikanische Portal Metacritic.com errechnete für die 4. Staffel einen sagenhaften Durchschnittswert von 98 (von 100) Punkten, den höchsten Wert in der Geschichte der Seite. Und endlich gibt es auch hierzulande die längst überfällige DVD-Veröffentlichung der 1. Staffel der Serie, die von 2002 bis 2008 im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt wurde.
McNulty (Dominic West) auf den Straßen von Baltimore.
„The Wire“ spielt im drogenverseuchten Baltimore, wo die Mordrate besonders hoch ist. In der 1. Staffel schafft es der idealistische Cop Jimmy McNulty (Dominic West), eine Sonderabteilung aus Vertretern der Mordkommission und des Rauschgiftdezernats einzurichten, die dem Treiben des bestens organisierten Drogenbosses Avon Barksdale (Wood Harris) ein Ende setzen will. Mit Pager- und Telefonüberwachung will man dem übervorsichtigen Barksdale auf die Schliche kommen. Doch die Ermittlungen stehen unter keinem guten Stern. Den Vorgesetzten ist die Sondereinheit ein Dorn im Auge, geht es ihnen doch vor allem um ihre eigene Aufklärungsrate. Immer wieder versucht vor allem McNultys Boss Rawls (John Doman), ihnen Knüppel zwischen die Beine zu werfen, was so weit geht, dass sie bei der Anfrage nach mehr Manpower nur die Kollegen zugeteilt bekommen, welche die anderen Abteilungen wegen ihrer Unfähigkeit und Faulheit eh loswerden wollen. Auf der Seite der Drogenhändler muss Barksdales Neffe Dee (Larry Gilliard Jr.) mit seiner Herabsetzung zum Hinterhofaufseher fertig werden. Und Polizeispitzel Bubbles (Andre Royo) ist immer auf der Suche nach dem nächsten Schuss.
Was „The Wire“ schon in der ersten Staffel auszeichnet, ist die ungemeine Komplexität, mit der über die gesamte Handlung ein Bild von Baltimore entwickelt und langsam auf allen Seiten Geschichten und Handlungsstränge aufgebaut werden, die nie nach dem nächsten Cliffhanger hecheln. Stattdessen erbaut „The Wire“ ein umfassendes Universum und zeigt die Einzelschicksale der Beteiligten, die eng miteinander verknüpft sind. Beschränkt man sich in der Auftaktstaffel noch hauptsächlich auf Polizei und Dealer rücken später auch immer mehr die Politik und die Medien in den Mittelpunkt. Immer präsent bleibt dabei auch das Private. Wo andere Serien den Zuschauer fortlaufend zum nächsten Spannungshöhepunkt jagen, nimmt sich „The Wire“ Zeit und erschafft von Minute zu Minute ein immer stärkeres Gesamtgebilde.
Dee (Larry Gilliard Jr.) mal wieder in den Händen der Polizei.
David Simon, der lange Jahre als Polizeireporter sein Geld verdiente, skizziert ein pessimistisches Bild der Arbeit der Ermittlungsbehörden. Fälle müssen schnell abgeschlossen werden, damit die nackten Zahlen stimmen. Beamte warten nur auf die Pension und wer übereifrig ein größeres Ziel ins Visier nimmt, wird für die nächsten Jahre zum Aktenschieben in den Keller geschickt. Doch was „The Wire“ weiter zudem auszeichnet, ist, dass sich die Serie nicht auf einen Blickwinkel beschränkt. Die Geschichten werden gleichermaßen an allen Fronten forterzählt, überall gleichsam unaufgeregt wie in einem guten Roman.
Gute TV-Quoten erntete die Serie so nie. Selbst für den Pay-TV-Sender HBO waren die Zahlen von „The Wire“ lange Zeit nicht zufriedenstellend und auch das große Medienecho stellte sich erst über die Jahre ein. Erst auf DVD wurde die Serie dann zum Renner. Seit dem 11. November gib es im Verleih von Warner nun auch hierzulande die 1. Staffel. Ein Pflichtkauf! Denn „The Wire“ muss man einfach auf DVD schauen, weil die Serie nur pro forma Episoden hat, in Wirklichkeit aber ein großer Roman ist und daher möglichst am Stück goutiert werden sollte. Schließlich legt man ein gutes Buch auch nicht jede Woche weg, um dann erst in sieben Tagen weiter zu lesen.
Die bereits Mitte des 19. Jahrhundertes gegründete und bis heute von Intellektuellen aus der Literaturszene betriebene US-Zeitschrift „The Atlantic“ empfahl ihren Lesern, „The Wire“ im Bücherregal einzusortieren - und zwar zwischen den Werken von Dostojewskij, Dickens und Tolstoi. Dem bleibt nichts hinzuzufügen…
Seit dem 12. November auf DVD im Verleih von Warner erhältlich: Die 1. Staffel von "The Wire".
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