Soweit wir das in Erfahrung bringen konnten, hieß Dante „Tex“ Gill zunächst Jean Marie Gill und wurde als Frau geboren. Gill gelang es, sich in den Siebzigern und Achtzigern in Pittsburgh als Gangster-Boss Respekt in der Szene zu verschaffen, mit illegalen Massagesalons, in denen Prostitution betrieben wurde und dem Verkauf von Anabolika. Allerdings trat Gill dabei auf wie ein Mann. Wie der Hollywood Reporter anmerkt, scheint nicht eindeutig zu sein, ob sich Gill nur als Mann ausgab oder auch so fühlte (die Kollegen bei der FAZ und dem Deutschlandfunk schreiben, Gill habe sich als Mann gefühlt).
Nachdem jedenfalls bekannt wurde, dass Scarlett Johansson im geplanten Biopic „Rub & Tug“ in die Rolle von Gill schlüpfen sollte, wurde diese Besetzung kritisiert – die Kritiker hätten lieber einen Schauspieler in der Rolle gesehen, der selbst eine Transgender-Person ist. Johansson zog nun die Konsequenz und stieg aus dem Projekt aus. Gegenüber dem Out Magazine gab sie eine lange Stellungnahme ab:
„Ich empfinde große Bewunderung und Liebe für die Trans-Community und ich bin froh darüber, dass weiter über Inklusion in Hollywood gesprochen wird. Wie GLAAD [eine Non-Profit-Organisation von LGBT-Aktivisten] berichtet, gab es 2017 40 Prozent weniger LGBTQ-Figuren als im Jahr davor, und keine Repräsentation von Trans-Charakteren in großen Filmen. Ich hätte mich zwar gefreut, wenn ich Dantes Geschichte und Wechsel hätte spielen können, verstehen aber, warum viele denken, dass er von einer Transgender-Person gespielt werden sollte, und ich bin dankbar dafür, dass diese Casting-Debatte, obwohl kontrovers, ein größeres Gespräch über Diversität und Repräsentation in Filmen verursacht hat.“
Johansson war zunächst anderer Meinung
Scarlett Johansson erlebte bereits bei der Hollywood-Verfilmung des Mangas „Ghost In The Shell“ – ebenfalls inszeniert von „Rub & Tug“-Regisseur Rupert Sanders – eine ähnliche Debatte, als ihre Besetzung als Whitewashing kritisiert worden war (eine weiße Schauspielerin spielt eine Figur, die in der Vorlage asiatisch ist). Nachdem Johansson Verpflichtung für „Rub & Tug“ die Runde gemacht hatte, zeigte sich unter anderem Trace Lysette, bekannt aus der Amazon-Serie „Transparent“, auf Twitter über das Vorhaben verärgert. Lysette, selbst eine Transgender-Person, wies auf die Ungerechtigkeit hin, dass Cisgender-Meschen (Geschlechtsidentität und biologisches Geschlecht stimmen überein) wie Scarlett Johansson zwar Transgender-Rollen spielen dürfen, der umgekehrte Fall in Hollywood aber nicht gewünscht ist.
Johansson hatte zunächst gegenüber Bustle erklären lassen: „Sag ihnen, dass sie sich für ein Statement an die Vertreter von Jeffrey Tambor, Jared Leto und Felicity Huffman wenden sollen [also an andere Schauspieler, die Trans-Rollen spielten, obwohl sie selbst mutmaßlich eine andere Geschlechtsidentität haben].“ Inzwischen bereut Scarlett Johansson diesen schnippischen Kommentar:
„Ich habe eine Menge von der Transgender-Community gelernt, seit ich meine erste Stellungnahme zu meiner Besetzung abgab und weiß, dass sie taktlos war“, heißt es an anderer Stelle in Johanssons neuem Statement. Die GLAAD-Vorsitzende Sarah Kate Ellis gehört zu denen, die sich über Johanssons Entscheidung freuen (via out), die „bahnbrechend“ sei. Im vergangenen Jahr allerdings verließ auch ein anderer Schauspieler ein Filmprojekt, nachdem seine Besetzung als unangemessen kritisiert worden war, und zeigte ebenfalls öffentlich Verständnis für den Wunsch nach Vielfalt und Inklusion in den Castlisten von Filmen – gemeint ist Ed Skrein, der im kommenden „Hellboy“-Reboot dabei sein sollte (damals ging es um Whitewashing).