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    Unsere Kritik zu "Der Pass": Schöne Fassade, nicht allzu viel dahinter

    Für „Der Pass“ hat sich Sky an eine eigene Adaption des schwedisch-dänischen Serien-Hits „Die Brücke“ gewagt, tut sich damit trotz toller Schauwerte und Schauspieler aber nicht unbedingt einen Gefallen.

    Sky / Wiedemann & Berg Television GmbH & Co. KG

    Die letzte Staffel von „Die Brücke - Transit in den Tod“ gehörte für uns 2018 zum Besten, was das Serienjahr zu bieten hatte. Komplex, abgründig und dennoch feinfühlig, wurden bei Saga Noréns finalem Fall noch einmal alle Stärken ausgespielt, die der Polizistin und ihren Ermittlungen eine Sonderstellung in der modernen Krimi-Unterhaltung verschafft haben. So ein Lauf zieht natürlich Nachahmer nach sich. Anders als so manche Neuauflagen aus anderen Ländern ist die deutsch-österreichische Sky-Eigenproduktion „Der Pass“ aber kein bloßes Remake von „Die Brücke“, sondern lediglich von der Grundidee der Serie inspiriert. An sich eine gute Herangehensweise, im direkten Vergleich mit dem großen Vorbild zieht der düstere Krimi nämlich definitiv den Kürzeren. Doch kann die Serie ganz für sich betrachtet mehr überzeugen?

    Darum geht's in "Der Pass"

    In den verschneiten Alpen, genau auf der österreichisch-deutschen Grenze, wird eine grausam hergerichtete Leiche im Eis gefunden. Während von deutscher Seite die enthusiastische Polizistin Ellie Stocker (Julia Jentsch) mit dem Fall betraut wird, möchte ihr zum Tatort gerufener mürrischer Kollege aus Österreich, Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek), am liebsten nichts mit der ganzen Sache zu tun haben. Als mehr Details über den Toten und den Täter ans Licht kommen und es zu einem zweiten Mord kommt, raffen sich die ungleichen Ermittler jedoch zusammen, um dem brutalen Treiben ein Ende zu setzen. Doch scheint der Killer seinen Verfolgern immer einen Schritt voraus zu sein...

    Großartiger Look

    Dass auch Serien aus den hiesigen Gefilden toll aussehen können, ist längst keine Neuigkeit mehr. Mit zahlungskräftigen Anbietern wie den Öffentlich-Rechtlichen („Bad Banks“), Netflix („Dark“), Amazon („BEAT“) oder Sky im Rücken wurden audiovisuelle Vorsprünge internationaler Formate zweifellos eingeholt. Gerade Sky lässt sich bei seiner derzeitigen, mit „Babylon Berlin“ und „Das Boot“ gestarteten deutschen Serien-Offensive in Sachen Produktionsaufwand nicht lumpen. Das zeigt sich nun auch in jeder Minute von „Der Pass“.

    Cyrill Boss und Philipp Stennert, die schon mit Arbeiten wie „Das Haus der Krokodile“ und selbst der Klamauk-Komödie „Neues vom Wixxer“ bewiesen haben, dass sie ihr Regiehandwerk beherrschen, packen ihre Krimi-Geschichte in große, sorgfältig aufgebaute Bilder, mit deren genereller Entsättigung immer wieder durch ganz bestimmte Farbakzente gebrochen wird. Mit Aufnahmen eisiger Landschaftspanoramen, nebelverhangener Berge und fast schon surreal wirkender Wälder verdeutlichen sie nicht nur die Schönheit der Natur, sondern zugleich auch ihre (Über-)Macht, die in der Handlung immer wieder thematisiert wird. Mit der passenden unheilvollen Musik unterlegt, ist damit das perfekte Setting für einen stimmungsvollen Krimi gelegt, in dem Bedrohung und Kälte allgegenwärtig sind.

    Killer mit verschenktem Potential

    Das atmosphärische Tableau dann aber tatsächlich mit genügend Leben (und Tod) zu füllen, fällt Boss und Stennert, die auch für die Drehbücher verantwortlich zeichnen, allerdings schon sichtlich schwerer. So einnehmend-mysteriös die Ausgangslage noch ist, in so vertrauten Bahnen bewegt sich dann der Großteil des Falls, auch wenn sich gerade Fans des Genres daran stören könnten, dass die Identität des Killers dem Zuschauer schon recht früh enthüllt wird.

    Das ist zunächst ein grundsätzlich cleverer Schachzug, um tiefer in dessen Psyche abtauchen zu können, zumal er nicht nur schön diabolisch gespielt wird, sondern mit seinen Taten auch einer durchaus faszinierenden Ideologie folgt – zumindest kurzzeitig. Seine Ansichten vom bevorstehenden Sieg der Natur über den Menschen rücken jedoch leider bald so sehr in den Hintergrund, dass sie irgendwann einfach gar keine Rolle mehr spielen. Da sich die aufgebaute Motivation so immer weniger in den Taten des Mörders widerspiegelt und sie gen Ende sogar quasi komplett ausgetauscht wird, entsteht letztlich ein absolut inkonsistentes Bild einer Figur, deren vielversprechende Anlagen somit größtenteils ins Leere laufen.

    Altbekanntes, aber charmantes Ermittler-Duo

    Ähnlich sprunghaft wird bisweilen aber auch die Arbeit der Polizei geschildert. Hier werden mitunter Verbindungen präsentiert, die völlig aus dem Nichts kommen oder zumindest auf Ermittlungserfolgen basieren, die man als Zuschauer nicht miterlebt, sondern von denen man erst im Nachhinein im Dialog erfährt. Immerhin bekommt man nebenher aber trotzdem ein ganz gutes Gefühl dafür, wie zermürbend ausbleibende Fortschritte für die Beamten sein können und welcher Druck – nicht zuletzt aufgrund der Berichterstattung in der Presse – auf ihnen lastet.

    Vermittelt wird das vor allem anhand der beiden Hauptfiguren, die zwar mitsamt ihren privaten Problemen über weite Strecken aus dem Ungleiche-Ermittler-Einmaleins stammen, sich in ihrer Entwicklung aber bestens ergänzen und von Julia Jentsch („Sophie Scholl - Die letzten Tage“) und Nicholas Ofczarek („Braunschlag“) greifbar und menschlich porträtiert werden. Gerade letzterer versprüht mit seinem Wiener Schmäh und seiner ungefiltert nach außen getragenen Amtsmüdigkeit jede Menge ruppigen Charme. Er ist es auch, der beim Wandel seiner Figur am ehesten für eine emotionale Vielschichtigkeit sorgt, die ansonsten allenfalls behauptet wird. Beide gemeinsam tragen im Zusammenspiel dann auch die stärkere letzte Folge, bei dem die Ereignisse sich nach einem auflockernden Kniff noch einmal fesselnd zuspitzen und in ein recht packendes (wenn auch nicht sonderlich spektakuläres) Finale münden.

    Fazit

    Als die Chefin der Münchener Zeitung an einer Stelle moniert, dass sich die Artikel ihres über die Morde berichtenden Reporters wie eine Krimiserie lesen, entgegnet ihr Gegenüber nur: „Ja, und zwar eine sehr gute!“ Am Ende von „Der Pass“ können wir diesem selbstbewusst gefällten Eigenurteil nur bedingt zustimmen. Gerade bei Plot und Dialogen bietet die aufwendige Sky-Produktion nur solides Krimi-Mittelmaß, das weder so komplex noch so abgründig und figurenstark wie das große Vorbild „Die Brücke“ daherkommt. Was bleibt, ist eine Serie, die vor allem schön anzusehen und einnehmend gespielt, im Verlauf ihrer holprigen Erzählung aber arm an wirklichen Highlights ist.

    Die acht Folgen der ersten Staffel von „Der Pass“ laufen ab dem heutigen 25. Januar 2019 immer freitags um 20.15 Uhr im Doppelpack bei Sky 1. Schon jetzt sind alle Episoden zudem über Sky Ticket, Sky Go und auf Abruf verfügbar.

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