Egal, ob im Kino oder bei Streamingdiensten wie Netflix und Amazon: Es gibt kaum langweiligere Filme als diejenigen Biopics, die wie verfilmte Wikipedia-Artikel wirken. Einfach nur brav die bekanntesten Stationen eines gut dokumentierten Lebens abzuarbeiten, das mag dem groben Lebenslauf einer bekannten Person gerecht werden, aber es entsteht dann eher eine Chronik als eine Geschichte.
Für unsere Biopic-Bestenliste haben wir Filme zusammengestellt, bei denen Persönlichkeiten und ihre Erlebnisse greifbar werden, mit all den Widersprüchen und Zufällen aus, die jede Biographie prägen. Wichtig für die Aufnahme in die Liste war es, dass der jeweilige Film auf realen Personen beruht (deswegen kein „Citizen Kane“), selbst wenn deren Wirken frei interpretiert wird. Die Figur muss den Plot dominieren und nicht andersherum. Michael Manns „Insider“ zum Beispiel ist zwar ein herausragendes Thriller-Drama, das auf wahren Begebenheiten beruht, aber eben keine Biografie von Physiker Jeffrey Wigand (im Film brillant gespielt von Russell Crowe).
Die besten Biopics – Platz 25: Der junge Mr. Lincoln
(1939)
Regie: John Ford
Mit: Henry Fonda, Alice Brady, Marjorie Weaver
Filmbiografien sind häufig Werke der großen Geste, Leinwanddenkmäler für berühmte Männer und Frauen und ihre historischen Heldentaten. Auch John Fords „Der junge Mr. Lincoln“ über den jungen Mann, der später der 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden würde, steckt voller Bewunderung für seine von Henry Fonda mit unaufdringlichem Charisma verkörperte Hauptfigur. Aber hier ist er noch nicht ins Heldenhafte entrückt, in jene Sphäre der Menschen, die den Gang der Weltgeschichte bestimmen. Vielmehr wird von Lincolns erster Liebe erzählt, von Volksfesten und von seinen Anfängen als Anwalt – sein außergewöhnliches Talent und Potenzial ist natürlich schon zu erkennen, doch er ist immer noch einer von uns Normalsterblichen.
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Wenn der Westernspezialist Ford („Stagecoach“) hier entspannt, humorvoll und mit einer Prise Nostalgie (auch in den kunstvoll beleuchteten Schwarzweiß-Bildern) von einem Vorbürgerkriegsamerika voller Möglichkeiten erzählt, dann wird daraus auf halber Strecke zwischen Mythologie und Historie ein Meisterwerk, das genau wie sein Protagonist gerade in seiner Bescheidenheit berührt.
Die besten Biopics – Platz 24:
Ip Man (2008)
Regie: Wilson Yip
Mit: Donnie Yen, Simon Yam, Siu-Wong Fan
Ip Man (oder auch Yip Man) ist wohl eine der wichtigsten Figuren der jüngeren chinesischen Geschichte. Der Kampfsportler prägte die Kampfkunst Wing Chun wie kein Zweiter und wurde dafür posthum mit dem Titel des Großmeisters geehrt. Zu seinen Schülern gehörten unter anderem auch die Kampfsport-Ikone Bruce Lee. Mit „Ip Man“ wurde dem Kampfsportlehrmeister ein filmisches Denkmal gesetzt. Hier werden die Jugendjahre des Ausnahmesportlers und dessen Kampf gegen die japanischen Unterdrücker im Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg näher beleuchtet.
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Zwar ist das Werk von Wilson Yip („Flash Point“) nicht gänzlich frei von chinesischer Propaganda, trotzdem ist „Ip Man“ gerade durch seine außergewöhnlichen Martial-Arts-Einlagen ein Must-See für jeden Genre-Fan. Hier lässt niemand Geringeres als Kampfkunst-Spezialist Donnie Yen („Blade II“) als Lehrmeister Ip Man die Fäuste fliegen. Die eindrucksvollen Kampfsequenzen sind nicht nur gekonnt in Szene gesetzt, sondern scheinen sich auch immer nahe am Rand der physikalischen Unmöglichkeit zu bewegen.
Die besten Biopics – Platz 23:
The Wolf Of Wall Street (2013)
Regie: Martin Scorsese
Mit: Leonardo DiCaprio, Jonah Hill, Margot Robbie
„The Wolf of the Wall Street“ ist wie „GoodFellas“ auf Speed: Macht, Drogen, Sex und jede Menge Moneten. Regie-Altmeister Martin Scorsese gibt uns hier einen Einblick in den ganz alltäglichen Börsenwahnsinn und beweist, dass er auch noch mit über 70 Jahren zu den besten seiner Zunft gehört. Die Lebensgeschichte des korrupten Börsenbrokers Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio), der sich mit illegalen Transaktionen eine goldene Nase verdiente, wird von Scorsese mit ordentlich Tempo und viel schwarzem Humor auf die Leinwand gebracht. Herausgekommen ist eine bitterböse Börsen-Satire, bei der man am Ende nicht mehr weiß, ob man überhaupt noch lachen darf oder doch lieber fluchend das Kino verlassen sollte
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Spätestens wenn Belford zum Zeitvertreib Kleinwüchsige aus einer Kanone durch sein Büro schießen lässt, zügellose Drogenpartys schmeißt oder eine halbnackte Marschkapelle durch die Räumlichkeiten dirigiert und dabei weiterhin ungesühnt Millionen scheffelt, muss man als Zuschauer alle Hoffnungen auf eine ausgleichende Gerechtigkeit fahren lassen. Belford ist die traurige Galionsfigur eines kaputten Systems, das sich die Dummheit und Gutgläubigkeit der Menschen zugute macht.
Die besten Biopics – Platz 22:
Into The Wild (2007)
Regie: Sean Penn
Mit: Emile Hirsch, Marcia Gay Harden, William Hurt
Im Sommer 1990 stehen dem jungen Christopher McCandless (Emile Hirsch) alle Türen offen: ein abgeschlossenes Studium mit Bestnoten, genügend Ersparnisse für ein erfolgreiches Leben und die ungeteilte Unterstützung seiner Eltern. Doch Chris verfolgt andere Pläne. Er sagt sich von sämtlichen gesellschaftlichen Normen los, spendet sein Hab und Gut und begibt sich auf eine abenteuerliche Reise mit einem Ziel: Alaska. Regisseur und Hollywoodstar Sean Penn lässt seinen Hauptdarsteller Emile Hirsch in „Into The Wild“ durch atemberaubende Settings laufen, klettern, schwimmen und erzeugt in Kombination mit Eddie Vedders großartigem Soundtrack einen wahren Sog, dem sich kaum einer entziehen kann.
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Während der hervorragend in Szene gesetzten Reise des jungen Ausreißers, der einfach nur auf der Suche nach sich selbst ist, lernt dieser eine ganze Reihe unterschiedlichster Menschen kennen, die ihn alle sofort ins Herz schließen. Chris jedoch, der nur auf sein Ziel fixiert ist, erkennt die Schönheit dieser Begegnungen erst, als er aufgrund einer Beerenvergiftung irgendwo in der Wildnis verendet. Im ergreifenden Schlussakt des genialen und emotionalen Biopics schreibt Chris seine Erkenntnis mit letzter Mühe nieder: „Happyness only real when shared.“
Die besten Biopics – Platz 21:
Il Divo - Der Göttliche (2008)
Regie: Paolo Sorrentino
Mit: Toni Servillo, Anna Bonaiuto, Giulio Bosetti
„Il Divo – Der Göttliche“ ist ein weiteres Wunderwerk des italienischen Meisterregisseurs Paolo Sorrentino, der 2014 den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film für „La Grande Bellezza - Die große Schönheit“ erhalten hat. In „Il Divo“ spielt Toni Servillo den siebenmaligen italienischen Ministerpräsidenten Guilio Andreotti, der 29-mal wegen Verbindungen zur Mafia angeklagt und ebenso oft wieder freigesprochen wurde. Sorrentino fällt jedoch kein eindeutiges Urteil über Andreotti, sondern zeichnet diesen als eine sehr ambivalente Person. Andreotti erscheint zugleich als steifer Bürokrat und emotionsloser Strippenzieher, als äußerst eloquenter Redner und hochintelligenter Taktiker, als machthungriger Politprofi und als gottesfürchtiger Katholik.
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Sorrentino geht es weniger um eine Klärung der Faktenlage, als um die Darstellung des Mysteriums, das Andreotti bis heute darstellt. Dabei besticht die Inszenierung, die sehr assoziativ bis surreal und zugleich unglaublich präzise ist. Verblüffend ist auch, wie gut Toni Servillo den steifen Politiker darstellt – zumal er in „La Grande Bellezza“ ebenso überzeugend den völlig anders gearteten Lebemann Jep Gambardella verkörpert.
An diesem Special haben mitgearbeitet: Gregor Tornius, Micha Kunze, Lars-Christian Daniels, Stefan Geisler, Michael Leutner, Jana Schwerdtfeger, Andreas Staben, Carsten Baumgardt und Tobias Mayer
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