Der Zug für Verfilmungen dystopischer Jugendromane ist im Jahr 2019 fürs Erste abgefahren – höchstwahrscheinlich wird er auch irgendwann wieder in den Bahnhof eintrudeln und neue Geschichten attraktiver Jungstars in Sci-Fi-Settings in die Kinos transportieren. Doch der Hype um Reihen wie „Die Tribute von Panem“, „Maze Runner“, „Twilight“, „Die Bestimmung“ und wie sie alle heißen ist definitiv abgeflaut – nicht unbedingt auf dem Buchmarkt, aber im Kino. Was bedeutet das also für einen Film wie „Hüter der Erinnerung – The Giver“ von 2014, der auf dem Auftaktroman einer vierbändigen Reihe basiert, aber bis dato noch keine Fortsetzung nach sich gezogen hat?
Tatsächlich nichts Gutes: Nach aktuellem Stand sieht es so aus, als bleibe „The Giver“ mit Brenton Thwaites, Jeff Bridges, Meryl Streep, dem gerade für Stephen Kings „The Stand“-Serienadaption gecasteten Alexander Skarsgård und Popstar Taylor Swift ein eigenständiger Film, ohne zu einer Reihe ausgebaut zu werden. Denn in den fünf Jahren seit dem Kinostart von „The Giver“ wurden aus Hollywood keinerlei Pläne für „The Giver 2“ laut – da würde es schwer überraschen, wenn die Verantwortlichen tatsächlich 2019 oder später noch ein Sequel anstoßen würden, wenn doch eben das Interesse an Young-Adult-Franchises im Kino rapide gesunken ist.
Das "The Giver"-Romanquartett
Dabei gibt die Vorlage einiges her, denn die „The Giver“-Reihe von Lois Lowry besteht aus vier Büchern, die in Deutschland unter den Titeln „Hüter der Erinnerung“, „Auf der Suche nach dem Blau“, „Die Gabe des Boten“ und „Der Sohn“ erschienen sind. Und eigentlich ist sie sogar prädestiniert dafür, dass die einzelnen Teilen in längeren Abständen zueinander verfilmt werden, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Buchreihen hat hier jeder Band einen anderen Protagonisten, auch wenn manche Figuren in mehreren Büchern auftauchen. Angesiedelt sind alle Geschichten in der dystopischen Welt von „The Giver“.
Das kann zwar auch negativ für eine Verfilmung sein, denn gerade bei einer Filmreihe baut man oft auf wiederkehrende Figuren und deren Darsteller, die die Zuschauer ins Kino locken, weil man neugierig ist, wie es mit den bereits vertrauten Personen weitergeht. Doch verschiedene Protagonisten bieten andererseits den Vorteil, dass man in einer bereits etablierten Welt Geschichten unabhängig voneinander erzählen kann und eben auch nach längerer Pause weitermachen kann, egal wie alt der damalige Jungstar inzwischen ist. Ein frisches Gesicht, das aktuell beim jugendlichen Publikum angesagt ist, kann engagiert werden und fertig ist ein potenzieller neuer Kassenhit.
Solide, aber mehr auch nicht
Dass keine Fortsetzung zu „The Giver“ in die Wege geleitet wurde, kann natürlich daran liegen, dass er eben kein Kassenhit wart - richtig schlecht lief er allerdings auch nicht. Bei einem geschätzten Budget von 25 Millionen US-Dollar sind knapp 67 Millionen Dollar weltweites Einspielergebnis solide, das Studio hat damit einen kleinen Gewinn gemacht und hätte durchaus über eine Fortsetzung nachdenken können – denn ein Kassenflop, bei dem man sofort den Stecker für ein Sequel ziehen würde, sieht anders aus. In Deutschland versammelten sich nur 117.000 Zuschauer vor den Leinwänden.
Kombiniert man die mittelprächtigen Zahlen aber auch noch mit den mittelprächtigen Kritiken, ist es schon eher nachvollziehbar, warum „The Giver 2“ nicht gemacht wurde. Wir haben „Hüter der Erinnerung – The Giver“ mit 2,5 von 5 Sternen bewertet, bei der Kritiken-Sammelseite Metacritic steht der Film bei 47 von 100 Punkten bei 33 ausgewerteten Besprechungen. Wenn eine Jugendbuchverfilmung weder Kritiker noch Kinogänger eindeutig überzeugt und auch keinen größeren Fan-Hype im Internet generiert, wie es zum Beispiel noch bei „Hunger Games“ und „Twilight“ der Fall war, sinken die Chancen für eine Fortsetzung erheblich.
Derzeit glauben wir also nicht, dass „The Giver 2“ noch kommt. Sollte eines der anderen Bücher von Lois Lowry irgendwann doch noch verfilmt werden, würde es vermutlich keine direkte Fortsetzung zu „Hüter der Erinnerung“ werden, sondern für sich stehen, was gut umsetzbar wäre, da die Romane der „The Giver“-Reihe eben nur lose zusammenhängen.
Darum geht es in "The Giver"
In „The Giver“ leben die Menschen in einer scheinbar perfekten Gesellschaft, in der es keine Kriege, kein Leid und keine Armut gibt. Alle Menschen sind gleich und zufrieden und verfolgen von einem Ältestenrat (u. a. Meryl Streep) vorgezeichnete Lebenswege. Als dem 16-jährigen Jonas (Brenton Thwaites) bei einer feierlichen Zeremonie seine Bestimmung mitgeteilt wird, erwartet ihn jedoch eine große Überraschung. Ihm soll eine große Aufgabe zuteil werden, die nur ein Mensch in dieser ganzen Gemeinschaft trägt. Er soll zum „Hüter“ werden, der stellvertretend für alle anderen die Wahrheit über die Zeit vor der Gleichheit kennt. Sein Amtsvorgänger (Jeff Bridges) vermittelt ihm daraufhin all seine Erinnerungen und Jonas erkennt, dass die Menschen früher großes Leid und Schmerz kannten, aber auch Liebe, Begeisterung, Kampfgeist und Hoffnung – Gefühle, die nun unterdrückt werden. Er beginnt, an der neuen Weltordnung zu zweifeln...
„Hüter der Erinnerung – The Giver“ von Phillip Noyce läuft am heutigen Samstag, den 14. September 2019 um 20.15 Uhr auf ProSieben.
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