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    "Jurassic World 2: Das gefallene Königreich": Die Entwicklung des T-Rex ist eine Sau(ri)erei!

    In „Jurassic Park“ war der Tyrannosaurus Rex noch bedrohlich und angsteinflößend, mittlerweile ist er fast schon zum heldenhaften Sidekick mutiert. Diese Entwicklung ist eine Frechheit – und offenbart zudem eines der größten Probleme der Reihe.

    Universal Pictures

    Wer erinnert sich auch noch daran, wie furchterregend der Tyrannosaurus Rex in Steven Spielbergs „Jurassic Park“ von 1993 war? Allein die durch den gewaltigen Körper des Raubtieres erzeugten Schwingungen in einem Wasserglas sorgten für Angstschweiß pur. Nicht zu Unrecht fragt Dr. Grant (Sam Neill) im ersten Teil, sich der drohenden Gefahr bewusst: „Sagen sie nicht, sie haben einen T-Rex?

    Und man konnte sich direkt sicher sein, dass alle Befürchtungen auch eintreten werden. Auch in „Vergessene Welt: Jurassic Park“ war der König der Dinosaurier noch angsteinflößend und eine wirkliche Bedrohung – auch wenn sich Steven Spielberg und Autor David Koepp bereits hier dachten, dass doppelt wohl doch besser halte, weshalb sie gleich zwei Tyrannosaurier auf Ian Malcolm (Jeff Goldblum) und Co. losließen.

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    Doch spätestens mit Joe Johnstons „Jurassic Park III“ begann der Stern des Scharfzahns zu sinken. Plötzlich reagierte nur noch das Motto „Größer, schneller, weiter“ und ein ganz neuer, coolerer und vor allem gefährlicherer Dino musste her: der Spinosaurus! Und tatsächlich darf der neue Saurier mit dem pompösen Rückensegel im Trilogie-Abschluss sogar einen T-Rex brutal töten, womit endgültig klargestellt wird, dass der ehemals tödlichste Jäger nicht mehr die erste Geige im Dino-Orchester spielt.

    Vom Monster zum Schoßhündchen

    In „Jurassic World“ von 2015 wurde diese Entwicklung dann mit Vollgas weiter vorangetrieben. Statt einem der ikonischsten Film-Bösewichte aller Zeiten das (verdiente) Vertrauen zurückzugeben, wird darin im Labor ein Super-Saurier mit allerhand coolen Fähigkeiten (er kann sich zum Beispiel tarnen und seine Körpertemperatur verändern) und dem nicht weniger coolen Namen Indominus Rex (bedeutet soviel wie „unzähmbarer König“) zusammengemixt. Als ob die echten Dinosaurier allein nicht mehr reichen würden. 

    Aber das finden wir gar nicht so tragisch. Viel schlimmer ist stattdessen, wie mit dem T-Rex umgegangen wird: Über 90 Prozent der Laufzeit des Films hockt er in seinem Gehege, spielt nicht mal eine Statistenrolle. Aber um bei allen Fans des originalen „Jurassic Park“ ein wohlig-warmes Gefühl der Nostalgie zu erzwingen, darf „Rexy“ schließlich den Tag retten. Wie ein Hündchen hinter dem Stöckchen folgt er der in High Heels problemlos schneller als der zähnefletschende Dinosaurier rennenden Claire Dearing (Bryce Dallas Howard), um anschließend sein Leben für die Menschen, die ihn in Gefangenschaft halten, zu riskieren. So darf er dann mit lautem Gebrüll doch noch die Herrschaft über die Insel zurückfordern, aber zu diesem Zeitpunkt ist aus einem der krassesten Film-Monster aller Zeiten längst ein guter alter Kumpel geworden, der aus einem falsch verstandenen Pflichtgefühl gegenüber den Fans der Reihe vom ultimativen Leinwandmonster zum heldenhaften Sympathieträger umgedichtet wird. Als würde man Darth Vader ein Smiley-Lächeln auf seine Maske malen.

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    Aber nach der starken Anfangssequenz von „Jurassic World 2: Das gefallene Königreich“, in dem der im Dunkel lauernde T-Rex von Blitzen am Nachthimmel erhellt wird, war sie plötzlich wieder da, die Hoffnung, dass der T-Rex nun womöglich zu seiner alten Herrschaft im „Jurassic“-Franchise zurückkehren darf. Dabei weiß man ja schon aus den Trailern, dass erneut ein krasser Ultra-Saurier im Genlabor zusammengemixt wurde, um das Publikum in Angst und Schrecken zu versetzen. Und so dient der Tyrannosaurier auch im fünften Film der Reihe nur als nostalgischer Rückverweis, wenn Chris Pratt als Owen Grady mit einem vermeintlich betäubten Exemplar auf Tuchfühlung geht; sowie bei einem späten Cameo-Auftritt im Finale, als er ein weiteres Mal den Tag retten darf.

    Der T-Rex ist nicht allein

    Aber mit seiner Entwicklung vom grausamen Monster hin zum guten Kumpel (quasi der Lassie unter den Raubsauriern) ist der Tyrannosaurus Rex längst nicht allein. Beinahe alle Dinos, die in den ersten Filmen Gefahr ausstrahlten, bewerkstelligen nun das Gegenteil. Am schlimmsten hat es dabei die Velociraptoren erwischt: In Teil 1 und 2 waren die schnellen und wendigen Jäger mit ihren scharfen Krallen fast noch gefährlicher als der T-Rex – man denke nur an die Szene in „Vergessene Welt“, wenn sich die schon reichlich dezimierte Gruppe um Ian Malcolm durch hohes Gras schlagen muss und einer nach dem anderen den dort lauernden Raptoren zum Opfer fällt.

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    Im krassen Gegensatz dazu sehen wir in den neuesten beiden Franchise-Beiträgen Owen Grady mit süßen Baby-Raptoren spielen, den eigentlich sehr gefährlichen Raubtieren Befehle geben und mit ihnen eine kleine Motorrad-Tour durch den Dschungel unternehmen. Blue, der einzige Überlebende von Owens Raptoren, ist in „Jurassic World 2“ der engste Freund der Helden-Truppe, kommt mehrmals rechtzeitig zu ihrer Rettung um die Ecke und wird von den Filmemachern gefühlt als knuffiges Merchandise-Produkt für die kleinen Zuschauer in Stellung gebracht.

    Wir wollen den Pseudo-Realismus zurück!

    Der Umgang mit dem T-Rex und seinen Dino-Genossen ist jedoch nicht das größte Problem, es ist vielmehr nur ein Symptom einer umfassenderen Problematik: Der Geist des ersten „Jurassic Park“-Films und vor allem auch der Buchvorlage von Michael Crichton ist komplett verlorengegangen. Eine der faszinierendsten und fesselndsten Eigenschaften des Romans und der Film-Adaption war nämlich der allgegenwärtige (Pseudo-)Realismus. Natürlich ist es völlig aus der Luft gegriffen, ausgestorbene Tiere aus Millionen Jahre alter DNS zu klonen – und auch das Aussehen der Dinosaurier entspricht keinesfalls der Realität. Aber sowohl Michael Crichton als auch Steven Spielberg ummantelten diese Prämisse mit wissenschaftlichen Fakten und bemühten sich, so eine glaubhafte Welt zu erschaffen.

    Spätestens mit „Jurassic Park III“ hat man sich jedoch von diesem Konzept verabschiedet. Man tauschte Glaubhaftigkeit gegen reine Schauwerte. Und so wurde aus „Jurassic World“ dann auch kein Science-Thriller mehr, wie noch das 1993er Original, sondern ein Katastrophen-Blockbuster mit übermächtigem Fantasie-Gegenspieler, der nie auch nur ansatzweise so furchterregend wirkte wie einst der meist nur bei Nacht und Regen zu sehende T-Rex. „Jurassic World 2“ setzt nun sogar noch einen drauf und vor allem die zweite Hälfte des Films „wirkt einfach kaum glaubwürdig“ – wie es in unserer, abgesehen von diesem großen Kritikpunkt, recht wohlwollenden FILMSTARTS-Kritik heißt. Das Franchise hat daher ein großes Stück von dem eingebüßt, was es einmal ausmachte. Und dazu gehört auch ein wirklich furchterregender Bösewicht wie der Tyrannosaurus Rex. Wie sooft wäre weniger auch hier mal wieder deutlich mehr.

     

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