Es ist einer der fiesesten Momente in James Wans „Conjuring 2“: Die Parapsychologin Lorraine Warren (Vera Farmiga) wird in einer markerschütternden Vision von einer furchteinflößenden Nonne (Bonnie Aarons) heimgesucht. Der Schrecken in Schwesterntracht, hinter dem sich der Dämon Valak verbirgt, hinterließ beim schockierten Publikum gewaltigen Eindruck und bekommt deshalb nun mit „The Nun“ ein eigenes Spin-off, in dem die Vorgeschichte des Phänomens erzählt wird.
In einem Kloster in Rumänien erhängt sich 1952 die junge Nonne Victoria („Game Of Thrones“-Star Charlotte Hope). Der Vatikan beauftragt daraufhin den Priester Burke (Demián Bichir), um den mysteriösen Todesfall vor Ort zu untersuchen. Der von einer traumatischen Vergangenheit belastete Geistliche begibt sich in Begleitung der Novizin Irene (Taissa Farmiga) zu der abgelegenen Abtei, die eigentlich nur von Nonnen betreten werden darf…
Bei unserem Besuch der Dreharbeiten werden wir im Juni 2017 von unserem Hotel in der rumänischen Hauptstadt Bukarest zu den etwa eine Autostunde entfernten Castel Studios gebracht, einer der größten Filmproduktionsstätten in Ost- und Mitteleuropa. Als wir den Sicherheitscheck an der Zufahrt passieren, fällt unser erster Blick auf eine Handvoll mannshoher Ostereier auf einer Wiese. Wir fangen sofort an, uns eine surreale Traumsequenz mit den bunten Ungetümen und den Nonnen im Kloster auszumalen - doch dann stellt sich heraus, dass die Rieseneier zu einer anderen Produktion gehören…
Das Team von „The Nun“ dreht an diesem Tag in einer der größten Hallen auf dem weitläufigen Gelände. Die Arbeit ist schon in vollem Gang, als wir uns zu den für uns vorbereiteten Plätzen am Ende der Halle schleichen, wo wir über Monitor und Kopfhörer beobachten können, was in dem riesigen Set, das den Raum zu einem guten Drittel ausfüllt, vor sich geht.
Der britische Regisseur Corin Hardy filmt gerade mit Demián Bichir und Taissa Farmiga die Ankunft von Father Burke und seiner jungen Begleiterin in dem Kloster, wo der zu untersuchende Selbstmord stattgefunden hat. Es ist eine scheinbar simple Szene von nicht einmal einer Minute Länge: Der Priester bittet rufend um Einlass und übergibt Irene einen Schlüssel.
Unheimliche Kulisse im Kerzenlicht
Wir verfolgen eine Weile, wie minutiös an den Feinheiten der kleinen Szene gefeilt wird. Selbst bei diesem an sich eher unspektakulären Moment und auf dem kleinen Bildschirm wird sichtbar, dass hier ganz viel Wert auf eine unheimliche Atmosphäre gelegt wird. Als wir das Set dann auch von innen sehen, verstärkt sich dieser Eindruck. Eine große Freitreppe, alte Bücher an den Wänden, schummriges Kerzenlicht und im Zentrum einige mächtige Steinsärge: Wir befinden uns plötzlich im düsteren Grabraum des Klosters. Auf den ersten Blick erinnert nur der verdrahtete Stuntman, der sich am anderen Ende der Kulisse auf einen waghalsigen Sprung vorbereitet, daran, dass wir uns nicht wirklich im gruseligen Gemäuer einer alten Abtei befinden.
Sogar noch unheimlicher als die Grabkammer ist das zweite noch stehende Set in der Halle, aber da dort in der Woche zuvor der Showdown des Films gedreht wurde, dürfen wir dazu nicht viel verraten. Einen klitzekleinen Eindruck bekommt ihr in diesem Bild:
Auch Regisseur Corin Hardy können wir keine Details zum Finale entlocken, als er nach der Mittagspause, zu deren Krönung Demián Bichir, Taissa Farmiga und Jonas Bloquet (er spielt Frenchie, einen Sidekick der etwas anderen Art) der Crew und uns ein leckeres Eis spendieren, einige Fragen beantwortet. Er betont stattdessen, dass er sich im Lande Draculas vor allem von klassischen Horrorstorys inspirieren lässt und deshalb auch, wo immer es möglich ist, auf den Einsatz von CGI verzichtet.
Eine Kombination aus "Der Exorzist" und Indiana Jones
Wie sein Film, den er sich als Mischung aus „Indiana Jones“, „Der Exorzist“ und „Evil Dead“ vorstellt, letztlich aussehen soll, lassen die Zeichnungen ahnen, die er angefertigt hat, als er nach seinem (ersten) Ausscheiden bei „The Crow“ sehr kurzfristig die Regie von „The Nun“ übernahm.
Diese Zeichnungen sind kleine Kunstwerke für sich und haben auch Demián Bichir beeindruckt, der sich noch in seinem Priestergewand seinerseits ein paar Minuten für uns Zeit nimmt. Als wir den oscarnominierten Hauptdarsteller (für „A Better Life“) nach eventuellen Zusammenhängen zwischen „The Nun“ und den anderen Werken des „Conjuring“-Universums fragen, gibt er zu, dass er diese gar nicht gesehen hat, da er nicht so gern Horrorfilme schaut. Das gilt aber nicht für „The Nun“, denn für Bichir ist Corin Hardys Film vor allem das Drama eines Mannes in einer existenziellen (Glaubens-)Krise.
Ob Bonnie Arons das anders sieht, können wir nicht in Erfahrung bringen, denn die Darstellerin der titelgebenden dämonischen Nonne hat an diesem letzten Montag des insgesamt 37-tägigen Drehs frei, aber Taissa Farmiga („American Horror Story“) erzählt uns dafür, dass sie die düsteren Ereignisse der Handlung oft auch noch nach Ende eines Drehtages verfolgen und dass sie dann manchmal ihre ältere Schwester Vera anruft, um sich von ihr beruhigen zu lassen. Bei der Gelegenheit dementiert die Jungschauspielerin auch das naheliegende Gerücht, dass es eine besondere Verbindung zwischen ihrer Figur Irene und der von Vera Farmiga in den „Conjuring“-Filmen verkörperten Lorraine Warren gibt.
Drehbuchautor und Co-Produzent Gary Dauberman („Es“) lässt sich im Gespräch immerhin ein paar Andeutungen zur Position von „The Nun“ in James Wans Horror-Franchise entlocken („Ja, es könnte eine Fortsetzung geben“) und nennt als persönliche Inspirationsquelle den Videospielkult „Castlevania“. Was er und unsere anderen Gesprächspartner, zu denen auch Production Designerin Jennifer Spence gehört, uns sonst noch verraten haben, könnt ihr in den nächsten Tagen in ausführlichen Interviews nachlesen.
Vorher nennen wir euch aber erst noch fünf Gründe, warum wir uns nach dem Besuch bei den Dreharbeiten noch mehr auf „The Nun“ freuen als vorher.