Die Autoren von "Sherlock", Steven Moffat und Mark Gatiss, haben mit dieser fantastisch unterhaltsamen Serie geschafft, was eigentlich unvereinbar scheint: die eigenwillige Figur des Meisterdetektivs Sherlock Holmes - geradewegs ins London der heutigen Zeit transportiert. Als Zuschauer ist man verblüfft, wie gut das funktioniert, denn alles erscheint vollkommen logisch. Natürlich würde ein Sherlock Holmes unserer Zeit ein Smartphone besitzen und sich ausgezeichnet mit moderner Technik auskennen, und natürlich würde John Watson statt eines Tagesbuchs ein Blog schreiben und im Internet veröffentlichen.
Auch andere typische Eigenheiten der originalen Romane wurden elegant importiert und angepasst - statt Pfeife zu rauchen, schwört Holmes auf Nikotinpflaster, und Watson ist gerade als Militärarzt aus dem Afghanistankrieg zurückgekehrt und kämpft mit einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sich unter anderem in einem psychosomatischen Hinken äußert.
Neben dem sprühenden Witz, der immer wieder durchbricht und der das Anschauen wirklich zum reinen Vergnügen macht, lebt "Sherlock" aber vor allem von seinen großartigen Hauptdarstellern. Benedict Cumberbatch gibt einen (auch optisch sehr passenden!) Holmes, der brillant und soziopathisch, egoistisch und kindisch, weltfremd und unfassbar intelligent ist - und extrem schwer zu ertragen. Sein Gegenpol, Martin Freeman als John Watson, hält den exzentrischen Mitbewohner nur aus, weil er gutmütig und geduldig ist - und weil er seit dem Krieg nicht mehr ohne den Kick des Adrenalins leben kann, den er durch die gemeinsame Arbeit mit Holmes erhält. Cumberbatch und Freeman geben ein so eingespieltes, geniales Gespann ab, dass man allein deshalb die Serie endlos weitergucken könnte. Die Dialoge sind schnell und sitzen, die Running Gags sind wirklich amüsant, etwa wenn Holmes und Watson wiederholt für ein schwules Pärchen gehalten werden. Sehr sehenswert sind auch Una Stubbs als Vermieterin Mrs. Hudson, Mark Gatiss als Mycroft Holmes und Rupert Graves als Inspektor Lestrade. Komplettiert wird dieser hervorragende Gesamteindruck durch die Qualität der drei Fälle, die jeder für sich hochspannend, originell inszeniert und mit verblüffenden Auflösungen versehen sind.
Fazit: "Sherlock" ist Pflicht für alle Krimifans - witzig, supermodern und aufwändig inszeniert und dabei sehr einfallsreich und spannend. Nicht zuletzt durch die sehr hochkarätige Besetzung ist dieser Transfer der alten Klassiker in die Gegenwart einfach nur gelungen. Unbedingt anschauen!